Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 05.02.2020

V ZB 6/20

Normen:
BNotO § 15 Abs. 2
BGB § 1098 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 05.02.2020 - Aktenzeichen V ZB 6/20

DRsp Nr. 2020/3563

Pflicht des Notars zum Einreichen von vollzugsreifen Urkunden beim Grundbuchamt; Ausübung des dinglichen Vorkaufsrechts

Tenor

Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. Januar 2020 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

Normenkette:

BNotO § 15 Abs. 2 ; BGB § 1098 Abs. 2 ;

Gründe

1. Die Beteiligten zu 2 bis 5 verkauften der Beteiligten zu 6 durch notariell beurkundeten Vertrag vom 5. August 2019 für 3,3 Mio. € Grundbesitz. An den Grundstücken ist zugunsten der Beschwerdeführerin ein dingliches Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle im Grundbuch eingetragen. Der Notar hat der Beschwerdeführerin mit einem ihr am 12. August 2019 zugestellten Schreiben eine auszugsweise Ausfertigung der Kaufvertragsurkunde übersandt, sie auf die gesetzliche Ausübungsfrist von zwei Monaten hingewiesen und sie gebeten, entweder die Ausübung des Vorkaufsrechts mitzuteilen oder eine vorbereitete Verzichtserklärung einzureichen. Die Beschwerdeführerin teilte dem Notar mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 mit, sie mache von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und unterrichtete die Beteiligten zu 2 bis 5 hierüber. Die Verkäufer leiteten ihr daraufhin den von dem Notar vorbereiteten Entwurf einer Abwicklungsvereinbarung zu und forderten sie auf, umgehend die im Kaufvertrag vereinbarte Vorauszahlung zu leisten. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2019 setzten sie der Beschwerdeführerin eine Frist zur Hinterlegung der Anzahlung bis zum 7. November 2019. Die Beschwerdeführerin teilte am 4. November 2019 mit, dass die Finanzierung bestätigt sei.

Der Notar hat der Beschwerdeführerin und den übrigen Beteiligten mit am 8. November 2019 versandten Schreiben mitgeteilt, dass er den Erstkaufvertrag ab dem 27. November 2019 vollziehen werde, weil das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden sei. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Nachdem der Notar es abgelehnt hat, die Vollziehung des Vertrages bis zur Entscheidung über die eingelegte Rechtsbeschwerde zurückzustellen, beantragt die Beschwerdeführerin, die Vollziehung des Vertrags einstweilen auszusetzen.

2. Der Antrag ist in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO statthaft (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018 - XII ZB 411/18, NJW 2019, 432 Rn. 3). Er hat jedoch keinen Erfolg.

a) Das Rechtsbeschwerdegericht hat über die beantragte einstweilige Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind die Erfolgs-aussichten des Rechtsmittels und die drohenden Nachteile für die Beteiligten gegeneinander abzuwägen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Januar 2010 V ZB 14/10 - FGPrax 2010, 97 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018 - XII ZB 411/18, NJW 2019, 432 Rn. 5 jeweils mwN). Die Aussetzung der Vollziehung eines Kaufvertrags zwischen Drittbeteiligten wird danach regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg hat oder die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist und die dem Antragsteller drohenden Nachteile diejenigen überwiegen, die den Kaufvertragsparteien durch die Aussetzung drohen.

b) Die Aussetzung kommt danach bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Rechtsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat.

Im Rahmen einer Beschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO ist nur zu prüfen, ob der Notar pflichtwidrig handelt. Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Nach § 53 BeurkG hat der Notar den Vollzug einer im Grundbuch zu vollziehenden Urkunde zu veranlassen, sobald die Urkunde eingereicht werden kann. Der Vertrag der Beteiligten zu 2 bis 5 mit der Beteiligten zu 6, der beim Grundbuchamt eingereicht werden soll, ist vollzugsreif. Dass die Eintragung der Beteiligten zu 6 der Beschwerdeführerin gegenüber mit Blick auf das dingliche Vorkaufsrecht gemäß § 1098 Abs. 2 , § 883 Abs. 2 BGB unwirksam wäre, wenn diese ihr Vorkaufsrecht rechtzeitig und wirksam ausgeübt haben sollte, ändert an der Vollzugsreife nichts. Denn die Vormerkungswirkung des dinglichen Vorkaufsrechts führt nicht zu einer Grundbuchsperre.

Die Pflicht, vollzugsreife Urkunden beim Grundbuchamt einzureichen, besteht auch dann, wenn ein Beteiligter die Wirksamkeit der zu vollziehenden Erklärungen mit beachtlichen Gründen bestreitet (vgl. Senat, Beschluss vom 19. September 2019 - V ZB 119/18, juris Rn. 16 u. 40). Der Beteiligte kann solche Einwendungen mit Aussicht auf Erfolg nur beim Prozessgericht geltend machen (vgl. Senat, aaO Rn. 45 a.E.). Ist die Wirksamkeit einer Vorkaufsrechtsausübung im Streit, kann nichts Anderes gelten; hier tritt noch hinzu, dass die Wirksamkeit des Vertrages zwischen Vorkaufsverpflichtetem und Drittem, um dessen Vollzug es geht, von der Ausübung des Vorkaufsrechts unberührt bleibt, soweit nicht Abweichendes vereinbart worden ist (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB , 79. Aufl., § 464 Rn. 8).

Aus Vorstehendem folgt, dass sich die - die Wirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung betreffende - Frage, derentwegen das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, in diesem Verfahren nicht stellt. Ob das Vorkaufsrecht von der Beschwerdeführerin wirksam ausgeübt worden ist, muss in einem zivilrechtlichen Verfahren geklärt werden.

Vorinstanz: LG Frankfurt/Main, vom 15.01.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 17 T 47/19