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BGH - Entscheidung vom 27.01.2017

1 StR 532/16

Normen:
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 20
StGB § 239a Abs. 4 S. 1
StGB § 239b Abs. 2

Fundstellen:
NStZ-RR 2017, 176
StV 2019, 101

BGH, Beschluss vom 27.01.2017 - Aktenzeichen 1 StR 532/16

DRsp Nr. 2017/3836

Revisionsgerichtliche Überprüfung der Verurteilung wegen Geiselnahme in Tateinheit mit Bedrohung; Funktionaler und zeitlicher Zusammenhang zwischen der Bemächtigungslage und der beabsichtigten Nötigung; Bewertung der Schwere einer Persönlichkeitsstörung

Für eine Verurteilung wegen Geiselnahme in Tateinheit mit Bedrohung müssen die Urteilsgründe belegen, dass der Angeklagte sich der Geschädigten bemächtigt hatte, um die von ihm geschaffene Lage zu einer Nötigung auszunutzen. Zwischen der Bemächtigungslage und der beabsichtigten Nötigung muss ein funktionaler und zeitlicher Zusammenhang in der Weise bestehen, dass der Täter das Opfer während der Dauer der Zwangslage nötigen will und die abgenötigte Handlung während der Dauer der Zwangslage vorgenommen werden soll.

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 18. Juli 2016 mit den Feststellungen aufgehoben,

a)

soweit der Angeklagte wegen Geiselnahme in Tateinheit mit Bedrohung verurteilt worden ist (Tat 5. der Urteilsgründe), hiervon ausgenommen sind die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, die bestehen bleiben,

b)

im gesamten Strafausspruch.

2.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3.

Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Normenkette:

StPO § 349 Abs. 2 ; StPO § 349 Abs. 4 ; StGB § 20 ; StGB § 239a Abs. 4 S. 1; StGB § 239b Abs. 2 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung, Vergewaltigung, Geiselnahme in Tateinheit mit Bedrohung sowie Bedrohung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung von Verfahrensrecht und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg, ist aber im Übrigen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO ).

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

1. Der Angeklagte und die Geschädigte K. begannen in der Silvesternacht 2015/2016 eine Liebesbeziehung. Nachdem es zwischen ihnen zahlreiche Male zum Geschlechtsverkehr gekommen war, wollte die Geschädigte in den frühen Morgenstunden des 3. Januar 2016 wegen Schmerzen keinen weiteren Vaginalverkehr mehr. Dies wollte der Angeklagte nicht hinnehmen, beleidigte die Geschädigte und beschloss seinen diesbezüglichen Willen mit Gewalt durchzusetzen. Er legte sich auf die Geschädigte, hielt ihre Arme fest und drückte ihre Beine auseinander, um sodann den ungeschützten Vaginalverkehr mit ihr zu vollziehen. Sowohl den entgegenstehenden Willen als auch ihre ersichtlichen Schmerzen ignorierend, äußerte er, er wisse, dass es wehtue, aber er müsse sie "so rannehmen". Anschließend setzte er sich mit seinen Beinen auf ihre Oberarme und würgte sie mit beiden Händen. Er forderte von ihr die Durchführung des Oralverkehrs. Auf ihre Bitten aufzuhören, ließ er von ihr ab.

2. Nach dem Geschehen umwarb der Angeklagte die Geschädigte und gelobte inständig, sich zu bessern. Die Geschädigte ging hierauf ein und beide setzten die Beziehung fort. Der Angeklagte reagierte zunehmend eifersüchtig auf Kontakte der Geschädigten zu anderen Männern. Als sie am 13. Januar 2016 einen Anruf erhielt, riss der Angeklagte ihr das Telefon aus der Hand. Er stieß sie auf die Couch, warf sich mit seinem ganzen Körpergewicht auf sie und zog sie aus. Die Geschädigte wehrte sich durch Tritte dagegen, konnte aber gegen die körperliche Übermacht des Angeklagten nichts ausrichten. Er ergriff ihre Arme, drückte mit seinen Beinen ihre Beine auseinander und führte sein Glied in ihre Scheide ein. Sie bat ihn, damit aufzuhören. Da ihn ihr Flehen störte, ergriff er ein neben der Couch liegendes Küchenmesser und drückte es ihr an den Hals. Er sagte zu ihr, sie wolle "das" doch auch, sie liebe ihn und wolle mit ihm zwei Kinder, deren Namen er nannte. Er drückte ihr die Klingenspitze gegen die Wange und drohte, er werde ihr "Gesicht kaputt schneiden", damit sie nur noch bei ihm bleibe.

3. Am Abend dieses Tages geriet der Angeklagte mit der Geschädigten wegen des Geschehens zu 2. in Streit. Sie erklärte ihm, ein solches Verhalten nicht mehr hinnehmen zu wollen. Er holte daraufhin ein Tapeziermesser und hielt es der Geschädigten vor das Gesicht. Hierbei schrie er, er werde sie umbringen und sodann sich selbst töten. Sodann versetzte er ihr fünf Schläge mit seinem Ledergürtel.

4. In den folgenden Tagen bemühte sich der Angeklagte intensiv um die Geschädigte und gelobte Besserung. Er bat sie flehentlich, ihn nicht allein zu lassen. Als die Geschädigte mit ihren Freundinnen am 23. Januar 2016 einen Ausflug nach Würzburg unternehmen wollte, drängte er sich mit in das Fahrzeug. Da er Angst hatte, dass sich die Geschädigte mit anderen Männern treffen werde, war er verärgert, als die Geschädigte ihm in Würzburg entkommen war. Auf der Rückfahrt saß er neben der Geschädigten auf dem Rücksitz und flüsterte ihr zu, er habe ein Messer dabei, damit werde er ihr Gesicht aufschlitzen. An einem Halt zerrte er sie aus dem Auto, hielt ihr das Messer an den Hals und vor ihr Gesicht, um seine Ankündigung zu unterstreichen. Er beschimpfte sie, ließ aber schließlich von ihr ab, als die Freundinnen drohten, die Polizei zu rufen und ein Passant dazwischentrat.

5. In den folgenden Tagen söhnte sich die Geschädigte mit dem Angeklagten aus und setzte die Beziehung mit ihm gegen den Rat ihrer Eltern fort. Darüber war ihre Mutter sehr verärgert und verwies sie der von der Geschädigten bewohnten Wohnung. Daraufhin beschloss die Geschädigte vorübergehend bei dem Angeklagten zu übernachten. Zwei Tage später erzählte sie ihm von ihrem Plan, zu ihrer Freundin nach Frankfurt zu ziehen und sich sodann dort eine eigene Wohnung zu suchen. Der Angeklagte befürchtete, seinen Einfluss auf die Geschädigte zu verlieren und verbot ihr den Umzug. Die Geschädigte schloss sich aus Angst vor Übergriffen im Bad ein. Der Angeklagte verließ kurz die Wohnung, schloss bei seiner Rückkehr von ihr unbemerkt die Wohnungstür von innen ab und nahm den Schlüssel an sich, um die vollständige Herrschaft über die Geschädigte zu erlangen. Deswegen hatte er nunmehr auch eine Pistole bei sich. Er wollte ihr damit drohen, damit sie unter dem Eindruck der Drohung, ihren Plan nach Frankfurt zu ziehen, aufgibt. Auf seine Aufforderung öffnete sie die Badezimmertür, er richtete die Waffe auf sie und sagte, er bringe sie jetzt um. Er drückte ihr die Pistole an verschiedene Stellen des Kopfes, um seine Macht über sie auszukosten. Er gab mit der Pistole zweimal einen Schuss ab. Als die Geschädigte fliehen wollte, bemerkte sie die verschlossene Wohnungstür. Der Angeklagte schrie, er werde sie nicht gehen lassen. Als die Geschädigte überlegte, ob sie aus dem Fenster springen sollte, zog er sie vom Fenster weg, hielt ihr die Pistole vor das Gesicht und schrie: "Friedhof oder Frankfurt?". Er wusste, dass ihm die Geschädigte hilflos ausgeliefert war und wollte dies nutzen, damit sie von ihren Umzugsplänen Abstand nimmt. Er rief eine Bekannte von ihm an, um diese um die Vermittlung einer Wohnung zu bitten. Sodann brachte er die Geschädigte durch die vorgehaltene Pistole dazu, dieser Bekannten gegenüber am Telefon zu bestätigen, mit dem Angeklagten zusammen sein und eine gemeinsame Wohnung mit ihm haben zu wollen. Anschließend zog er sie in das Schlafzimmer, stieß sie auf das Bett und versetzte ihr mit seiner beringten Faust einen Schlag in das Gesicht. Als die Geschädigte schrie, ließ er von ihr ab und öffnete nach etwa 45 Minuten die Wohnungstür.

II.

1. Den Verfahrensrügen bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift aufgezeigten Gründen der Erfolg versagt.

2. Während der Schuldspruch wegen besonders schwerer Vergewaltigung (Tat 2.), Vergewaltigung (Tat 1.) und Bedrohung in zwei Fällen (Taten 3. und 4.) keinen Rechtsfehler aufzeigt, kann die Verurteilung wegen Geiselnahme in Tateinheit mit Bedrohung (Tat 5.) keinen Bestand haben.

Zutreffend ist das Landgericht zwar davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte der Geschädigten bemächtigt und sie mit dem Tode bedroht hatte. Die Urteilsgründe belegen jedoch nicht, dass der Angeklagte sich der Geschädigten bemächtigt hatte, um die von ihm geschaffene Lage zu einer Nötigung auszunutzen. Zwischen der Bemächtigungslage und der beabsichtigten Nötigung muss ein funktionaler und zeitlicher Zusammenhang in der Weise bestehen, dass der Täter das Opfer während der Dauer der Zwangslage nötigen will und die abgenötigte Handlung während der Dauer der Zwangslage vorgenommen werden soll (BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - 1 StR 444/14, StV 2015, 765 mwN; Beschluss vom 12. September 2013 - 2 StR 236/13, BGHR StGB § 239b Nötigungserfolg 2). Soweit der Angeklagte also die Absicht verfolgte, die Zeugin durch die Bemächtigungssituation und die qualifizierte Drohung dazu zu bestimmen, erst nach Beendigung der Zwangslage ihre Umzugspläne aufzugeben, wäre der Tatbestand nicht erfüllt.

Ob der erforderliche funktionale Zusammenhang angenommen werden könnte, weil der Angeklagte nach seiner Vorstellung mit dem während der Bemächtigungslage erzwungenen Telefonat der Geschädigten einen Teilerfolg erreichen wollte, der mit Blick auf das erstrebte Endziel vorbereitend wirken sollte (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 12. Februar 2015 - 1 StR 444/14, StV 2015, 765 und vom 20. September 2005 - 1 StR 86/05, NStZ 2006, 36 ), lässt sich dem Urteil nicht hinreichend sicher entnehmen. Es fehlt an tragfähigen Feststellungen dazu, ob das telefonische Bekenntnis zu Plänen für eine gemeinsame Wohnung nach der Vorstellung des Angeklagten eine eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Endzwecks darstellen sollte (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 20. September 2005 - 1 StR 86/05, NStZ 2006, 36 und vom 14. Januar 1997 - 1 StR 507/96, BGHR StGB § 239b Nötigungserfolg 1; Beschluss vom 2. Oktober 1996 - 3 StR 378/96, BGHR StGB § 239b Entführen 4). Das Landgericht stellt - tragfähig belegt durch die Äußerung "Friedhof oder Frankfurt" - mehrfach darauf ab, dass der Angeklagte von der Geschädigten die Aufgabe der Umzugspläne, mithin ein auf die Zukunft bezogenes Unterlassen erreichen wollte. Hierzu passt auch, dass es die Voraussetzungen des § 239b Abs. 2 , § 239a Abs. 4 Satz 1 StGB , mithin einen Verzicht auf die erstrebte Leistung angenommen hat. Ob der Angeklagte in dem Bekenntnis der Geschädigten gegenüber seiner Bekannten, nämlich mit dem Angeklagten zusammen sein und eine gemeinsame Wohnung mit ihm haben zu wollen, eine eigenständig bedeutsame Vorstufe mit einer gesteigerten Verbindlichkeit für dieses Ziel gesehen hat, hat das Landgericht weder erwogen noch lässt es sich aus dem Gesamtzusammenhang entnehmen. Dagegen spricht bereits die Annahme der Voraussetzungen des § 239b Abs. 2 , § 239a Abs. 4 Satz 1 StGB . Allein durch die - zudem beweiswürdigend nicht unterlegte - Feststellung, der Angeklagte habe dies getan, um "sicher zu erreichen, dass K. ihre Umzugspläne aufgibt", wird dies nicht tragfähig belegt. Denn es versteht sich nicht von selbst, dass der Angeklagte davon ausging, durch die Bekräftigung der Pläne für eine gemeinsame Wohnung gegenüber seiner Bekannten, würde sich die Geschädigte verlässlich gebunden fühlen.

Dies führt zur Aufhebung des gesamten Schuldspruchs hinsichtlich Tat 5. der Urteilsgründe; erfasst wird auch die - konkurrenzrechtlich ohnehin im Hinblick auf den Einsatz der Todesdrohungen zur Erreichung des Endzieles bedenkliche (vgl. BGH, Urteil vom 7. August 2003 - 3 StR 137/03, BGHSt 48, 322 ) - tateinheitliche Verurteilung wegen Bedrohung. Der Aufhebung von Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen bedurfte es nicht, da diese rechtsfehlerfrei getroffen sind.

3. Der gesamte Strafausspruch hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Denn die Ausführungen, mit denen das Landgericht die Annahme voller Schuldfähigkeit begründet hat, sind nicht rechtsfehlerfrei.

a) Sachverständig beraten ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte an einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ mit deutlichen Borderline-Zügen leide, die den Schweregrad des Eingangsmerkmals der schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB erfülle. Die Störung zeige sich in der Neigung zu impulsivem Handeln ohne die Folgen des Handelns in den Blick zu nehmen und Verlassensängsten. Insbesondere bei affektiven Einbrüchen komme es zu einer defizitären Impulskontrolle. Zudem liege eine posttraumatische Belastungsstörung vor. Trotz des Vorliegens des Eingangsmerkmals sei die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei den Taten nicht beeinträchtigt gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich der Tatzeitraum über einen Monat hingezogen habe und der Angeklagte während dieses Zeitraums zu einem geregelten Alltagsleben in der Lage gewesen sei. Unbeeinflusst von akuten Erregungsmomenten habe ausreichend Zeit zur Reflexion bestanden; schließlich sei es ihm auch immer wieder gelungen, sich in diesem Zeitraum gegenüber der Geschädigten fürsorglich zu zeigen und keine Gewalt auszuüben.

b) Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

aa) Indem das Landgericht - dem Sachverständigen folgend - eine Störung angenommen hat, deren Schweregrad ausreichend ist, um sie unter das Eingangsmerkmal schwere andere seelische Abartigkeit des § 20 StGB zu fassen, musste es davon ausgehen, dass die Störung Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Angeklagten vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen wie krankhafte seelische Störungen (vgl. hierzu nur BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2015 - 4 StR 498/14, NStZ-RR 2015, 137 und vom 21. September 2004 - 3 StR 333/04, NStZ 2005, 326 , 327; Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45 , 52 f.; Beschluss vom 21. Oktober 1998 - 3 StR 416/98, NStZ-RR 1999, 136 mwN). Denn für die Bewertung der Schwere der Persönlichkeitsstörung ist es maßgebend, ob es im Alltag außerhalb des angeklagten Deliktes zu Einschränkungen des beruflichen und sozialen Handlungsvermögens gekommen ist (BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45 , 52 f. mwN).

Angesichts dessen, dass die Einschränkungen durch die Persönlichkeitsstörung einerseits schwer genug sein sollen, um zur Annahme eines Eingangsmerkmals im Sinne der §§ 20 , 21 StGB zu führen, kommt der - hiermit zudem in einem unaufgelösten Spannungsverhältnis stehenden - Erwägung, der Angeklagte sei zu einem geregelten Alltagsleben in der Lage gewesen, keine relevante Aussagekraft zu.

bb) Zudem lassen die mehrmaligen Bezugnahmen auf den Zeitraum eines Monats besorgen, dass das Landgericht für die Frage, ob die festgestellte schwere andere seelische Abartigkeit zu einer relevanten Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit geführt hat, den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung verfehlt hat. Maßgebend für die Beurteilung der Schuldfähigkeit ist die Begehung der Tat (§ 20 StGB ), bei aktivem Tun mithin die Zeit, zu welcher der Täter gehandelt hat (§ 8 Satz 1 StGB ; vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. Juni 2015 - 4 StR 196/15, NStZ-RR 2015, 275 ). Danach war hier auf die jeweilige Tathandlung, die nicht mehr als eine Stunde betragen hat, abzustellen und nicht auf den gesamten Zeitraum, in dem der Angeklagte verschiedene Delikte begangen hat. Ob der Angeklagte in den Zeiträumen zwischen den Taten zu fürsorglichem Handeln und Unrechtsreflektion in der Lage war, kommt daher keine maßgebliche Bedeutung zu.

cc) Eine Erörterung, ob sich die Symptome der den Grad einer schweren anderen seelischen Abartigkeit erreichenden Persönlichkeitsstörung, nämlich eine defizitäre Impulskontrolle bei affektiven Einbrüchen und Verlassensängsten, bei den jeweiligen Tatbegehungen ausgewirkt haben könnten, lässt sich dem Urteil hingegen nicht entnehmen. Hierzu hätte aber insbesondere deswegen Anlass bestanden, da diese Taten ausweislich der Feststellungen durch impulsives Verhalten und Verlassensängste beeinflusst waren.

c) Der Rechtsfehler lässt den verbleibenden Schuldspruch unberührt, der Senat kann ausschließen, dass die Schuldfähigkeit bei Begehung der Taten vollständig aufgehoben war. Er führt aber zur Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugrunde liegenden Feststellungen. Die Sache bedarf auch insoweit - naheliegender Weise unter Heranziehung eines anderen Sachverständigen - neuer Verhandlung und Entscheidung.

Vorinstanz: LG Mosbach, vom 18.07.2016
Fundstellen
NStZ-RR 2017, 176
StV 2019, 101