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BFH - Entscheidung vom 18.05.2017

VI R 19/15

Normen:
§ 33 Abs 2 S 4 EStG 2009 vom 26.06.2013
EStG VZ 2013
EStG § 33 Abs. 2 S. 4

BFH, Urteil vom 18.05.2017 - Aktenzeichen VI R 19/15

DRsp Nr. 2017/14184

Abzugsfähigkeit der Kosten eines Scheidungsverfahrens als außergewöhnliche Belastungen

NV: Scheidungskosten sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG . Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse.

Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein Scheidungsprozess als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG ist gem. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG ausgeschlossen, da die Aufwendungen für das Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung der Existenzgrundlage und der lebensnotwendigen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen entstehen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 18. Februar 2015 3 K 297/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Normenkette:

EStG § 33 Abs. 2 S. 4;

Gründe

I. Streitig ist die Abziehbarkeit von Scheidungskosten nach der Änderung des § 33 des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl I 2013, 1809 ).

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Streitjahr (2013) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er wurde im Dezember 2012 geschieden. Für das Scheidungsverfahren hatte das Amtsgericht dem Kläger Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Er musste die Rechtsanwalts- und Gerichtskosten in Höhe von insgesamt 4.827,92 € vollständig —allerdings aufgrund der bewilligten Verfahrenskostenhilfe in rund 19 monatlichen Raten à 250 € und eines Restbetrags— entrichten. Im Streitjahr bezahlte er 12 Raten an die Gerichtskasse. Im Scheidungsverbundverfahren wurden neben der Scheidung auch der Versorgungsausgleich, das Sorgerecht für die Kinder und der Unterhalt geregelt.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) lehnte eine Berücksichtigung der Aufwendungen unter Hinweis auf die inzwischen erfolgte Änderung des § 33 EStG durch das AmtshilfeRLUmsG ab. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 725 veröffentlichten Gründen ab.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen FG vom 18. Februar 2015 3 K 297/14 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 18. Juni 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2014 dahingehend zu ändern, dass die Kosten der Ehescheidung in Höhe von 873 € als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat die Scheidungskosten zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.

Ob Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren noch als außergewöhnlich i.S. des § 33 Abs. 1 EStG anzusehen sind, kann offenbleiben. Denn sie sind jedenfalls nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG für einen Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen liegen nicht vor.

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG ). Nach § 33 Abs. 2 EStG erwachsen Aufwendungen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG ).

2. Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

a) § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG trat mit Wirkung vom 30. Juni 2013 in Kraft und ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 —mithin für das Streitjahr— anzuwenden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG).

b) Scheidungskosten sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG . Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf sein Urteil vom 18. Mai 2017 VI R 9/16 (Deutsches Steuerrecht 2017, 1808 ) Bezug.

3. Im Streitfall ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger Gefahr gelaufen wäre, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, hätte er das Scheidungsverfahren nicht geführt. Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG für eine Abziehbarkeit von Prozesskosten lagen mithin nicht vor.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: FG Niedersachsen, vom 18.02.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 297/14