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BVerwG - Entscheidung vom 02.10.2020

6 B 47.20

Normen:
VwGO § 124a Abs. 3 S. 4
VwGO § 132 Abs. 2

BVerwG, Beschluss vom 02.10.2020 - Aktenzeichen 6 B 47.20

DRsp Nr. 2020/16654

Klage gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung wegen rückständige Rundfunkbeiträge; Anforderungen an eine Berufungsbegründung im Sinne von § 124a Abs. 3 S. 4 VwGO ; Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision

Ein Vorbringen gegen den angefochtenen Beschluss im Stile einer Revisionsbegründung erfüllt nicht die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 S. 3 VwGO .

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. Juli 2020 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 311,30 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 124a Abs. 3 S. 4; VwGO § 132 Abs. 2 ;

Gründe

I

Der Kläger wendet sich gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, mit der die Beklagte auf Ersuchen des Beigeladenen festgesetzte rückständige Rundfunkbeiträge im Wege der Zwangsvollstreckung beitreibt. Widerspruch und Klage gegen die Verfügung sind in erster Instanz erfolglos geblieben.

Die gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegte Berufung hat das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss verworfen und die Revision nicht zugelassen. Die Berufung sei unzulässig, weil die von dem Kläger eingereichten Schriftsätze nicht den Anforderungen an eine Berufungsbegründung im Sinne von § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügten. Zum einen fehle es an einem bestimmten Antrag. Der Kläger habe bis zum Ende der Berufungsbegründungsfrist keine Erklärung zu Ziel und Umfang der Berufung abgegeben, sondern lediglich unter Vortrag allgemeiner Rechtsauffassungen erklärt, es werde Berufung eingelegt. Zum anderen seien in der Berufungsbegründung die Gründe der Anfechtung nicht im Einzelnen aufgeführt. Der Kläger habe nicht dargelegt, aus welchen Gründen das angegriffene Urteil seiner Ansicht nach unrichtig sei und geändert werden müsse. Das Verwaltungsgericht habe sich zur Zulässigkeit der Vollstreckung in Amtshilfe sowie zur Vollstreckbarkeit der Festsetzungsbescheide aufgrund der Vollstreckbarkeitsbescheinigung des Beigeladenen geäußert. Hiermit setze sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung nicht auseinander. Er trage vielmehr ohne konkreten Bezug zu dem angefochtenen Urteil grundsätzliche, insbesondere verfassungs- und unionsrechtliche Bedenken gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen, deren Festsetzung und die Vollstreckung vor.

Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die Beschwerde des Klägers. Seinem Vorbringen in der Berufungsinstanz sei ein Rechtsmittelverzicht hinsichtlich eines Teils seiner Berufung nicht zu entnehmen. Aus den Umständen des Einzelfalles ergebe sich in Auslegung seiner Berufungsbegründung, dass er seine erstinstanzlichen Anträge in der Berufungsinstanz weiterverfolge. Damit sei dem Antragserfordernis Rechnung getragen. Im Übrigen seien die Festsetzungsbescheide über die Rundfunkbeiträge und die Säumniszuschläge unwirksam und dürften nicht vollstreckt werden. Die Bescheide seien vollautomatisiert erstellt und erfüllten aus diesem Grunde nicht die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts, sodass sie nichtig seien. Zudem habe es im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag keine Rechtsgrundlage gegeben, die es ermöglichte, Festsetzungsbescheide vollständig durch automatisierte Einrichtungen zu erlassen. Der angefochtene Beschluss missachte insoweit die Gesetzesbindung der Verwaltung. Diese Argumentation hätte das Berufungsgericht in seine Entscheidung einbeziehen müssen.

II

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Die Revision kann nur zugelassen werden, wenn einer der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Hierfür muss nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil bzw. hier der Beschluss abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Hat das Berufungsgericht - wie hier - seinen Beschluss auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 2017 - 6 B 30.16 [ECLI: DE: BVerwG: 2017: 070217B6B30.16.0] - juris Rn. 35). Das Bundesverwaltungsgericht ist auf die Prüfung der dargelegten Zulassungsgründe beschränkt.

Anhand dieser Voraussetzungen ist die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zu verwerfen, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt (1.) und der Kläger keinen Zulassungsgrund hinsichtlich jeder den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts selbständig tragenden Begründungen dargelegt hat (2.).

1. Der Kläger hat mit seinem Vorbringen in der Beschwerde die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bereits deshalb nicht erfüllt, weil er sich im Stile einer Revisionsbegründung gegen den angefochtenen Beschluss wendet. So kritisiert er zum einen, dass die Vorinstanz seiner Berufungsbegründung keinen bestimmten Antrag entnommen habe, obwohl er keinen Rechtsmittelverzicht erklärt habe und sein Vorbringen nach den Umständen des Einzelfalles die Weiterverfolgung der erstinstanzlichen Anträge erkennen lasse. Zum anderen rügt er, die Berufung habe auch deshalb nicht verworfen werden dürfen, weil das Berufungsgericht übersehen habe, dass die Festsetzungsbescheide mangels Rechtsgrundlage nicht vollständig durch automatisierte Einrichtungen hätten erlassen und anschließend vollstreckt werden dürfen. Diesem Vorbringen mangelt es sowohl an der Bezeichnung des damit geltend gemachten Zulassungsgrundes als auch an einer auf einen konkreten Zulassungsgrund bezogenen Darlegung seiner Voraussetzungen. Ihm ist weder eine fallübergreifende klärungsbedürftige Rechtsfrage revisiblen Rechts noch eine Divergenz oder ein Verfahrensfehler zu entnehmen.

2. Darüber hinaus legt der Kläger einen Zulassungsgrund nicht für jede den Beschluss des Berufungsgerichts tragende Begründung dar. Das Berufungsgericht hat - im Einklang mit § 124a Abs. 3 Satz 5 VwGO - die Unzulässigkeit der Berufung jeweils selbständig tragend darauf gestützt, dass die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO sowohl hinsichtlich des Antragserfordernisses als auch der Benennung der Berufungsgründe nicht genügt. Weder formuliert der Kläger mit seiner Beschwerde hinsichtlich beider Begründungen eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts oder zeigt eine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf noch legt er einen Verfahrensmangel dar. Der Kläger wendet sich zwar gegen die Würdigung seines Berufungsvorbringens in Bezug auf das Antragserfordernis, was als Geltendmachung eines Verfahrensmangels verstanden werden könnte. Jedoch ist der Beschwerde nicht ansatzweise die Geltendmachung eines Zulassungsgrundes hinsichtlich der weiteren selbständig tragenden Begründung zu entnehmen, das Berufungsvorbringen lasse eine Darlegung von Berufungsgründen nicht erkennen. Das weitere Beschwerdevorbringen des Klägers, das sich gegen den ordnungsgemäßen Erlass der Festsetzungsbescheide und deren Vollstreckung richtet, geht an der prozessualen Entscheidung des Berufungsgerichts, das die Berufung verworfen hat, vorbei.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Hamburg, vom 23.07.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Bf 400/19