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BGH - Entscheidung vom 23.07.2019

3 StR 279/19

Normen:
StGB § 176 Abs. 1
StGB § 176a Abs. 2 Nr. 1

BGH, Beschluss vom 23.07.2019 - Aktenzeichen 3 StR 279/19

DRsp Nr. 2019/13462

Vornahme von sexuellen Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren als schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes hinsichtlich Eingrenzung der Taten durch Einordnung des Alters

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 4. Dezember 2018

a)

im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen in zwei Fällen und des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in drei Fällen schuldig ist,

b)

im gesamten Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Normenkette:

StGB § 176 Abs. 1 ; StGB § 176a Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Die gegen die Verurteilung gerichtete, auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

1. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen in drei Fällen (Taten Nr. 3 bis 5) den Schuldspruch wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes nicht, da sie nicht belegen, dass der Angeklagte sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren vornahm (§ 176 Abs. 1 , § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB ).

Nach den Urteilsgründen fanden die Tat Nr. 3 "bei einer nicht mehr eingrenzbaren Gelegenheit" nach dem 2. Juli 2012 sowie die Taten Nr. 4 und Nr. 5 im Jahr 2013 oder 2014 statt. Aus dem weiteren Zusammenhang ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass diese drei Taten vor dem 9. Mai 2014 begangen wurden, als die Geschädigte 14 Jahre alt wurde. Deren im Rahmen der Beweiswürdigung wiedergegebene Aussage, bei Tat Nr. 4 sei sie 13 oder 14 Jahre alt gewesen, verdeutlicht vielmehr, dass eine genauere zeitliche Eingrenzung der drei Taten nicht möglich gewesen ist.

Weil auszuschließen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung Tatzeiten vor dem 9. Mai 2014 festgestellt werden könnten, ändert der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch selbst ab.

2. Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der drei betroffenen Einzelstrafen zur Folge; denn das Landgericht hat diese aus dem Strafrahmen für das weggefallene Delikt entnommen. Dies zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.

Hinsichtlich der verbleibenden beiden Einzelstrafen hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:

"Bedenken begegnen darüber hinaus auch die Strafzumessungserwägungen zu den rechtlich zutreffend gewürdigten Taten 1 - 2 der Urteilsgründe. Denn das Landgericht ist zu Unrecht von mehreren, wenn auch nicht schwerwiegenden Vorstrafen des Angeklagten ausgegangen (UA S. 26), obwohl diese Verurteilungen erst im Jahr 2015 deutlich nach Begehung der verfahrensgegenständlichen Taten erfolgten (UA S. 4). Trotz der Erwägung zugunsten des Angeklagten, die Vorstrafen seien nicht einschlägig und schwerwiegend (UA S. 26), ist unter diesen Umständen nicht auszuschließen, dass das Landgericht dem Angeklagten zu Unrecht tatsächlich nicht bestehende Vorstrafen angelastet hat. Aus diesem Grund ist der Strafausspruch insgesamt aufzuheben; dies ermöglicht dem neuen Tatrichter zudem eine widerspruchsfreie Strafzumessung der Einzelstrafen. Hingegen bedarf es wegen des Fehlers allein bei der Rechtsanwendung auf den rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalt einer Aufhebung der zugehörigen Feststellungen nicht."

Dem schließt sich der Senat an.

Er bemerkt ergänzend, dass ein Härteausgleich, sofern dafür überhaupt Anlass besteht (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2013 - 1 StR 387/13, juris Rn. 10 ff. mwN), regelmäßig nicht bei der Festsetzung der Einzelfreiheitsstrafen, sondern bei der Bemessung der Gesamtstrafe vorzunehmen ist (s. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 2 StR 31/16, NStZ-RR 2016, 251 ; Urteil vom 29. Juli 1982 - 4 StR 75/82, BGHSt 31, 102 , 104).

Vorinstanz: LG Mönchengladbach, vom 04.12.2018