Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 11.10.2007

IX ZR 87/06

Normen:
InsO § 129

Fundstellen:
BB 2007, 2590
BGHReport 2008, 151
DB 2007, 2532
DZWIR 2008, 83
MDR 2008, 106
NJW-RR 2008, 68
NZI 2007, 721
WM 2007, 2158
ZIP 2007, 2228
ZInsO 2007, 1223

BGH, Beschluß vom 11.10.2007 - Aktenzeichen IX ZR 87/06

DRsp Nr. 2007/19645

Schadensersatzansprüche der Finanzbehörden wegen strafbaren Umsatzsteuerkarussells in der Insolvenz des Ersatzpflichtigen

»Erlangt der Schuldner im Zuge eines strafbaren Umsatzsteuerkarussells ungerechtfertigte Steuererstattungen, bildet der auf dieser vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhende Schadensersatzanspruch der Finanzbehörden lediglich eine nicht bevorrechtigte Insolvenzforderung, selbst wenn aus diesen Vorgängen stammende Gelder sich noch in der Insolvenzmasse befinden.«

Normenkette:

InsO § 129 ;

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 544 ZPO ). Sie hat aber keinen Erfolg, weil die unter dem Gesichtspunkt der Grundsätzlichkeit zur Prüfung gestellten Rechtsfragen - und zwar in dem Sinne, wie in dem angefochtenen Urteil entschieden - geklärt sind.

1. Das beklagte Land hat an den von der Schuldnerin durch strafbare (§ 370a AO ) Scheingeschäfte erschlichenen Vorsteuererstattungsbeträgen keine Berechtigung erlangt, die im Falle eines Vollstreckungszugriffs eine objektive Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger ausschließt. Wer durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung des Schuldners geschädigt wurde, hat aus diesem Grund in dessen Insolvenz keinen Anspruch auf Sicherung (BGHZ 149, 100 , 106 f.; BGH, Urt. v. 3. März 1959 - VIII ZR 176/58, WM 1959, 470 f.). Abweichendes ist nicht aus § 261 StGB herzuleiten, weil diese Bestimmung ebenso wie sonstige Strafvorschriften dem Geschädigten im Insolvenzverfahren des Täters kein Vorrecht gewährt (BGH, Urt. v. 3. März 1959 aaO.).

2. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine während der "kritischen" Zeit im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung oder Befriedigung auch dann als inkongruent anzusehen ist, wenn die Vollstreckung auf einer spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage der Finanzbehörden beruht (BGHZ 157, 350 , 351, 353).

3. Die Krankenkassen sind als Einzugsstellen von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auch insoweit Anfechtungsgegner, als Beiträge im Innenverhältnis an andere Versicherungsträger auszukehren sind (vgl. BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 70/03, ZIP 2004, 862 ; BGH, Urt. v. 21. Oktober 2004 - IX ZR 71/02, ZIP 2005, 38 f.). Diese Rechtsprechung ist ohne weiteres auf den hier gegebenen Fall der Erhebung von Steuern übertragbar, die von der einziehenden Stelle an einen anderen Rechtsträger abzuführen sind.

Vorinstanz: OLG Hamm, vom 14.03.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 27 U 169/05
Vorinstanz: LG Paderborn, vom 25.08.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 282/05
Fundstellen
BB 2007, 2590
BGHReport 2008, 151
DB 2007, 2532
DZWIR 2008, 83
MDR 2008, 106
NJW-RR 2008, 68
NZI 2007, 721
WM 2007, 2158
ZIP 2007, 2228
ZInsO 2007, 1223