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BSG - Entscheidung vom 26.06.2006

B 13 R 153/06 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 § 160a Abs. 2 S. 3

BSG, Beschluss vom 26.06.2006 - Aktenzeichen B 13 R 153/06 B

DRsp Nr. 2007/21218

Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren

Mindestvoraussetzung für eine Entscheidung des Senats über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist die Wiedergabe des der Entscheidung des LSG zugrunde liegenden Sachverhalts. Der Senat muss in der Lage sein, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des Vortrags des Klägers ein Bild über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 § 160a Abs. 2 S. 3 ;

Gründe:

Mit Beschluss vom 21. März 2006 hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Hinterbliebenenrente für anrechenbare Zeiten nach dem Fremdrentengesetz ( FRG ) ohne Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte im Hinblick auf das Zusammentreffen von eigener Rente und Hinterbliebenenrente verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat die Klägerin beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt und zu deren Durchführung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt P., Frankfurt/Main, beantragt. Sie beruft sich ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt P. ist abzulehnen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG] iVm § 114 der Zivilprozessordnung ). Denn die Nichtzulassungsbeschwerde erfüllt noch nicht einmal die insoweit geltenden formellen Voraussetzungen.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung vom 25. Mai 2006 genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargetan oder bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine derartige Klärung erwarten lässt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) Eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin bezeichnet als grundsätzlich bedeutsam folgende Frage:

"Verstößt die rückwirkende Änderung des § 22b Abs 1 FRG durch Art 9 Nr 2 iVm Art 15 Abs 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz (RVNG) vom 21.7.2004 (BGBl I 2004, S 1791) zum 7.5.1996 gegen das in Art 20 Abs 3 GG normierte Verbot der echten Rückwirkung von Gesetzen?" (1)

Ihren weiteren Ausführungen kann entnommen werden, dass sie es außerdem als klärungsbedürftig ansieht, ob

"für einen Antrag nach § 44 SGB X iVm § 22b Abs 1 FRG die letztgenannte Vorschrift mit dem Inhalt der zum Zeitpunkt des Erlasses des Ursprungsbescheides geltenden Rechtslage (also ohne Gesamtbegrenzung auf 25 EP) anzuwenden ist oder aber durch die rückwirkende Änderung zum 7.5.1996 auf die Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Ursprungsbescheides abzustellen ist, wie sie bestehen würde, wenn § 22b Abs 1 FRG in seiner durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz geschaffenen Fassung anwendbar wäre (also mit Begrenzung auf 25 Gesamt-EP)." (2)

bzw ob (allgemein formuliert)

"für einen Antrag nach § 44 SGB X im Falle einer rückwirkenden Gesetzesänderung auf die Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Ursprungsbescheides abzustellen ist, wie sie bei Zugrundelegung der ursprünglichen Rechtslage bestehen würde oder aber auf die Rechtslage abzustellen ist, wie sie bestehen würde, wenn zum damaligen Zeitpunkt schon auf die Rechtslage abzustellen wäre, wie sie die rückwirkende Gesetzesänderung vorsieht." (3)

Ihre Darlegungen hierzu erfüllen die og Anforderungen jedoch nicht. Es bestehen bereits Bedenken, ob die Klägerin den der Entscheidung des LSG zugrunde liegenden Sachverhalt und die Feststellungen des LSG hierzu ausreichend wiedergegeben hat. In der knapp dreiseitigen Beschwerdebegründung selbst finden sich zum Sachverhalt nur spärliche, mosaikartige Angaben. Die Klägerin führt im Wesentlichen nur aus, nach den Ausführungen des LSG bestehe nach Inkrafttreten des RVNG der vordem ohne Begrenzung auf 25 EP aus beiden Renten gegebene Rentenanspruch nicht mehr, vielmehr dürfe nunmehr die Zahl der gesamten EP aus beiden Renten 25 nicht übersteigen; die im Gesetz angeordnete Rückwirkung sei nach Auffassung des Berufungsgerichts ausnahmsweise zulässig. Damit gibt die Klägerin aber nur die Rechtsauffassung des LSG wieder, ohne dass sich daraus der zugrunde liegende maßgebliche Tatbestand im Einzelnen erschließt. Die Wiedergabe des der Entscheidung des LSG zugrunde liegenden Sachverhalts ist jedoch Mindestvoraussetzung für eine Entscheidung des Senats über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde, damit der Senat in die Lage versetzt wird, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des Vortrags der Klägerin ein Bild über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen (vgl BSG Beschlüsse vom 21. Juni 1999 - B 7 AL 228/98 B -, vom 3. November 1999 - B 7 AL 152/99 B - und vom 29. August 2003 - B 8 KN 7/03 B - alle veröffentlicht bei JURIS).

Jedenfalls mangelt es an Vorbringen dazu, dass diese Fragen abstrakt klärungsbedürftig seien. Es fehlt jegliche Auseinandersetzung, ob sich die genannten Fragen bereits aus dem Gesetz beantworten lassen oder aber durch höchstrichterliche Rechtsprechung beantwortet sind. Die Klägerin behauptet lediglich, die Frage 1) sei höchstrichterlich noch nicht geklärt; sie räumt allerdings selbst ein, dass hierzu Urteile des 5. Senats des BSG (vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 57/03 R ua) und des 8. Senats (vom 21. Juni 2005 - B 8 KN 9/04 R) vorliegen. Es fehlt jedoch an jeglicher Argumentation, warum hierdurch die genannte Rechtsfrage nicht geklärt ist, dh warum insbesondere dem 5. und dem 8. Senat nicht gefolgt werden kann. Vielmehr begründet die Klägerin die Klärungsfähigkeit allein damit, dass der 4. und der 13. Senat insoweit noch nicht entschieden hätten.

Zu den Fragen 2) und 3) mangelt es von vornherein an jeglicher Argumentation zur Klärungsbedürftigkeit, insbesondere dazu, ob sie sich nicht bereits aus dem Gesetz oder aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten. Die Klägerin behauptet noch nicht einmal, dass sich die Rechtsprechung des BSG mit diesen Fragen noch nicht auseinander gesetzt habe. Damit fehlt es an den grundsätzlichen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Darlegung der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und damit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 21.03.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 12 R 4953/05
Vorinstanz: SG Karlsruhe, vom 29.09.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 15 R 837/05