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BVerwG - Entscheidung vom 03.06.2020

3 C 6.18

Normen:
VwGO § 119 Abs. 1

BVerwG, Beschluss vom 03.06.2020 - Aktenzeichen 3 C 6.18

DRsp Nr. 2020/9853

Berichtigung des Tatbestands im Urteil auf Antrag bei Vorliegen von Unrichtigkeiten oder Unklarheiten

Der Tatbestand eines Revisionsurteils unterliegt der Tatbestandsberichtigung nur bezüglich eigener Feststellungen, auf die sich die Beweiskraft des Urteils erstrecken würde; dies sind insbesondere Feststellungen zu den Revisionsanträgen und sonstigen Prozesserklärungen in der Revisionsinstanz. Für die Berichtigung darüberhinausgehender Ausführungen fehlt jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis. Das gilt etwa, soweit die beanstandeten Textpassagen allein die gedrängte informatorische Wiedergabe der wesentlichen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts oder die rechtliche Würdigung durch das Revisionsgericht betreffen. Im Übrigen ist das Gericht nicht verpflichtet, bei der Abfassung seines Urteils die Diktion der Beteiligten zu übernehmen; auch der Tatbestandsberichtigungsantrag gibt einem Beteiligten daher nicht die Möglichkeit, seine redaktionellen Vorstellungen durchzusetzen und das Urteil entsprechend zu "korrigieren".

Tenor

Der Antrag des Klägers, den Tatbestand im Urteil des Senats vom 30. Januar 2020 zu berichtigen, wird abgelehnt.

Normenkette:

VwGO § 119 Abs. 1 ;

Gründe

Der Antrag, über den der Senat gemäß § 119 Abs. 2 Satz 3 VwGO in der Besetzung der Entscheidung vom 30. Januar 2020 befindet, ist unzulässig. Ihm fehlt jedenfalls das Rechtsschutzinteresse.

Nach § 119 Abs. 1 VwGO kann die Berichtigung beantragt werden, wenn der Tatbestand eines Urteils Unrichtigkeiten oder Unklarheiten enthält. Die Tatbestandsberichtigung soll verhindern, dass unrichtig beurkundeter Prozessstoff wegen der urkundlichen Beweiskraft des Tatbestands nach § 173 VwGO i.V.m. § 314 ZPO bzw. § 98 VwGO i.V.m. § 417 ZPO Grundlage nachfolgender Entscheidungen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2014 - 8 C 16.12 - juris Rn. 9). Der Tatbestand eines Revisionsurteils unterliegt der Tatbestandsberichtigung deshalb nur bezüglich eigener Feststellungen, auf die sich die Beweiskraft des Urteils erstrecken würde; dies sind insbesondere Feststellungen zu den Revisionsanträgen und sonstigen Prozesserklärungen in der Revisionsinstanz. Für die Berichtigung darüberhinausgehender Ausführungen fehlt jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. März 2014 a.a.O. Rn. 20 sowie vom 10. Oktober 2018 - 6 A 3.16 [ECLI:DE:BVerwG:2018: 101018B6A3.16.0] - Buchholz 402.9 G 10 Nr. 7 Rn. 2).

Die vom Kläger beanstandeten Textpassagen betreffen keine derartigen, der Bindungswirkung des Tatbestands des Revisionsurteils unterliegenden Feststellungen, sondern allein die gedrängte informatorische Wiedergabe der wesentlichen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 2018 - 2 C 36.16 [ECLI:DE:BVerwG:2018: 240418B2C36.16.0] - Buchholz 310 § 119 VwGO Nr. 12 Rn. 7) oder die rechtliche Würdigung durch das Revisionsgericht.

Unabhängig hiervon sind die vom Kläger beanstandeten Formulierungen weder unrichtig noch unklar.

Soweit der Kläger die Ersetzung des in Rn. 2 Zeile 6 enthaltenen Wortes "Anreicherung" durch das Wort "Zugabe" begehrt, ist im Revisionsurteil wörtlich die Formulierung aus dem Tatbestand des Berufungsurteils übernommen. Im Übrigen hat der Kläger selbst von einer "Anreicherung" gesprochen, die gestaffelt am 25. Februar und am 13. März stattgefunden habe (Schreiben vom 22. Oktober 2015, Blatt 18 der Behördenakte).

Soweit der Kläger wiederholt eine Ergänzung des Worts "Alkoholgehalts" durch die Zusätze "vorhandenen" oder "natürlichen" begehrt, betrifft dies - abgesehen von einer Ausnahme - nicht den Tatbestand, sondern die Entscheidungsgründe des Urteils vom 30. Januar 2020; entsprechendes gilt für den Antrag, die Formulierung "Qualitätsweins" in Rn. 15 durch "Jungweins" zu ersetzen. Unabhängig von der formalen Einordnung unter die Entscheidungsgründe betreffen diese Passagen auch in der Sache keine Feststellungen zum konkreten Sachverhalt, sondern die rechtliche Würdigung.

Die in Rn. 3 Zeile 6 benannte Passage betrifft zwar den Tatbestand des Urteils vom 30. Januar 2020; sie gibt wörtlich die entsprechende Passage im Berufungsurteil wieder (UA S. 11). Mit ihr wird gerade die rechtliche Einordnung des "Alkoholgehalts", die den Entscheidungsgründen vorbehalten ist, vermieden.

Der Kläger verkennt, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, bei der Abfassung seines Urteils die Diktion der Beteiligten zu übernehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2018 - 6 A 3.16 - Buchholz 402.9 G 10 Nr. 7 Rn. 10). Auch der Tatbestandsberichtigungsantrag gibt ihm daher nicht die Möglichkeit, seine redaktionellen Vorstellungen durchzusetzen und das Urteil entsprechend zu "korrigieren".

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat bereits im Hauptsacheverfahren den Versuch unternommen, seine Interpretation der maßgeblichen Rechtsvorschriften als die allein mögliche Auslegung darzustellen. Für dieses Anliegen bietet auch der Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 119 Abs. 1 VwGO keine Grundlage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 2018 - 2 C 36.16 - Buchholz 310 § 119 VwGO Nr. 12 Rn. 8).