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BVerwG - Entscheidung vom 24.03.2017

2 WD 13.16

Normen:
WDO § 40 Abs. 4
WDO § 77 Abs. 1 Nr. 1-2
WDO § 91 Abs. 1 S. 1
StPO § 23
StPO § 24
StPO § 26

BVerwG, Beschluss vom 24.03.2017 - Aktenzeichen 2 WD 13.16

DRsp Nr. 2017/5927

Ausschluss eines Richters von der Ausübung des Richteramtes wegen Mitwirkung in früheren Verfahren; Ausschluss eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit im Wehrbeschwerdeverfahren

Tenor

Das gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg gerichtete Ablehnungsgesuch des früheren Soldaten wird zurückgewiesen.

Normenkette:

WDO § 40 Abs. 4 ; WDO § 77 Abs. 1 Nr. 1 -2; WDO § 91 Abs. 1 S. 1; StPO § 23 ; StPO § 24 ; StPO § 26 ;

Gründe

I

1. Mit Schreiben vom 2. Februar 2017 hat der frühere Soldat erklärt, die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg im Berufungsverfahren als befangen abzulehnen. Die Richterin habe im Verfahren BVerwG 1 WB 7.16 mitgewirkt, in dem bereits vor der Verhandlung Klarheit über das Ergebnis bestanden habe. Insbesondere sei - so sein Vortrag im weiteren Schriftsatz vom 20. Februar 2017 - weiterhin einfach von der Richtigkeit des Urteils des Truppendienstgerichts Süd vom 10. Mai 2016 - S 4 VL 48/14 - ausgegangen worden, welches nunmehr im Berufungsverfahren zur Überprüfung anstehe. Der Berichterstatter im Verfahren BVerwG 1 WB 7.16, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer, habe darüber hinaus seine Voreingenommenheit auf den kompletten Senat erstreckt. Der in der Sache BVerwG 1 WB 7.16 ergangene Beschluss vom 25. August 2016 sei auch in der Sache unzutreffend gewesen. Er lehne alle Richter als befangen ab, die in der Sache BVerwG 1 WB 7.16 mitgewirkt hätten.

2. Zu dem Ablehnungsgesuch hat sich die Richterin Dr. von Heimburg unter dem 9. Februar 2017 dienstlich geäußert. Zu ihrer dienstlichen Äußerung haben der Bundeswehrdisziplinaranwalt unter dem 16. Februar 2017 und der frühere Soldat unter dem 20. Februar 2017 Stellung bezogen.

3. Das im vorliegenden Ablehnungsverfahren vom früheren Soldaten gegen die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer gestellte Ablehnungsgesuch ist mit dem früheren Soldaten am 17. März 2017 zugestellten Beschluss des Senats vom 15. März 2017 - 2 WD 13.16 - rechtskräftig zurückgewiesen worden.

II

1. Der Senat entscheidet über das Befangenheitsgesuch gegen die Richterin Dr. von Heimburg ohne deren Mitwirkung (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 27 Abs. 1 StPO ) unter Beteiligung des für den Fall ihrer Verhinderung durch Buchstabe C. II und III Geschäftsverteilungsplan bestellten Vertreters aus dem 1. Wehrdienstsenat. Dies ist nach Buchstabe C. III. 2 der Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer, der ausweislich der im Beschluss vom 15. März 2017 - 2 WD 13.16 - dargelegten Gründe nicht befangen ist.

2. Das zulässige Ablehnungsgesuch des früheren Soldaten ist unbegründet.

a) Der Ausschluss eines Richters von der Ausübung des Richteramtes wegen Mitwirkung in früheren Verfahren ist kraft Gesetzes in § 77 Abs. 1 Nr. 1 WDO i.V.m. § 23 StPO sowie in § 77 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c WDO abschließend geregelt (BVerwG, Beschluss vom 3. September 1992 - 2 WDB 11.92 -, [...] Rn. 4). Er tritt ein, wenn der Richter bei einer durch ein Rechtsmittel oder einer durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat (§ 26 StPO ), in einem sachgleichen Straf- oder Bußgeldverfahren gegen den Soldaten beteiligt war oder in einem früheren, dieselbe Sache betreffenden Beschwerdeverfahren, Verfahren auf Aufhebung oder Änderung einer einfachen Disziplinarmaßnahme oder in einem dieselbe Sache betreffenden Verfahren nach § 40 Abs. 4 WDO mitgewirkt hat (§ 77 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c WDO ). Keiner dieser gesetzlichen Ausschlussgründe liegt bei Richterin Dr. von Heimburg vor.

Im Hinblick auf die Entscheidung im Wehrbeschwerdeverfahren 1 WB 7.16 hat sie insbesondere nicht nach § 77 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c WDO in einem früheren, dieselbe Sache betreffenden Beschwerdeverfahren mitgewirkt. Das Wehrbeschwerdeverfahren betraf nicht dieselbe Sache wie das - vorliegende - Berufungsverfahren 2 WD 13.16. Denn Gegenstand des Wehrbeschwerdeverfahrens war allein das Begehren des früheren Soldaten, eine Versetzung auf ein dienstpostenähnliches Konstrukt aufzuheben, während Gegenstand des Berufungsverfahrens die Frage ist, ob der frühere Soldat schuldhaft die ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen begangen hat und welche Sanktion dafür tat- und schuldangemessen wäre. Für die Entscheidung über das Wehrbeschwerdeverfahren kam es nicht darauf an, ob gegen den früheren Soldaten zu Recht ein disziplinargerichtliches Verfahren geführt wird. Auch ist es für die Entscheidung im Berufungsverfahren ohne Bedeutung, ob die Versetzung des früheren Soldaten rechtmäßig gewesen ist.

b) Die Richterin Dr. von Heimburg ist auch nicht nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 , § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 24 StPO wegen Besorgnis der Befangenheit ausgeschlossen.

Dies wäre nur dann der Fall, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies trifft dann zu, wenn der Ablehnende bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Dabei kommt es zwar auf den Standpunkt des Ablehnenden an, nicht aber auf seinen - möglicherweise einseitigen - subjektiven Eindruck und auf seine - möglicherweise - unzutreffenden Vorstellungen vom Sachverhalt (BVerwG, Beschluss vom 3. September 1992 - 2 WDB 11.92 - [...] Rn. 5). Entscheidend ist ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (BVerwG, Beschluss vom 14. Februar 2014 - 2 WD 14.13 - Rn. 4).

Auch hiernach ist das Ablehnungsgesuch unbegründet.

aa) Denn solche Gründe sind der bloßen Mitwirkung eines Richters an Entscheidungen in anderen Verfahren des Ablehnenden nicht zu entnehmen. Die in solchen Entscheidungen geäußerten Rechtsmeinungen rechtfertigen für sich allein die Ablehnung nicht, selbst wenn sie auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhen sollten. Ein verständiger Verfahrensbeteiligter kann und muss in der Regel davon ausgehen, dass der oder die Richter sich dadurch nicht für künftige Entscheidungen festgelegt hat oder haben. Er kann sich Richter nicht aussuchen oder je nachdem Ablehnungsanträge stellen, weil er ihre ihm ungünstigen Rechtsauffassungen nicht billigt (BVerwG, Beschlüsse vom 3. September 1992 - 2 WDB 11.92 - [...] Rn. 5 und vom 30. November 1992 - 2 WD 11.92 - Seite 4 BA; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Mai 2014 - 1 StR 726/13 - NJW 2014, 2372 <2373>). Hier kommt hinzu, dass der Beschluss vom 25. August 2016 - 1 WB 7.16 - das im Berufungsverfahren angegriffene Urteil des Truppendienstgerichts inhaltlich nicht bewertet. Die Ausführungen zur Unbegründetheit des Anfechtungsantrages enthalten keine Darlegungen zu der Frage, ob das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen den früheren Soldaten zu Recht oder zu Unrecht eingeleitet worden war.

bb) Es sind auch keine Umstände im Einzelfall ersichtlich, die zu einer vorliegend abweichenden Beurteilung führen.

In seinem Ablehnungsgesuch vom 2. Februar 2017 hat sich der frühere Soldat auf die pauschale Behauptung beschränkt, die Richterin Dr. von Heimburg habe im Verfahren BVerwG 1 WB 7.16 mitgewirkt, in welchem bereits vor der Verhandlung Klarheit über das - für ihn nachteilige - Ergebnis bestanden habe; dort werde von seiner Schuld in diesem Verfahren ausgegangen. Dies allein vermittelt keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit der Richterin, zumal in dem Verfahren 1 WB 7.16 wie zuvor und aus den bereits im Beschluss vom 15. März 2017 - 2 WD 13.16 - (zu den Ablehnungsgesuchen des früheren Soldaten gegen die Richterin Dr. Frentz und den Richter Dr. Langer) beschriebenen Gründen dargelegt die Frage der disziplinarischen Schuld des früheren Soldaten nicht Gegenstand der Entscheidung war und darüber folglich auch nicht befunden wurde.

Nichts anderes ergibt sich aber auch dann, wenn die mit Schriftsatz vom 20. Februar 2017 im Ablehnungsverfahren gegen die Richterin Dr. Frentz und Richter Dr. Langer vorgetragene Behauptung des früheren Soldaten einbezogen wird, durch sein Beharren auf eine Entscheidung sei der Berichterstatter, Richter Dr. Langer, voreingenommen geworden und habe seine Voreingenommenheit auf die "komplette Besetzung" des Senats übertragen. Bereits eine Befangenheit des Richters Dr. Langer, die dieser auf die übrigen Mitglieder des 1. Wehrdienstsenats hätte übertragen können, liegt aus den mit Beschluss des Senats vom 15. März 2017 - 2 WD 13.16 - dargelegten Gründen nicht vor. Ungeachtet dessen lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, wie es ihm möglich gewesen wäre, die anderen in richterlicher Unabhängigkeit entscheidenden Senatsmitglieder entsprechend zu beeinflussen.

cc) Soweit der frühere Soldat die Befangenheit der Richterin Dr. von Heimburg auch aus der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 25. August 2016 ableitet, handelt es sich um Angriffe gegen die inhaltliche Richtigkeit der Sachentscheidung, die schon wegen ihrer Rechtskraft einer Überprüfung entzogen ist und die auch keine Fragen betrifft, auf die es im Berufungsverfahren ankommen würde.