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BGH - Entscheidung vom 24.07.2017

NotSt(Brfg) 2/17

Normen:
BNotO § 14 Abs. 2, 3 S. 2
BNotO § 14 Abs. 2
BNotO § 14 Abs. 3 S. 2
BNotO § 14 Abs. 2
BNotO § 14 Abs. 3 S. 2
BNotO § 17 Abs. 1
BNotO § 96 Abs. 1 S. 1
GNotKG § 125
BDG § 35

Fundstellen:
FamRZ 2017, 1888
MDR 2017, 1151

BGH, Beschluss vom 24.07.2017 - Aktenzeichen NotSt(Brfg) 2/17

DRsp Nr. 2017/11504

Verpflichtung des Notars zur Versagung seiner Amtstätigkeit bei ihrer Unvereinbarkeit mit seinen Amtspflichten; Mitwirkung des Notars bei der Verfolgung erkennbar rechtswidriger Zwecke

Der Notar hat seine Amtstätigkeit zu versagen, wenn sie mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar ist, insbesondere seine Mitwirkung bei Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden. Das gilt vor allem, wenn der Verdacht besteht, dass seine Tätigkeit der Begehung von Straftaten dienen könnte (Anschluss an Senatsbeschluss vom 23. November 2015 - NotSt(BrfG) 4/15, NJW-RR 2016, 251 Rn. 17).

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Notarsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 8. Dezember 2016 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Normenkette:

BNotO § 14 Abs. 2 ; BNotO § 14 Abs. 3 S. 2; BNotO § 17 Abs. 1 ; BNotO § 96 Abs. 1 S. 1; GNotKG § 125 ; BDG § 35 ;

Gründe

I. Der 1954 geborene Kläger ist seit 1984 als Rechtsanwalt tätig und wurde 1993 zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts Oldenburg mit dem Amtssitz in Aurich bestellt.

Disziplinarrechtlich ist er nicht vorbelastet.

Der Kläger pflegte ein langjähriges freundschaftliches Verhältnis zur Familie R. . Im Jahre 2013 entschlossen sich Herr P. R. und seine Ehefrau G. , ihre Vermögensverhältnisse und persönliche Belange neu zu ordnen und große Teile ihres Vermögens auf ihre Kinder zu übertragen. Die Eheleute R. wandten sich mit ihrem Anliegen an den Kläger und fragten nach den Kosten. Aufgrund des zwischen dem Kläger und den Eheleuten R. bestehenden freundschaftlichen Verhältnisses sagte der Kläger zu, für alle erforderlichen Beurkundungen nicht mehr als insgesamt 4.000 € an Gebühren zu erheben, obwohl er wusste, dass er dazu nicht berechtigt war.

Dann beurkundete der Kläger am 22. November 2013 einen Übertragungsvertrag zwischen Herrn P. R. und seinem Sohn K. , mit welchem der Vater seinen Miteigentumsanteil an einem Mehrfamilienhaus auf seinen Sohn übertrug (Urkunden-Nr. 182/13). Am 13. März 2014 erstellte der Kläger für diese Beurkundung eine Rechnung in Höhe von 1.780,12 €. Auf der Durchschrift der Kostenrechnung vermerkte er "Pauschale 1.000 €".

Am 22. November 2013 beurkundete der Kläger einen weiteren Übertragungsvertrag, nunmehr zwischen den Eheleuten G. und P. R. und deren Tochter B. S. (Urkunden-Nr. 183/13). Für diese Beurkundung erstellte der Kläger am 27. Februar 2014 eine Rechnung in Höhe von 1.805,05 €. Auf der Durchschrift der Kostenrechnung vermerkte der Kläger ebenfalls "Pauschale 1.000 €".

Am 25. November 2013 beurkundete der Kläger einen Übertragungsvertrag zwischen den Eheleuten G. und P. R. und deren Sohn W. R. (Urkunden-Nr. 184/13). Für diese Urkunde erstellte der Kläger am 27. Februar 2014 eine Rechnung in Höhe von 1.846,48 €. Auf der Durchschrift der Kostenrechnung vermerkte der Kläger "Pauschale 1.000 €".

Am 17. Dezember 2013 beurkundete der Kläger ein gemeinschaftliches Testament der Eheleute I. und W. R. (Urkunden-Nr. 203/13), der Schwiegertochter und dem Sohn der Eheleute G. und P. R. . Am 7. Januar 2014 erstellte er für diese Beurkundung eine Rechnung in Höhe von 961,65 €. Auf der Durchschrift der Kostenrechnung vermerkte er "500,- € - DAS". Die DAS-Rechtsschutzversicherung hatte in dieser Angelegenheit 500 € an den Kläger gezahlt. Dieser hatte den Betrag an W. R. zurückgezahlt, da mit den Eheleuten G. und P. R. vereinbart war, dass die getroffene Gebührenabsprache auch diese Angelegenheit einschließen sollte.

Die Eheleute G. und P. R. sowie I. und W. R. bezahlten die vom Kläger erstellten Kostennoten zunächst nicht. Hintergrund dafür war eine Stundungsvereinbarung zwischen dem Kläger und den Urkundsbeteiligten. Auf Betreiben des Herrn P. R. stellte der Kläger am 4. April 2014 den Eheleuten G. und P. R. eine Kostenrechnung zu Urkunden-Nr. 203/13 mit folgendem Wortlaut aus:

"... In Ihren Notariatssachen aus dem erbrechtlichen Bereich erlaubte ich mir, nach Abschluss aller Sachen wie folgt abzurechnen:

Erbrechtliche Beratung zu ihrem Gesamtvermögen mit der Erstellung von Vertragsentwürfen zur vorweggenommenen Erbfolge unter Einbeziehung ihrer drei Kinder, dabei Überprüfung insbesondere der erbschaftssteuerlichen Situation zur Meidung erbschaftssteuerlicher Belastung:

Vereinbarte Pauschalgebühr  840,33 € 
19 % MwSt Nr. 3214 KV  159,67 € 
1.000,00 € 

Ich bestätige, diesen Betrag bereits von Ihnen erhalten zu haben.

Entsprechend bitte ich vorsorglich Ihre Rechtsschutzversicherung, diese Rechnung direkt an Sie als Versicherungsnehmer auszuzahlen. ..."

Mit dieser Rechnung sollte eine Bezuschussung der Angelegenheit durch die DAS-Rechtsschutzversicherung erreicht werden, bei der eine Versicherung des P. R. bestand.

Die DAS-Rechtsschutzversicherung zahlte daraufhin 500 € an die Eheleute P. und G. R. .

Am 11. Dezember 2014 wurde eine Notarprüfung bei dem Kläger durchgeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Eheleute den vereinbarten Pauschalbetrag in Höhe von 4.000 € nicht gezahlt. Nach Aufdeckung gebührenrechtlicher Unregelmäßigkeiten durch die Bezirksrevisorin forderte der Kläger die Eheleute G. und P. R. zur Zahlung eines weiteren Betrags in Höhe von 3.840,01 € auf. Die Forderung bezog sich auf die berichtigten Rechnung zu der Urkunden-Nr. 182/13, 183/13, 184/13, 207/13, 208/13. Die nachgeforderten Beträge wurden im Folgenden bezahlt. Für die Beurkundung des gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute W. und I. R. (Urkunden-Nr. 203/13) stellte er 961,65 € in Rechnung, die ebenfalls am 20. April 2015 vollständig beglichen wurde.

Aufgrund der Unregelmäßigkeiten, die bei der Notarprüfung festgestellt wurden, leitete die Präsidentin des Landgerichts Aurich ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein. Sie verhängte mit Verfügung vom 11. Februar 2016 gegen den Kläger wegen der Vereinbarung einer Gebühr in Höhe von 4.000 € für alle Urkundenvorgänge zusammen und des damit verwirklichten Verstoßes gegen § 17 Abs. 1 BNotO i.V.m. § 125 GNotKG eine Geldbuße in Höhe von 1.000 €.

Mit Schreiben vom 21. April 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie von ihrem Recht nach § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 35 BDG Gebrauch mache und gegen den Kläger eine höhere Geldbuße verhängen wolle. Hintergrund sei, dass sich der Kläger möglicherweise auch eines Betrugs zum Nachteil der DAS-Rechtsschutzversicherung schuldig gemacht habe.

Mit Disziplinarverfügung vom 18. Mai 2016 hob die Beklagte entsprechend ihrer vorangegangenen Ankündigung die Disziplinarverfügung der Präsidentin des Landgerichts vom 11. Februar 2016 auf und verhängte ihrerseits gegen den Kläger eine Geldbuße in Höhe von 7.500 €. Dies begründete sie damit, dass der Kläger mit der Pauschalgebührenvereinbarung nicht nur gegen § 17 Abs. 1 BNotO i.V.m. § 125 GNotKG verstoßen habe. Ihn treffe vielmehr zusätzlich der Vorwurf eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 2 und 3 BNotO . Er habe im Einvernehmen mit den Eheleuten G. und P. R. für diese eine Gefälligkeitsrechnung erstellt. Diese habe dem alleinigen Ziel gedient, eine Beteiligung der DAS-Rechtschutzversicherung an den Notarkosten zu erreichen. Nur aufgrund dieser Gefälligkeitsrechnung habe die Versicherung einen Betrag von 500 € an die Eheleute R. gezahlt. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch. Dies nahm die Beklagte zum Anlass weiterer Ermittlungen. Zu diesem Zweck vernahm die von der Beklagten eingesetzte Ermittlungsführerin die Zeugen G. und P. R. .

Mit Bescheid vom 5. September 2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Beklagte hielt am Vorwurf fest, der Kläger habe gegen § 17 Abs. 1 BNotO i.V.m. § 125 GNotKG verstoßen, weil er sich bereit erklärt habe, sämtliche Beurkundungen für 4.000 € abzurechnen. Durch die vereinbarte Pauschale seien die gesetzlichen Gebühren um 801,66 € unterschritten worden. Daneben habe der Kläger gegen § 14 Abs. 2 und 3 BNotO verstoßen, indem er den Eheleuten G. und P. R. auf deren Betreiben hin am 4. April 2014 zu Urkunden-Nr. 203/13 eine Gefälligkeitsrechnung ausgestellt habe. Sein Verhalten stelle (zumindest) eine Beihilfe zum Betrug gemäß §§ 263 , 27 StGB dar. Zum Disziplinarmaß führte die Beklagte aus, dass der Kläger in gravierender Weise gegen die Kernpflichten eines Notars verstoßen habe und, was besonders schwer wiege, strafrechtlich relevantes Verhalten von Urkundsbeteiligten unterstützt habe. Die vom Kläger begangenen Pflichtverletzungen offenbarten einen schwerwiegenden Mangel an dienstrechtlicher Verantwortung und Einsicht. Ein Notar habe sich unredlichen und insbesondere strafbaren Begehrlichkeiten zu widersetzen. Urkundsbeteiligte, die mit entsprechendem Ansinnen an ihn heranträten, habe er abzuweisen. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger disziplinarrechtlich bislang nicht vorbelastet sei, wirkten die Verfehlungen derart schwer, dass die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 7.500 € geboten sei. Diese bewege sich angesichts dessen, dass der Kläger an einer strafbaren Handlung mitgewirkt habe, im unteren Bereich denkbarer Maßnahmen.

Die gegen die Disziplinarverfügung in der Gestalt des Widerspruchs erhobene Klage ist vom Oberlandesgericht abgewiesen worden. Der Kläger begehrt die Zulassung der Berufung, um seinen Klageantrag auf Aufhebung der Disziplinarverfügung der Präsidentin des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 18. Mai 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2016 weiterzuverfolgen.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dass die Anfechtungsklage des Klägers unbegründet sei. Bereits auf der Grundlage seines Vortrags erweise sich die angefochtene Disziplinarverfügung in der Sache als rechtmäßig. Der Kläger habe mit der Vereinbarung einer pauschalen Gebühr in Höhe von 4.000 € für die von ihm im Jahre 2013 für die Eheleute R. erbrachten notariellen Amtstätigkeiten entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BNotO , § 125 GNotKG verstoßen. Hiergegen habe sich der Kläger mit dem Klageantrag nicht gewehrt.

Zutreffend sei die Beklagte darüber hinaus zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger entgegen seinen Pflichten aus § 14 Abs. 2 , 3 Satz 2 BNotO verstoßen habe. Unerlaubt seien Geschäfte nach § 14 BNotO , die nach der Rechtsordnung verboten seien. Der Notar müsse seine Mitwirkung bereits dann versagen, wenn der Verdacht bestehe, dass unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt würden. Dieses Verbot betreffe jede Amtstätigkeit des Notars. Ein solcher Verdacht habe sich dem Kläger im vorliegenden Fall aufdrängen müssen. Für den Kläger sei erkennbar gewesen, dass den Eheleuten R. aufgrund der vom Kläger entfalteten Tätigkeit gegen die DAS-Rechtsschutzversicherung kein Anspruch auf Versicherungsleistungen zugestanden habe. Nach den Versicherungsbedingungen bestehe Beratungsrechtsschutz, wenn der Versicherungsnehmer bei der Erstellung seines Testaments juristische Hilfe benötige. In diesem Fall übernehme der Versicherer die Vergütung für sämtliche Beratungsleistungen bis zu einer Höhe von 500 €. Allerdings beschränke sich der Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf den Ausgleich nur der tatsächlich angefallenen Beratungsgebühr. Dass den Eheleuten R. gegen die DAS-Rechtschutzversicherung kein vertraglicher Leistungsanspruch zugestanden habe, müsse auch dem Kläger bewusst gewesen sein. Nach seinem eigenen Vortrag habe er die Versicherungsbedingungen vor Abfassung seines Schreibens vom 4. April 2014 beigezogen und in diese Einblick genommen. Der Kläger habe seine Pflichten aus § 14 Abs. 2 , 3 Satz 2 BNotO vorsätzlich verletzt. Dies ergebe sich aus dem Inhalt des Abrechnungsschreibens selbst. In jener Abrechnung habe der Kläger die tatsächlich erfolgte Beurkundung verschwiegen und stattdessen als Grund für die Abrechnung lediglich eine Beratung und den Entwurf von Urkunden benannt. Wäre der Kläger zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich der Auffassung gewesen, dass den Eheleuten R. auch bei nachfolgender Beurkundung gegen die DAS-Rechtsschutzversicherung ein Anspruch zugestanden habe, hätten die Beurkundungen nicht verheimlicht werden müssen. Dass der Kläger nach eigenem Vortrag an eine Leistung der DAS-Rechtsschutzversicherung im Kulanzwege geglaubt habe, vermöge ihn vom Vorwurf des Verstoßes gegen § 14 Abs. 2 , 3 Satz 2 BNotO nicht zu entlasten. Die entsprechenden Informationen habe der Kläger nach seinen Angaben ausschließlich von Herrn R. erhalten. Da dieser ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse besessen habe und darüber hinaus erkennbar vertragliche Ansprüche gegen die DAS-Rechtschutzversicherung nicht bestanden hätten, habe der Kläger sich nicht allein auf dessen Angaben verlassen dürfen. Hinzu komme, dass Herr R. den Kläger nach dessen Vortrag explizit um das Abrechnungsverhalten gebeten habe. Hätte tatsächlich eine Kulanzleistung der DAS-Versicherung im Raum gestanden und hätte die Versicherung von der an die Beratung anschließenden Beurkundung gewusst, hätte es eines solchen Schreibens nicht bedurft. Dies gelte umso mehr im Lichte der ersten Kostennote vom 7. Januar 2014. Diese habe der Kläger nicht an die Eheleute G. und P. R. , sondern an die Eheleute I. und W. R. adressiert. Letztere hätten die Rechnung an die DAS weitergeleitet, und diese daraufhin 500 € gezahlt. Es dürfte bereits im Zusammenhang mit der Einreichung der Gebührenrechnung vom 7. Januar 2014 ein Betrug begangen worden sein. Ob die Eheleute G. und P. R. tatsächlich alle Tatbestandsmerkmale des Betrugs verwirklicht hätten, könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls wögen die für eine solche Möglichkeit sprechenden Verdachtsmomente derart schwer, dass der Kläger die zweite Gebührenrechnung unter keinen Umständen ohne weitere Einholung von Informationen hätte fertigen und den Eheleuten R. aushändigen dürfen. Die Erstellung der ersten Kostennote vom 7. Januar 2014 dürfte eine Beihilfe zum Betrug durch den Kläger darstellen. Dieser sei aber nicht zum Gegenstand der Disziplinarverfügung gemacht worden, so dass es dazu keiner weiteren Ausführungen bedürfe.

Zur Bemessung der Geldbuße hat das Oberlandesgericht ausgeführt, dass der Kläger vorsätzlich mit der Gebührenvereinbarung gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BNotO verstoßen habe. Noch größeres Gewicht komme allerdings der zweiten Amtspflichtverletzung des Klägers zu. Die Mitwirkung des Notars bei der Verfolgung erkennbar rechtswidriger Zwecke sei ein schwerwiegendes Dienstvergehen. Durch ein solches Verhalten sei der Kernbereich der Notartätigkeit betroffen. Ob das Verhalten des Klägers letztlich auf Seiten der DAS-Rechtsschutzversicherung tatsächlich zu einem Schaden geführt habe, sei ohne Belang. Der Vertrauensverlust sei bereits dadurch eingetreten, dass er sich durch die schriftliche Bestätigung eines unzutreffenden (Gebühren-) Sachverhalts für ihn erkennbar mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zum Werkzeug eines Betrugs zu Lasten der DAS-Rechtsschutzversicherung gemacht habe. Das Gewicht der vom Kläger begangenen Amtspflichtverletzung ergebe sich auch aus der Überlegung, dass die Begehung einer Straftat durch den Kläger insbesondere in Zusammenhang mit der Erstellung der Gebührenrechnung vom 7. Januar 2014 im Raum stehe. Sollte dieser Vorwurf zutreffen, dann wäre unter Berücksichtigung der weiteren, verfahrensgegenständlichen Amtspflichtverletzung des Klägers auch eine zeitweise oder dauerhafte Amtsenthebung als Disziplinarmaßnahme in Betracht gekommen. Solche Maßnahmen kämen zwar im vorliegenden Fall in Ermangelung einer entsprechenden Einbeziehung des Sachverhalts in der angefochtenen Disziplinarverfügung und des Verbots der reformatio in peius nicht in Betracht. Unter diesen Umständen wögen bereits die positiv festgestellten Verstöße des Notars derart schwer, dass die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von weniger als 7.500 € nicht in Betracht komme.

Mit Beschluss vom 13. Februar 2017 hat das Oberlandesgericht den Tatbestand seines Urteils dahingehend berichtigt, dass der Kläger zur Urkunden-Nr. 203/13 ein Testament der Eheleute W. und I. R. beurkundet habe und nicht ein Testament der Eheleute G. und P. R. .

2. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund aus § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 64 Abs. 2 Satz 2 BDG und § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist nicht gegeben, da keine ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen. Der Zulassungsgrund setzt voraus, dass der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den Zulassungsgrund dann nicht aus, wenn solche Zweifel nicht auch die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (Senatsbeschluss vom 23. November 2015 - NotSt(Brfg) 5/15, NJW-RR 2016, 754 Rn. 5 mwN).

An diesen Grundsätzen gemessen bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

a) Die Präsidentin des Oberlandesgerichts geht in ihrer Disziplinarverfügung vom 18. Mai 2016 und in dem Widerspruchsbescheid vom 30. August 2016 wie auch das Oberlandesgericht zutreffend davon aus, dass der Kläger seine Pflichten aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 125 GNotKG vorsätzlich verletzt hat, in dem er mit den Eheleuten R. eine Pauschalgebührenvereinbarung getroffen hat, die die gesetzlichen Gebühren unterschritt. Hiergegen erhebt der Kläger mit seinem Berufungszulassungsantrag auch keine Einwände.

b) Keine Zweifel bestehen aber auch daran, dass der Kläger seine Pflichten aus § 14 Abs. 2 , 3 Satz 2 BNotO vorsätzlich verletzt hat. Der Notar hat seine Amtstätigkeit zu versagen, wenn sie mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar ist, insbesondere seine Mitwirkung bei Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden. Das gilt vor allem, wenn der Verdacht besteht, dass seine Tätigkeit der Begehung von Straftaten dienen könnte (vgl. Senatsbeschluss vom 23. November 2015 - NotSt(Brfg) 4/15, NJW-RR 2016, 251 Rn. 17 mwN). Zu Recht hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts und das Oberlandesgericht dem Kläger vorgeworfen, dass hier der Verdacht bestand, dass mit der von ihm ausgestellten Rechnung unredliche oder unerlaubte Ziele verfolgt werden, insbesondere auch die Möglichkeit bestand, dass seine Rechnung für strafbare Handlungen gebraucht würde, und dass er dies wusste. Die vom Kläger mit seinem Berufungszulassungsantrag gemachten Einwendungen bleiben dagegen erfolglos.

Mit der auf Anforderung des Urkundsbeteiligten R. ausgestellten Rechnung hat der Kläger diese Amtspflichten verletzt. Er hat damit vorsätzlich eine Handlung vorgenommen, die dem Verdacht ausgesetzt war, dass sie für strafbares Verhalten benötigt wurde.

Die Rechnung ist an die Eheleute P. und G. R. gerichtet, obwohl die dort genannte Urkundennummer (Urkunden-Nr. 203/13) eine Beurkundung für die Eheleute W. und I. R. betraf.

Daneben wird der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, es habe eine erbrechtliche Beratung hinsichtlich der Erstellung von Vertragsentwürfen stattgefunden, ohne dass es zu einer Beurkundung gekommen sei. Der Kläger selbst geht davon aus, dass eine solche abrechenbare Leistung nicht erbracht wurde, sondern die Beratungsleistung mit den jeweiligen Beurkundungen als abgegolten galt. Mit der Rechnung wurde deswegen der Anschein erweckt, es habe eine abrechenbare Leistung mit dem angegebenen Umfang tatsächlich gegeben. Des Weiteren wird der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, es sei hinsichtlich dieser abrechenbaren Leistungen zu einer Pauschalvereinbarung in Höhe von 1.000 € gekommen. Das gleiche gilt für den Zusatz, dass der Kläger bestätigte, diesen Betrag bereits erhalten zu haben. Eine Zahlung auf die Rechnung vom 4. April 2014 und die darin erbrachte Leistung und die Vereinbarung der Pauschalgebühr hat jedoch auch nach Darstellung des Klägers nie stattgefunden. Die Rechnung ist erstellt worden auf Anforderung der Eheleute R. , um Leistungen der Rechtsschutzversicherung zu erhalten, was dem Kläger bekannt war und auch in der Rechnung selbst entsprechend genannt wurde.

Unerheblich ist dabei, ob dem Urkundsbeteiligten R. tatsächlich ein Anspruch auf Zahlung seitens seiner Rechtsschutzversicherung im Hinblick auf die Beratung durch den Kläger zugestanden hat. Der Kläger beruft sich selbst nicht darauf, sondern macht geltend, dass aus seiner Sicht nach den ihn genannten Umständen, eine Kulanzzahlung seitens der Rechtsschutzversicherung erreicht werden sollte. Dies entlastet ihn nicht. Gerade der Gesichtspunkt der Kulanzzahlung rechtfertigt es nicht, eine unrichtige Rechnung zu erstellen, die geeignet ist, Fehlvorstellungen hervorzurufen und zu diesem Zweck eingesetzt zu werden. Dieser Gesichtspunkt hätte es vielmehr nahegelegt, schlicht die bereits erteilten Rechnungen für die Beurkundungen durch den Kläger vorzulegen und diese ggf. inhaltlich zu erläutern. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, der Urkundsbeteiligte R. habe nach seinen Angaben ihm gegenüber mit der DAS-Rechtsschutzversicherung gesprochen und dem dortigen Sachbearbeiter den Stand der Dinge vollständig geschildert, woraufhin dieser gebeten habe, eine gesonderte Rechnung einzureichen, belegt, dass für ihn erkennbar war, bei ihm werde eine Rechnung angefordert, die mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht in Übereinstimmung stand, um eine Zahlung durch die DAS-Rechtsschutzversicherung - und sei es aus Kulanz - zu erreichen. Die Einlassung des Klägers im Widerspruchsverfahren, er habe die Rechnung als Nachweis einer Teilleistung mit Quittung verstanden, ist mit dem Inhalt der Rechnung vom 4. April 2014 nicht vereinbar.

Die Unrichtigkeit der erstellten Rechnung sowie die dem Kläger bekannte beabsichtigte Verwendung und die offen zu Tage liegende Eignung der Rechnung zur Herbeiführung eines Irrtums bei der Rechtschutzversicherung lassen darauf schließen, dass der Kläger vorsätzlich gehandelt hat. Das wird auch dadurch deutlich, dass sich der in der Pauschalvereinbarung angegebene Betrag für die auf der Rechnung angegebene Beratung nicht an dem dafür gemachten Aufwand des Klägers, sondern an der nach den Vorstellungen der Beteiligten höchstmöglichen Versicherungsleistung von 1.000 € orientiert hat.

Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit der Disziplinarverfügung der Präsidentin des Oberlandesgerichts in Gestalt ihrer Widerspruchsentscheidung, soweit das Oberlandesgericht fehlerhaft zugrunde gelegt hat, die Gebührenrechnungen des Klägers vom 7. Januar 2014 betreffe die Eheleute G. und P. R. und nicht W. und I. R. . Den Tatbestand hat das Oberlandesgericht durch Beschluss vom 13. Februar 2017 entsprechend berichtigt. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts zu einer strafbaren Handlung der Urkundsbeteiligten und an der Beteiligung des Klägers gehen deshalb insoweit fehl. Gleichwohl ist deswegen der Berufungszulassungsantrag des Klägers nicht begründet. Auf diesen Ausführungen beruht das Urteil des Oberlandesgerichts nicht. Vielmehr hat es ausdrücklich ausgeführt, dass dieser Vorwurf nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens und damit auch nicht seiner Entscheidung ist. Es bestehen deshalb keine Wechselwirkungen mit der Annahme der vorsätzlichen Pflichtverletzung, die dem Kläger zur Last zu legen ist.

c) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die Erwägungen zum Disziplinarmaß. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts hat in ihrer Disziplinarverfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheids nicht auf ein strafrechtliches Verhalten des Klägers betreffend die Beurkundung vom 7. Januar 2014 abgestellt. Soweit das Oberlandesgericht Ausführungen hierzu macht, sind diese dahingehend, dass dann die ausgewählte Disziplinarmaßnahme und die Höhe der Geldbuße in Höhe von 7.500 € lediglich als untere Grenze anzusehen und statt dessen weitaus schwerere Disziplinarmaßnahmen in Betracht zu ziehen seien. Dies stellt jedoch die Erwägungen zur Angemessenheit der Geldbuße durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts im Widerspruchsbescheid nicht in Frage. Das Oberlandesgericht hat im Urteil entscheidend darauf abgestellt, dass zentrale Pflichten des Notars verletzt wurden. Insbesondere im Hinblick auf die Rechnungsstellung vom 4. April 2014 hat es hervorgehoben, dass dem Kläger bewusst war, dass er sich durch die schriftliche Bestätigung eines unzutreffenden (Gebühren-)Sachverhalts zum Werkzeug eines möglichen Betrugs zu Lasten der Versicherung machen werde, wobei offenbleiben kann, ob tatsächlich ein Schaden bei der Rechtsschutzversicherung eingetreten ist.

Trotz der bisherigen Unbescholtenheit des Klägers und seiner persönlichen sonstigen Verhältnisse ist deshalb die Verhängung der Geldbuße in Höhe von 7.500 € durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts nicht zu beanstanden.

3. Die Kostenentscheidung ergibt aus § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 77 Abs. 1 BDG , § 154 Abs. 2 VwGO . Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 78 BDG , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OLG Celle, vom 08.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen Not 10/16
Fundstellen
FamRZ 2017, 1888
MDR 2017, 1151