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BGH - Entscheidung vom 31.07.2018

X ZR 68/16

Fundstellen:
EFG 2018, 1717

BGH, Urteil vom 31.07.2018 - Aktenzeichen X ZR 68/16

DRsp Nr. 2018/12394

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 23. Februar 2016 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 718 474 (Streitpatents), das ein System zur kombinierten Ablation und Belichtung eines Fotopolymers und ein entsprechendes Belichtungsverfahren betrifft. Das Streitpatent ist unter Inanspruchnahme der Prioritäten zweier US-amerikanischer Patentanmeldungen vom 25. Februar 2004 und vom 9. April 2004 am 24. Februar 2005 angemeldet worden.

Die Patentansprüche 1 und 11, auf die die jeweils nachfolgenden Patentansprüche rückbezogen sind, lauten in der Verfahrenssprache:

"1. A system (10) for exposing a photopolymer with ultraviolet light, comprising:

a rotation system (20) for rotating the photopolymer, an ablating engine (22) adjacent to the rotation system and a light source assembly (14) adjacent to the rotation system, wherein the ablating engine (22) and the light source assembly (14) are movable across a length of the rotation system (20) perpendicular to a direction of rotation of the rotation system, the ablating engine (22) being arranged to lead the light source assembly (14) so that exposure by the light source assembly follows ablation by the ablating engine

characterized by:

the light source assembly (14) including at least one plasma capillary light source (18) for directing light onto the photopolymer is configured with a toroidal geometry around the rotation system (20), having a plurality of light outputs directed toward the rotation system inside the toroidal geometry, so that all points of the photopolymer are continuously exposed.

11. A method of exposing a photopolymer with ultraviolet light, comprising:

rotating the photopolymer and directing light from a light source assembly (14) onto the photopolymer from at least one plasma capillary light source (18) and

moving the light source assembly across a length of the photopolymer perpendicular to a direction of rotation of the photopolymer to expose the photopolymer

characterized by:

directing the light from the light source assembly onto the photopolymer comprises directing ["directly"] the light from a plurality of light outputs so that all points of the photopolymer are continuously exposed."

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Schutzrecht in der erteilten Fassung sowie mit acht Hilfsanträgen verteidigt.

Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie das Streitpatent weiterhin in der erteilten Fassung sowie mit den erstinstanzlich gestellten Hilfsanträgen verteidigt. Demgegenüber beantragt die Klägerin, die Berufung zurückzuweisen, und verteidigt das Urteil des Patentgerichts.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

I. Das Streitpatent betrifft ein System zum Abtragen (Ablation) und zur Belichtung eines Fotopolymers sowie ein darauf bezogenes Belichtungsverfahren.

1. In der Beschreibung wird erläutert, dass digitale Flexodruckplatten für gewöhnlich in zwei Schritten bebildert werden. Zunächst werde die Platte auf einem Drehzylinder angeordnet und die Ablation der Platte mit einer linear beweglichen Bebilderungsquelle durchgeführt, wodurch eine Maske entstehe. Die Maske stelle das grafische Bild dar, für dessen Druck die Platte verwendet werde. Anschließend erfolge die Belichtung der Maske mit Licht hoher Intensität, woraus sich die verwendungsbereite Platte ergebe. Dafür werde die maskierte Platte typischerweise auf einem Flachbett angeordnet (Abs. 2).

Nach der Ablation der Platte und vor deren Belichtung muss nach der Beschreibung mit großer Vorsicht vorgegangen werden, da die Gefahr bestehe, dass der Kohlenstoff auf der Platte zerkratzt oder die Platte in anderer Weise beschädigt und damit unbrauchbar werde (Abs. 3).

Um dies zu vermeiden, sei es bekannt, die Belichtungseinrichtung in das Ablationssystem zu integrieren, indem eine Lichtquelle, wie beispielsweise eine Kompaktbogenlampe, entlang des Zylinders, auf dem sich die Platte befinde, beweglich angeordnet werde, so dass die Platte nach der Ablation belichtet werden könne, während sie sich auf dem Zylinder drehe. Die Lichtquelle sei aufgrund ihrer Geometrie nicht in der Lage, die für eine effektive Belichtung erforderliche Leistung bereitzustellen, da Belichtungslatenz auftreten könne, wenn sich ein Punkt auf der Platte aus dem Beleuchtungsfeld der Lichtquelle drehe und infolgedessen nicht wirksam belichtet werde (Abs. 4).

2. Das Patentgericht hat angenommen, dem Streitpatent liege die Aufgabe zugrunde, ein Belichtungssystem und ein Verfahren für die Herstellung von flexografischen Druckplatten bereitzustellen, die eine schnelle und effektive Aushärtung des Fotopolymers erlauben.

Dem kann nur teilweise beigetreten werden. Nach der Rechtsprechung des Senats dient die Bestimmung des technischen Problems (der Aufgabe) in einem Nichtigkeitsverfahren dazu, den Ausgangspunkt der fachmännischen Bemühungen um eine Bereicherung des Standes der Technik ohne Kenntnis der Erfindung zu lokalisieren, um bei der anschließenden und davon zu trennenden Prüfung der Patentfähigkeit zu bewerten, ob die dafür vorgeschlagene Lösung durch den Stand der Technik nahegelegt war oder nicht (BGH, Urteil vom 11. November 2014 - X ZR 128/09, GRUR 2015, 356 Rn. 9 - Repaglinid).

Danach ist das dem Streitpatent zugrunde liegende Problem darin zu sehen, ein System zur Ablation und Belichtung eines Fotopolymers und ein Belichtungsverfahren zu entwickeln, mit dem die Druckplatte beschädigungsfrei hergestellt und wirksam belichtet werden kann.

3. Das soll nach der Lehre aus Patentanspruch 1 durch folgendes System erreicht werden (Gliederung des Patentgerichts):

1.

System (10) zum Belichten eines Fotopolymers mit ultraviolettem Licht, das Folgendes umfasst:

2.

ein Rotationssystem (20) zum Drehen des Fotopolymers,

3.

eine Ablationseinrichtung (22) neben dem Rotationssystem (20),

4.

eine Lichtquellenbaugruppe (14) neben dem Rotationssystem (20),

4.1

die wenigstens eine plasmaanregende Gasentladungslampe als Lichtquelle (plasma capillary light source 18) zum Richten von Licht auf das Fotopolymer hat und

4.2

mit einer Torusgeometrie um das Rotationssystem (20) angeordnet ist, wobei

4.3

mehrere Lichtausgänge innerhalb der Torusgeometrie auf das Rotationssystem (20) gerichtet sind,

4.4

derart, dass alle Punkte des Fotopolymers kontinuierlich belichtet werden.

5.

Die Ablationseinrichtung (22) und die Lichtquellenbaugruppe (14) sind längs des Rotationssystems (20) senkrecht zu dessen Drehrichtung beweglich.

6.

Die Ablationseinrichtung (22) ist so angeordnet, dass sie sich immer so vor der Lichtquellenbaugruppe (14) befindet, dass die Belichtung auf die Ablation folgt.

4. Das Patentgericht hat als Fachmann einen Maschinenbauingenieur mit mehrjähriger Erfahrung in der Drucktechnik, insbesondere auf dem Gebiet der Herstellung von Flexodruckformen, angesehen.

Aus dessen Sicht sei der in Merkmal 4.2 verwendete Begriff einer Lichtquellenbaugruppe mit einer Torusgeometrie um das Rotationssystem zwar zunächst dahin zu verstehen, dass damit sowohl eine Vollkreis- als auch eine Halbkreis-Belichtungseinheit gemeint seien. Aus Merkmal 4.4, nach dem alle Punkte des Fotopolymers kontinuierlich belichtet werden, ergebe sich jedoch, dass nur eine Vollkreis-Belichtungseinheit als erfindungsgemäß angesehen werden könne, da anderenfalls die Belichtung aller Punkte des Fotopolymers auf einem Mantelsegment des Rotationszylinders nicht kontinuierlich, sondern gepulst erfolge.

Die von den Parteien nicht beanstandete Bestimmung des Fachmanns und Auslegung der Lehre des Streitpatents durch das Patentgericht begegnen keinen Bedenken und werden daher auch der Beurteilung im Berufungsverfahren zugrunde gelegt.

II. Das Patentgericht hat zur Patentfähigkeit im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 möge zwar neu sein, beruhe jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Fachmann, der vor die Aufgabe gestellt gewesen sei, ein Belichtungssystem für die Herstellung flexografischer Druckplatten bereitzustellen, welches eine schnelle und effektive Aushärtung des Fotopolymers erlaube, hätte die europäische Patentanmeldung 1 154 326 (TM2) herangezogen. Die darin offenbarte Vorrichtung vermeide das "Handling" zwischen dem Ablations- und dem Belichtungsschritt, indem die dafür benötigten Bearbeitungsstationen auf einem Bearbeitungsschlitten montiert seien. Die aus Fotopolymer bestehende Druckplatte sei auf der äußeren Umfangsfläche eines drehbar gelagerten Trägerzylinders befestigt. In Längsrichtung des Zylinders sei ein beweglicher Bearbeitungsschlitten vorgesehen, der aus einer Bearbeitungsstation zur Ablation und einer dieser nachgeordneten zweiten Bearbeitungsstation zur Belichtung der Druckplatte bestehe und senkrecht zur Drehrichtung des Trägerzylinders bewegbar sei.

Die zweite Bearbeitungsstation umfasse mehrere in Umfangsrichtung des Trägerzylinders im Abstand voneinander angeordnete UV-Lampen, wie Metall-Halogen-Lampen, die eine ausreichende Bestrahlungsstärke im UV-Bereich von 300 - 400 nm lieferten. Die Lampen befänden sich an der konkaven Seite eines bogenförmigen Trägers. Bei Drehung der Druckplatte entlang des Trägers werde daher jeder Punkt der Druckplatte durch die bogenförmige Anordnung der UV-Lampen über längere Zeit gepulst belichtet.

Da in Fachkreisen zudem bekannt gewesen sei, dass für eine effiziente Aushärtung des Fotopolymers der Druckplatte eine ausreichende Belichtungszeit erforderlich sei, habe der Fachmann, der nach einer Lösung für das dem Streitpatent zugrunde liegende Problem gesucht habe, lediglich der mit in der TM2 genannten Vorrichtung gegebenen Anregung folgen und zur Vermeidung des Nachteils einer unzureichenden Aushärtung der Druckplatte nach dem UV-Belichtungsschritt eine Lichtquellenbaugruppe in Erwägung ziehen müssen, die ihm eine schnellere und effizientere Belichtung ermöglichte. Dazu hätte er sich im Stand der Technik umgesehen und Lösungsvorschläge auch auf dem der TM2 sachlich unmittelbar benachbarten Gebiet der Herstellung von nahtlosen Druckhülsen für den Flexodruck, wie sie etwa in der europäischen Patentschrift 237 574 (TM6) offenbart seien, in Erwägung gezogen.

Die in der TM6 angegebene Vorrichtung zur Herstellung zylindrischer Druckplatten für den Flexodruck verfüge über einen stationären Rundumbelichter auf der Außenseite des Trägerzylinders für die UV-Belichtung der bemusterten Druckplatte, welcher sich über die gesamte Mantelfläche erstrecke. Als Lichtquellen würden wie im Streitpatent Hochdruck-Quecksilberlampen, Xenon- oder Metall-Halogen-Lampen eingesetzt. Damit erreiche die TM6 eine Verbesserung der Produktivität und eine Steigerung der Einheitlichkeit der Produktdicke.

Da die TM6 ein der streitpatentgemäßen Aufgabenstellung ähnliches Problem löse, habe für den Fachmann Veranlassung bestanden, die dort beschriebene Belichtung der bemusterten Druckplatten über die gesamte Mantelfläche zu berücksichtigen und diese Belichtungskonfiguration auf die in der TM2 offenbarte Bearbeitungsstruktur zu übertragen.

Bei Berücksichtigung des in der TM6 offenbarten Rundumbelichters komme entweder in Betracht, den Bearbeitungsschlitten nach der TM2 mit weiteren Lampen in Längsrichtung des Zylinders auszurüsten oder die Bogengeometrie der Belichtungseinheit zu einem Vollkreis zu erweitern. Damit sei auch die erfindungsgemäße Lösung nahegelegt, zumal die alternative Ausgestaltung zur Folge hätte, dass auch die Ablationsstation kongruent verbreitert werden müsste, damit die Ablation- und Belichtungsflächen gleich blieben.

Die in der TM2 offenbarte Lichtquellenbaugruppe lasse sich auch in Bezug auf die zu gewährleistende Befestigung bzw. Abnahme der Druckplatten vom Trägerzylinder ohne erheblichen konstruktiven Aufwand zu einem Vollkreis abändern. Denn während der Befestigung bzw. Abnahme der Platten befinde sich der Bearbeitungsschlitten bei der Vorrichtung nach der TM2 in einer "Parkposition" neben dem Trägerzylinder, so dass die Belichtungseinheit auch nicht entfernt werden müsse.

III. Die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit durch das Patentgericht hält der Überprüfung im Berufungsverfahren in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist neu.

a) Er wird durch die TM2 nicht offenbart.

(1) Die Entgegenhaltung geht davon aus, dass Druckplatten, etwa aus Fotopolymermaterial, herkömmlicherweise mit Hilfe eines Flachbelichters hergestellt werden. Werde die derart entwickelte Druckplatte zum Drucken auf einer Druckwalze befestigt, könne dies aufgrund der Krümmung der Druckplatte zu Verzerrungen des in der Druckplatte vorhandenen Musters auf dem zu bedruckenden Gut führen (TM2, Abs. 3 f.).

Die TM2 macht es sich zur Aufgabe, ein Verfahren und eine Vorrichtung anzugeben, mit denen Druckplatten hergestellt werden können, die beim Druck verzerrungsärmere Muster erzeugen.

Als Lösung wird eine Vorrichtung zur Herstellung von Druckplatten offenbart, die über einen drehbar gelagerten Trägerzylinder sowie einen parallel dazu angeordneten Bearbeitungsschlitten verfügt, auf dem hintereinander eine Ablations- und eine Belichtungsvorrichtung angeordnet sind. Die lichtempfindliche Druckplatte wird auf der äußeren Umfangsfläche des Trägerzylinders befestigt, bevor durch die Ablationseinrichtung eine Bemusterungsmaske erstellt wird, die anschließend von der Belichtungsvorrichtung belichtet wird.

Die TM2 schlägt vor, die Belichtungsvorrichtung derart auszubilden, dass sich diese in Umfangsrichtung des Trägerzylinders erstreckt. Die Zeit, über die ein Punkt auf der Oberfläche der lichtempfindlichen Druckplatte bei Drehung des Trägerzylinders belichtet werde, werde bei einer solchen Ausgestaltung verlängert, so dass sich auch relativ dicke Druckplatten über relativ große Tiefen aushärten ließen (Abs. 28). Bei den beiden Ausführungsbeispielen der TM2 weist, wie auch aus deren nachfolgend wiedergegebenen Figuren 4 und 5 ersichtlich ist, die zweite Bearbeitungsstation (20) zur Belichtung der nicht abgedeckten Bereiche der Druckplatte (2) mehrere in Umfangrichtung des Trägerzylinders in einem Abstand voneinander angeordnete UV-Lampen (23) auf, die etwa in einem Wellenbereich von 300 bis 400 nm strahlende Metall-Halogen-Lampen sein können. Die UV-Lampen befinden sich an der konkaven Seite eines als viertelkreisförmiger Bogen ausgebildeten Trägers (24).

(2) Damit offenbart die TM2 zwar ein Belichtungssystem nach Maßgabe der Merkmale 1 bis 4.3 sowie 5 und 6. Aus der TM2 ergibt sich aber nicht, die zweite Bearbeitungsstation als Torusgeometrie mit mehreren auf das Rotationssystem gerichteten Lichtausgängen so auszuführen, dass alle Punkte des Fotopolymers kontinuierlich belichtet werden können (Merkmal 4.4 in Verbindung mit den Merkmalen 4.2 und 4.3). Daran ändert auch die genannte Stelle in Absatz 28 der TM2 nichts, die zwar eine Anordnung der Belichtungsvorrichtung in Umfangsrichtung des Trägerzylinders offenbart, nicht aber eine Ausführung in Vollkreisgeometrie, bei der alle Punkte des Fotopolymers kontinuierlich belichtet werden können.

b) Gleiches gilt für die nach dem Vorbringen der Klägerin vorbenutzte BOXCOR Maschine mit "onfly"-Belichtung (TM4), deren Aufbau der in der TM2 offenbarten Vorrichtung mit einer auf einem Bearbeitungsschlitten parallel zum rotierenden Zylinder angeordneten bogenförmigen Belichtungsbaugruppe entsprochen haben soll.

2. Die Lehre aus Patentanspruch 1 wurde dem Fachmann auch nicht nahegelegt.

a) Die TM2 gab dem Fachmann keine Veranlassung, die dort offenbarte Belichtungsstation als Vollkreisgeometrie im erfindungsgemäßen Sinne auszugestalten.

(1) Zwar war die TM2 für den Fachmann, der sich vor die Aufgabe gestellt sah, ein System zur Ablation und Belichtung eines Fotopolymers und ein darauf bezogenes Belichtungsverfahren zu entwickeln, bei dem die auf die Druckplatte aufgebrachte Kohlenstoff-Schicht zwischen Ablation und Belichtung nicht beschädigt und die Druckplatte dennoch wirksam belichtet wird, von Interesse, da bei der darin offenbarten Vorrichtung die Druckplatte während des Ablations- und Belichtungsschritts auf der äußeren Umfangsfläche des drehbaren Trägerzylinders verbleibt, so dass es nicht zu Beschädigungen der auf der Druckplatte aufgebrachten Kohlenstoff-Schicht infolge des Platzierens der maskierten Platte auf einem Flachbelichter kommen kann.

Zudem stellte die TM2 dem Fachmann ein "praktisch" verzerrungsfreies Druckmuster in Aussicht, wenn die belichtete Druckplatte zum Zwecke des Druckens auf eine Druckwalze gelegt wird, die wenigstens annähernd denselben Durchmesser wie der Trägerzylinder aufweist, auf dessen äußeren Umfang die Druckplatte während des Ablations- und Belichtungsvorgangs angeordnet ist (Abs. 9).

(2) Aus der TM2 ergibt sich jedoch kein Hinweis, die in der Entgegenhaltung offenbarte Teilkreisgeometrie der Belichtungsstation in eine Vollkreisgeometrie zu ändern. Die Ausgestaltung der zweiten Bearbeitungsstation als eine sich in Umfangsrichtung des Trägerzylinders erstreckende Belichtungsstation soll nach den Angaben der TM2 der Verlängerung der Belichtungszeit dienen, so dass auch relativ dicke Druckplatten über relativ große Tiefen ausgehärtet werden können. Einen Anhaltspunkt dafür, dass eine Ausgestaltung der Belichtungsstation als Vollkreisgeometrie unter diesem oder einem anderen Gesichtspunkt sinnvoll sein könnte, ist der TM2 nicht zu entnehmen. Die TM2 zeigt die Belichtungsstation allein in einer teilbogenförmigen Ausgestaltung. Bei den in den Figuren 4 und 5 gezeigten Ausführungsbeispielen weisen die Belichtungsstationen in etwa eine Viertelbogengeometrie auf.

(3) Der Fachmann wurde durch die TM2 auch dann nicht veranlasst, über eine Erweiterung der Teilbogengeometrie der Belichtungsstation in eine Vollbogengeometrie nachzudenken, wenn er sich vor die Notwendigkeit gestellt sah, eine Verlängerung der Belichtungszeit in Erwägung zu ziehen, etwa weil die Vorrichtung auch zur Bearbeitung relativ dicker Druckplatten geeignet sein sollte, die über relativ große Tiefen ausgehärtet werden müssen.

Die TM2 erwähnt das Problem der Aushärtung relativ dicker Druckplatten über eine relativ große Tiefe und schlägt dem Fachmann zu dessen Lösung zwei konstruktive Maßnahmen vor, die die in den Figuren 4 und 5 offenbarte Ausgestaltung der Belichtungsstation als Teilbogengeometrie ergänzen.

Zum einen wird offenbart, mehrere in Umfangsrichtung des Trägerzylinders hintereinanderliegende Lichtquellen vorzusehen (Abs. 28, Patentanspruch 24). Zum anderen wird vorgeschlagen, die Bemusterungs- und die Belichtungsstation auf zwei unterschiedlichen Schlitten anzuordnen, so dass materialabhängig die Einstellung einer längeren Belichtungszeit möglich wird, indem der Belichtungsschlitten langsamer als der Bemusterungsschlitten bewegt wird (Abs. 52). Beide Maßnahmen sind einzeln oder zusammen mit einer Teilbogengeometrie der Belichtungsstation kombinierbar und führen dazu, dass die Belichtungszeit im Bedarfsfall (wie bei relativ dicken Druckplatten) verlängert werden kann. Hingegen fehlt es in der TM2 an einer Anregung, die Teilgeometrie der Belichtungsstation durch eine Vollgeometrie zu ersetzen, um die Belichtungszeit zu verlängern.

b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 wurde dem Fachmann auch nicht nahegelegt, wenn er ergänzend zur TM2 oder TM4 die europäische Patschrift 237 574 (TM6) in den Blick nahm.

(1) Die TM6 befasst sich mit einem Verfahren zum Herstellen einer nahtlosen, zylindrischen Struktur aus lichtempfindlichem Harz insbesondere für die Anfertigung einer zylindrischen Druckplatte für den Flexodruck. Die nahtlose, zylindrische Struktur soll dadurch hergestellt werden, dass eine flüssige Zusammensetzung aus lichtempfindlichem Harz in ein hohlzylindrisches Element zugeführt und das hohlzylindrische Element bei hoher Geschwindigkeit gedreht wird, um die Zusammensetzung unter Einwirkung der Zentrifugalkräfte gleichmäßig auf der Innenfläche des hohlzylindrischen Elements abzulagern und ihre Härtung in situ zu bewirken, wobei ein spezielles nahtloses Gewebeträgerelement nach der rückseitigen Belichtung in das gegenüber aktinischem Licht durchlässige hohlzylindrische Element eingefügt wird (TM6, S. 3, Z. 8 ff.; Patentanspruch 1).

In der Entgegenhaltung werden auch Vorrichtungen offenbart, mit denen ein solches Verfahren ausgeführt werden kann. Diese weisen eine stationäre Infrarot-Heizvorrichtung (10a) auf, die in dem nachfolgend abgebildeten Ausführungsbeispiel der Figuren 1 und 2 der TM6 aus vier Teilen besteht, die sich über die Länge des Zylinders erstrecken und im Vorrichtungsgehäuse (5) befestigt sind (TM6, S. 6, Z. 54 ff.; vgl. auch Figuren 5, 6, 10, 11, 12).

Zur Ausübung des Verfahrens wird das lichtempfindliche Harz in einem Ausführungsbeispiel mit Hilfe eines länglichen, rinnenförmigen Zuführungsmittels durch eine Tür (6) des Gehäuses (5) so weit wie möglich in das hohlzylindrische Element (1) der Vorrichtung eingeführt, wobei sich das hohlzylindrische Element behutsam dreht. Nach dem Einfüllvorgang wird die Umdrehung des hohlzylindrischen Elements mit hoher Geschwindigkeit fortgesetzt und das Harz durch eine Infrarot-Heizvorrichtung als Wärmequelle erhitzt und getrocknet. Nach vollständiger Erstarrung der zylindrischen Struktur wird die Gehäusetür (6) wieder geöffnet und die Struktur aus dem hohlzylindrischen Element entfernt (TM6, S. 6, Z. 7, 14 ff.).

(2) Dem Patentgericht ist im Ausgangspunkt darin beizutreten, dass ein Fachmann, der die Aufgabe hatte, ein System zur Ablation und Belichtung eines Fotopolymers zu entwickeln, sich bei der Suche nach Lösungsvorschlägen auch für Veröffentlichungen im Bereich der Herstellung von nahtlosen Druckhülsen für den Flexodruck interessierte, da beide Verfahren der Herstellung von Druckzylindern aus Fotopolymer für den Flexodruck dienen.

(3) Entgegen der Ansicht des Patentgerichts gab die TM6 dem Fachmann aber keine Veranlassung, die in der TM2 als Teilkreisgeometrie offenbarte Belichtungsstation in eine Vollkreisgeometrie umzubauen.

(a) Das Patentgericht begründet seine Auffassung damit, dass die TM6 aufgrund des stationären Rundumbelichters, bei dem wie im Streitpatent Hochdruck-Quecksilberlampen, Xenon- oder Metall-Halogen-Lampen eingesetzt würden, eine Verbesserung der Produktivität und eine bemerkenswerte Steigerung der Einheitlichkeit der Produktdicke erreiche. Das verkürzt den Offenbarungsgehalt der TM6. Darin wird zwar hervorgehoben, dass das dort offenbarte Verfahren neben einem Anstieg der Produktivität auch zu einer erheblichen Zunahme der Gleichmäßigkeit der Produktstärke führe (TM6, S. 5, Z. 37 "... a remarkable increase in the uniformity of product thickness."). Die Gleichmäßigkeit der Produktstärke wird aber darauf zurückgeführt, dass sich das zylindrische Element während des Verfahrens mit hoher Geschwindigkeit dreht. Dies habe zur Folge, dass sich das lichtempfindliche Gießharz mittels Zentrifugalkraft über dessen ganze innere Wand verteile, um eine luftzellenfreie Gießharzschicht gleichmäßiger Dicke auf dieser Oberfläche auszubilden (TM6, S. 4, Z. 46 ff.; S. 5, Z. 21 ff., 27 ff.). Eine Anregung dahin, einen Rundumbelichter auch bei einem System zur Ablation und Belichtung eines Fotopolymers einzusetzen, weil damit eine wirksamere Belichtung erfolgen könne, ergab sich daraus nicht.

(b) Auch sonst ist kein Hinweis ersichtlich, der den Fachmann dazu hätte anregen können, den in der TM6 offenbarten Rundumbelichter auf die in der TM2 offenbarte Vorrichtung zu übertragen. Die jeweils in den beiden Entgegenhaltungen offenbarten Vorrichtungen unterscheiden sich aufgrund der unterschiedlichen Herstellungsverfahren, die damit ausgeführt werden sollen, in ihrer räumlich-körperlichen Ausgestaltung in vielfacher Hinsicht.

Die Vorrichtung nach der TM2 ist so eingerichtet, dass zunächst die lichtempfindliche Druckplatte auf der äußeren Umfangsfläche des Trägerzylinders befestigt wird (TM2, Rn. 43 f.). Dafür befindet sich der Bearbeitungsschlitten in den in den Figuren 3 und 5 gezeigten Ausführungsbeispielen in einer Parkposition neben dem Trägerzylinder, worauf auch bereits das Patentgericht hingewiesen hat. Danach wird mit Hilfe der ersten auf dem fahrbaren Schlitten angeordneten Bearbeitungsstation eine Bemusterungsmaske durch Strukturierung einer auf der Druckplatte liegenden Abdeckschicht gebildet. Sodann erfolgt mit Hilfe der zweiten, gleichfalls auf einem fahrbaren Schlitten angeordneten Bearbeitungsstation in Teilbogengeometrie die Belichtung der nicht abgedeckten Bereiche der Druckplatte (TM2, Rn. 47).

Demgegenüber ist bei der Vorrichtung nach der TM6 das zylindrische Element mit einem Gehäuse abgedeckt, das mit flüssigem lichtempfindlichem Harz gefüllt wird. Der Zylinder wird sodann mit hoher Geschwindigkeit gedreht, damit sich das Harz gleichmäßig auf der Innenfläche des hohlzylindrischen Elements ablagert. Zugleich wird das Harz durch einen den Hohlzylinder in Vollbogengeometrie umgebenden Rundumbelichter erhitzt und getrocknet, so dass es erstarrt. Die erstarrte zylindrische Struktur wird schließlich von dem zylindrischen Element weggezogen (TM6, Beispiel 1, S. 6, Z. 40 ff.).

Eine Anregung, ungeachtet der verfahrensbedingt räumlich-körperlich unterschiedlichen Gesamtkonstruktion beider Vorrichtungen die Vollbogengeometrie des ortsfesten Rundumbelichters der Vorrichtung nach TM6 auf die in Teilbogengeometrie ausgeführte, auf einem Schlitten angeordnete Belichtungsstation der Vorrichtung nach TM2 oder TM4 zu übertragen, ist weder von der Klägerin aufgezeigt worden, noch ist diese sonst ersichtlich.

(4) Die europäische Patentschrift 7 127 (TM5) gab dem Fachmann ebenfalls keinen Anlass, die bei der Vorrichtung nach TM2 oder TM4 als Teilkreisgeometrie offenbarte Belichtungsstation in eine Vollkreisgeometrie umzubauen.

Die TM5 offenbart eine Vorrichtung, bei der zunächst fotopolymerisierbare Flüssigkeit in einen drehbaren, transparenten, horizontal angeordneten und hohlen Zylinder (2) gefüllt wird. Der Zylinder wird nach der Befüllung mit hoher Geschwindigkeit gedreht und gleichzeitig durch einen innerhalb und außerhalb des Zylinders angeordneten Kreis von Röhren (11, 9) mit UV-Licht bestrahlt. Dabei bildet sich eine vorpolymerisierte Druckform, die aus dem Zylinder entfernt und gereinigt wird, bevor sie zur Nachhärtung erneut einer Rundumbelichtung ausgesetzt wird (TM5, Sp. 1, Z. 27 ff.; Sp. 3, Z. 34 ff.; Patentansprüche 1 und 10; Figuren 1 und 2).Ein Hinweis, den in der TM5 offenbarten Rundumbelichter auf die Vor56 richtung nach TM2 oder TM4 zu übertragen, ist der TM5 ebenso wenig wie der TM6 zu entnehmen.

3. Die in Patentanspruch 11 des Streitpatents unter Schutz gestellte Verfahrenslehre ist ebenfalls patentfähig, da weder bekannt noch durch den Stand der Technik nahegelegt war, das Licht der Lichtquellenbaugruppe so auf das Fotopolymer zu richten, dass alle Punkte des Fotopolymers kontinuierlich belichtet werden, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zu Patentanspruch 1 ergibt.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG , § 91 Abs. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 31. Juli 2018

Vorinstanz: BPatG, vom 23.02.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ni 27/14 (EP)
Fundstellen
EFG 2018, 1717