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BFH - Entscheidung vom 18.05.2017

VI R 81/14

Normen:
§ 33 Abs 2 S 4 EStG 2009 vom 26.06.2013
EStG VZ 2013
EStG § 33 Abs. 2 S. 4

BFH, Urteil vom 18.05.2017 - Aktenzeichen VI R 81/14

DRsp Nr. 2017/14186

Abzugsfähigkeit der Kosten eines Scheidungsverfahrens als außergewöhnliche Belastungen

NV: Scheidungskosten sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG . Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse.

Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein Scheidungsprozess als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG ist gem. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG ausgeschlossen, da die Aufwendungen für das Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung der Existenzgrundlage und der lebensnotwendigen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen entstehen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 21. November 2014 4 K 1829/14 E aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Normenkette:

EStG § 33 Abs. 2 S. 4;

Gründe

I. Streitig ist die Abziehbarkeit von Scheidungskosten nach der Änderung des § 33 des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl I 2013, 1809 ).

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erzielte im Streitjahr (2013) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie u.a. Krankheitskosten, Scheidungs- und Scheidungsfolgekosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) erkannte lediglich die Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen an, die sich wegen der zumutbaren Belastung jedoch nicht auswirkten. Die Scheidungskosten berücksichtigte er nicht und verwies auf die ab 2013 geltende Gesetzesänderung zum Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte aus den in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 221 veröffentlichten Gründen insoweit Erfolg, als das Finanzgericht (FG) Scheidungskosten in Höhe von 1.000 € als außergewöhnliche Belastungen anerkannte.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt,

das Urteil des FG Münster vom 21. November 2014 4 K 1829/14 E aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin hat keinen Antrag gestellt.

II. Die Revision des FA ist begründet. Das FG hat die Scheidungskosten zu Unrecht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.

Ob Aufwendungen für einen Scheidungsprozess noch als außergewöhnlich i.S. des § 33 EStG anzusehen sind (ablehnend Niedersächsisches FG, Urteil vom 18. Februar 2015 3 K 297/14, EFG 2015, 725 ), kann offenbleiben. Denn sie sind jedenfalls nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG für einen Abzug von Prozesskosten liegen nicht vor.

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG ). Nach § 33 Abs. 2 EStG erwachsen Aufwendungen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG ).

2. Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

a) § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG trat mit Wirkung vom 30. Juni 2013 in Kraft und ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 —mithin für das Streitjahr— anzuwenden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG).

b) Scheidungskosten sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG . Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf sein Urteil vom 18. Mai 2017 VI R 9/16 (Deutsches Steuerrecht 2017, 1808 ) Bezug.

3. Im Streitfall ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin Gefahr gelaufen wäre, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, hätte sie das Scheidungsverfahren nicht geführt. Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG für eine Abziehbarkeit von Prozesskosten lagen mithin nicht vor.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung .

Vorinstanz: Finanzgericht Münster, vom 21.11.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 4 K 1829/14