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BGH - Entscheidung vom 08.03.2017

XII ZB 471/16

Normen:
BGB § 1379 Abs. 1
JVEG § 20

Fundstellen:
FamRZ 2017, 982

BGH, Beschluss vom 08.03.2017 - Aktenzeichen XII ZB 471/16

DRsp Nr. 2017/4579

Bemessung des Werts der Beschwer eines Rechtsmittels gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung wegen Zugewinnausgleichs

Der Wert der Beschwer eines Rechtsmittels gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung richtet sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden Zeitaufwands ist grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Familiensenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 26. September 2016 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.

Wert: bis 500 €

Normenkette:

BGB § 1379 Abs. 1 ; JVEG § 20 ;

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) nimmt ihren getrennt lebenden Ehemann, den Antragsteller, im Scheidungsverbundverfahren im Wege eines Stufenantrags auf Zugewinnausgleich in Anspruch. Das Familiengericht hat den Antragsteller durch Teil-Beschluss verpflichtet, ihr näher spezifizierte Auskunft über sein Anfangsvermögen, sein Vermögen zum Trennungszeitpunkt und sein Endvermögen zu erteilen und dieses auf näher bestimmte Weise zu belegen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Ehemanns verworfen; hiergegen richtet sich dessen Rechtsbeschwerde.

II.

Die gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG , 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern, § 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO .

1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Beschwerde des Antragstellers unzulässig sei, da die Mindestbeschwer von mehr als 600 € nicht erreicht sei. Abzustellen sei auf den Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erteilung der Auskunft und die Erfüllung der Belegpflicht erforderten. Der Zeitaufwand für das Heraussuchen, Kopieren und Zusammenstellen der in die Vermögensverzeichnisse einzustellenden Daten sei mit nicht mehr als 50 Stunden einzuschätzen. Zur Bewertung des Zeitaufwands sei auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde. Gemäß § 20 JVEG sei hier ein Stundensatz von 3,50 € anzusetzen, so dass sich daraus eine Beschwer von bis zu 175 € ergebe. Hinzuzurechnen seien Kopierkosten und gegebenenfalls Bankgebühren, die insgesamt 100 € nicht überstiegen.

2. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit der Rechtsprechung desSenats.

a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass sich der Wert der Beschwer eines Rechtsmittels gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht nach dem - mit dem Auskunftsanspruch vorbereiteten beabsichtigten Leistungsanspruch bemisst, sondern nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Grundsätzlich ist dafür auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Juli 2016 - XII ZB 53/16 - FamRZ 2016, 1681 Rn. 6; vom 22. Januar 2014 - XII ZB 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 6 mwN und vom 14. Februar 2007 - XII ZB 150/05 - FamRZ 2007, 711 Rn. 6 mwN).

Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei der Bemessung der Beschwer eingeräumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Beschwerdegericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschluss vom 27. Juli 2016 - XII ZB 53/16 - FamRZ 2016, 1681 Rn. 7 mwN).

b) Derartige Ermessenfehler liegen hier nicht vor.

Zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden Zeitaufwands ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Der Auskunftspflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht möglich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (Senatsbeschluss vom 27. April 2016 - XII ZB 527/15 - FamRZ 2016, 1154 Rn. 9 mwN).

Dies ist dem Antragsteller nicht gelungen. Er hat keine Gründe vorgetragen, die ihn an einer Erledigung der Arbeiten während seiner Freizeit hinderten. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragssteller die vom Oberlandesgericht angesetzten maximal 50 Stunden zur Erfüllung des Auskunftsverlangens nicht in seiner Freizeit aufbringen kann, sind nicht ersichtlich. Daher ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht den Zeitaufwand des Antragstellers entsprechend den Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes ( JVEG ) über die Entschädigung von Zeugen bewertet und dabei auf den in § 20 JVEG festgelegten Stundensatz von 3,50 € zurückgegriffen hat.

Auch wenn die Auskunftserteilung Angaben zu der vom Antragsteller betriebenen Rechtsanwaltskanzlei erfordert, ist für die Ermittlung der Beschwer grundsätzlich nicht auf die Kosten eines Rechtsanwalts abzustellen. Denn die auf einer besonderen familienrechtlichen Beziehung beruhende Auskunftspflicht nach § 1379 Abs. 1 BGB ist persönlicher Natur und die Erfüllung mit berufstypischen Leistungen, z.B. eines Rechtsanwalts gegenüber Dritten, nicht vergleichbar. Daher wäre es nicht gerechtfertigt, die Bewertung danach auszurichten, welche Vergütung ein Dritter hierfür fordern könnte (vgl. Senatsbeschluss vom 11. März 2015 - XII ZB 317/14 - FamRZ 2015, 838 Rn. 14).

c) Es kann dahinstehen, ob - wie die Rechtsbeschwerde meint - die Verpflichtung zur Auskunftserteilung mangels hinreichender Bestimmtheit insoweit nicht vollstreckungsfähig ist, als insbesondere "Angaben zu der betriebenen Anwaltskanzlei" gefordert sind. Denn soweit sich dadurch die Beschwer des Antragstellers um die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten erhöht (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Mai 2016 - XII ZB 12/16 - FamRZ 2016, 1448 Rn. 16, 19 mwN), beträgt dieser Mehraufwand nach eigenen Angaben der Rechtsbeschwerde lediglich 181,80 € und erreicht somit auch unter Hinzurechnung des vom Oberlandesgericht bereits festgestellten Aufwands nicht die nach § 61 Abs. 1 FamFG geforderte Mindestbeschwer von mehr als 600 €.

Vorinstanz: AG Greifswald, vom 20.04.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 61 F 165/15
Vorinstanz: OLG Rostock, vom 26.09.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 11 UF 93/16
Fundstellen
FamRZ 2017, 982