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BGH - Entscheidung vom 15.02.2018

I ZB 81/17

Normen:
ZPO § 114 S. 1

BGH, Beschluss vom 15.02.2018 - Aktenzeichen I ZB 81/17

DRsp Nr. 2018/4120

Mitwirkung der abgelehnten Richter in klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlichen Ablehnungsgesuchs

Die Anhörungsrüge ist zulässig, auch wenn sie nicht von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist. Im Fall der ablehnenden Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines postulationsfähigen Rechtsanwalts kann für eine Anhörungsrüge die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht verlangt werden.

Tenor

1.

Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Büscher sowie die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schwonke wegen der Besorgnis der Befangenheit wird als unzulässig verworfen.

2.

Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen den Senatsbeschluss vom 9. November 2017 wird zurückgewiesen.

3.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Normenkette:

ZPO § 114 S. 1;

Gründe

I. Der Antragsteller hat beantragt, ihm für die Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. August 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beizuordnen. Der Senat hat den Antrag mit Beschluss vom 9. November 2017 abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Satz 1 ZPO ).

Mit einem am 13. Dezember 2017 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schreiben hat der Beklagte geltend gemacht, die am Senatsbeschluss vom 9. November 2017 beteiligten Richter legten ihre Nebentätigkeiten nicht offen, es sei die Gefahr vorhanden, dass diese "von der Beklagten und der Vorinstanzen näher bezw. sogar der Befangenheit .... ausgesetzt waren, als was man annehmen kann." Das zeichne sich schon im Fall des Richters Prof. Dr. Kirchhoff ab, der bis 2004 als Rechtsanwalt in B. bei der Anwaltskanzlei F. als Partner tätig gewesen sei.

Der Antragsteller hat zugleich Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 9. November 2017 erhoben. Mit zwei weiteren Schreiben vom 12. und 17. Januar 2018 hat er die Anhörungsrüge ergänzt und außerdem eine Vorlage der Sache an den Gerichtshof der Europäischen Union beantragt.

II. Sowohl das als Ablehnungsgesuch auszulegende Begehren des Antragstellers als auch seine Anhörungsrüge haben keinen Erfolg.

1. Die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs kann mit der Sachentscheidung erfolgen, weil das Gesuch offensichtlich unzulässig ist. Der Senat entscheidet deshalb abweichend von § 45 Abs. 1 ZPO - nachdem Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Büscher nach Erreichen der Altersgrenze aus dem Senat ausgeschieden und Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Kirchhoff an der Mitwirkung an der vorliegenden Entscheidung verhindert ist - unter teilweiser Mitwirkung der abgelehnten Richter.

a) Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters; dieser ist auch von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfG, NVwZ 2006, 924 , 925).

b) In klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlichen Ablehnungsgesuchs sind die abgelehnten Richter nicht an einer weiteren Mitwirkung gehindert (vgl. BVerfG, NJW 2007, 3771 , 3772 f.; BGH, Beschluss vom 15. August 2013 - I ZA 2/13, juris Rn. 3). Ein Ablehnungsgesuch ist unzulässig, wenn seine Begründung zur Rechtfertigung des Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist. Ein in dieser Weise begründetes Ablehnungsgesuch steht rechtlich einer Richterablehnung gleich, die keinerlei Begründung aufweist. In diesem Sinne völlig ungeeignet ist eine Begründung, wenn sie die angebliche Befangenheit ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls von vornherein nicht belegen kann, wenn also für die Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens oder das eigene Verhalten des abgelehnten Richters selbst entbehrlich ist (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3129 Rn. 48 f.; BGH, Beschluss vom 15. August 2013 - I ZA 2/13, juris Rn. 3). So liegt der Fall hier.

c) Der Senat hat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts mit dem angefochtenen Beschluss vom 9. November 2017 ohne nähere Begründung deshalb zurückgewiesen, weil der Antragsteller beabsichtigt, eine mangels Zulassung durch das Beschwerdegericht nicht statthafte Rechtsbeschwerde einzulegen. Dabei handelt es sich um ein von der Rechtsordnung nicht vorgesehenes und deshalb unzulässiges Rechtsmittel. Die von dem Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung kann deshalb unabhängig von dem von ihm verfolgten Rechtsschutzziel unter keinen Umständen Erfolg haben. Aus dem teilweise aus nicht belegten Vermutungen und Behauptungen bestehenden Vorbringen des Antragstellers ist bereits nicht im Ansatz ersichtlich, inwiefern bei vernünftiger Würdigung aller Umstände des Falls Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung der abgelehnten Richter zu zweifeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. September 2016 - BvC 52/14, juris Rn. 3).

2. Die vom Beklagten erhobene Anhörungsrüge ist zulässig, aber unbegründet.

a) Die Anhörungsrüge ist zulässig, auch wenn sie nicht von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist. Im Fall der ablehnenden Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines postulationsfähigen Rechtsanwalts kann für eine Anhörungsrüge die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht verlangt werden. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO von der Partei selbst gestellt werden kann. Dementsprechend kann in Verfahren ohne Rechtsanwaltszwang die Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO auch von der Partei selbst erhoben werden (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZA 1/11, NJW-RR 2011, 640 Rn. 3 zu § 78b ZPO ; Beschluss vom 15. August 2013 - I ZA 2/13, juris Rn. 6).

b) Die Anhörungsrüge des Beklagten ist jedoch unbegründet. Mit der Anhörungsrüge können nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (BVerfG, NJW 2008, 2635 Rn. 16; BGH, NJW-RR 2011, 640 Rn. 5). Derartige Verstöße liegen ersichtlich nicht vor. Der Senat hat die Zulässigkeit des beabsichtigten Rechtsmittels geprüft und sie verneint. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union kommt danach nicht in Betracht.

Vorinstanz: LG Siegen, vom 18.05.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 5 O 55/17
Vorinstanz: OLG Hamm, vom 28.08.2017 - Vorinstanzaktenzeichen I-22 W 26/17