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BFH - Entscheidung vom 12.03.2015

III R 48/13

Normen:
InvZulG 2007 § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
EGEmpf 361/2003 Anh. 1 Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a, Abs. 3 Unterabs. 2

Fundstellen:
BFHE 249, 565

BFH, Urteil vom 12.03.2015 - Aktenzeichen III R 48/13

DRsp Nr. 2015/10101

Auslegung der Begriffsdefinition für kleinere und mittlere Unternehmen in § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 InvZulG 2007 Bemessungsgrenze für Investitionszulagen bei verbundenen Unternehmen

1. Die in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 2007 verwendete Begriffsdefinition für KMU ist europarechtlich zu interpretieren (Bestätigung des Senatsurteils vom 3. Juli 2014 III R 30/11, BFHE 246, 477 , BStBl II 2015, 157 ). 2. Für die Auslegung des in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a des Anhangs der KMU-Empfehlung vom 6. Mai 2003 verwendeten Begriffes der Risikokapitalgesellschaft ist im Einklang mit dem europarechtlichen Verständnis des Tatbestandsmerkmals der KMU auf die Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in KMU (ABlEU C 194/2 vom 18. August 2006) abzustellen. 3. Der Begriff des Risikokapitals erfordert in positiver Hinsicht besonders riskante Investitionen in einer frühen Wachstumsphase des Unternehmens (sog. Seed-, Start-up- und Expansionsphase) und grenzt sich in negativer Hinsicht ab von dem Erwerb einer zumindest beherrschenden Beteiligung an einem Unternehmen durch Übernahme von Aktiva oder Geschäftsteilen von den bisherigen Anteilseignern durch Verhandlungen oder im Wege eines Übernahmeangebots (sog. Buy-out).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 15. August 2013 1 K 1603/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Normenkette:

InvZulG 2007 § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ; EGEmpf 361/2003 Anh. 1 Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a, Abs. 3 Unterabs. 2;

Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im April 2002 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Mit Beschluss vom Juli 2007 wurde das vollständig von der Y gehaltene Stammkapital der Klägerin im Wege der Barkapitalerhöhung von 25.000 € auf 5 Mio. € erhöht. Mit notariellem Unternehmenskaufvertrag vom August 2007 erwarb die Klägerin den gesamten Geschäftsbetrieb der 1993 gegründeten X. Zugleich änderte die Klägerin ihre Firma sowie ihren Gegenstand entsprechend. Daneben wurde der Anteil der Y am Stammkapital der Klägerin auf 90 % (4,5 Mio. €) reduziert, indem Y dem B einen Geschäftsanteil in Höhe von 10 % des Stammkapitals übertrug. B hatte dem bisherigen Management der X angehört und sollte für einen Übergangszeitraum als Geschäftsführer tätig werden. Die Klägerin hatte in der Folge 215 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von ca. 32,62 Mio. €.

Die Y ist auf dem Gebiet der Eigenkapitalfinanzierung nicht börsennotierter mittelständischer Unternehmen tätig und war zum damaligen Zeitpunkt an ca. 25 Unternehmen mit unterschiedlicher Ausrichtung beteiligt. Gesellschafter der Y sind die A–Bank, die B–AG, die C–GmbH, die D–Bank und die E–Bank. Gegenstand des Unternehmens laut Handelsregister ist vorbehaltlich abweichender Vorschriften des zweiten Abschnitts des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG) ausschließlich der Erwerb, das Halten, die Verwaltung und die Veräußerung von Wagniskapitalbeteiligungen.

Die Klägerin beantragte für verschiedene betriebliche Investitionen in Höhe von ... €, die der quantitativen, qualitativen und sortimentsseitigen Erweiterung der Produktionskapazitäten dienten, die Gewährung einer Investitionszulage in Höhe von 12,5 % für das Kalenderjahr 2008. Im Zuge der Durchführung einer betriebsnahen Veranlagung begehrte die Klägerin den erhöhten Fördersatz von 25 %.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) ging dagegen davon aus, dass die Bemessungsgrundlage nur einen Betrag in Höhe von ... € umfasse. Ferner stufte das FA die Klägerin und die Y als verbundene Unternehmen ein und ging daher davon aus, dass die Klägerin die Grenzwerte für die Einordnung als kleines und mittleres Unternehmen (KMU) überschreite. Mit Bescheid vom 9. Oktober 2009 setzte es die Investitionszulage auf ... € (= ... € x 12,5 %) fest. Den dagegen gerichteten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 3. September 2010 als unbegründet zurück.

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage als unbegründet ab.

Mit der dagegen erhobenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt, das angegriffene FG-Urteil aufzuheben und die Investitionszulage unter Abänderung des Bescheids vom 9. Oktober 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. September 2010 auf ... € heraufzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Klägerin lediglich einen Anspruch auf Investitionszulage in Höhe der vom FA im angefochtenen Investitionszulagenbescheid festgesetzten Grundzulage von 12,5 % nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Investitionszulagengesetzes ( InvZulG 2007) hat.

1. Die Auslegung der in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 2007 als Voraussetzung des Anspruchs auf eine erhöhte Investitionszulage verwendeten KMU–Definition erfolgt nach einem aus europarechtlichen Maßstäben gewonnenen Begriffsverständnis.

a) Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 2007 erhöht sich die Investitionszulage für den Teil der Bemessungsgrundlage, der auf Investitionen i.S. des § 2 Abs. 1 InvZulG 2007 entfällt, wenn die beweglichen Wirtschaftsgüter während des Bindungszeitraums in einem begünstigten Betrieb verbleiben, der im Zeitpunkt des Beginns des Erstinvestitionsvorhabens zusätzlich die Begriffsdefinition für KMU im Sinne der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 (Amtsblatt der Europäischen Union —ABlEU— 2003 Nr. L 124, S. 36) erfüllt, auf 25 % der Bemessungsgrundlage.

Bei dem InvZulG 2007 handelt es sich um eine Beihilfe, die hinsichtlich der Erstinvestitionsvorhaben, die vor dem Jahr 2007 eingeleitet wurden, am 6. Dezember 2006 entsprechend Art. 88 Abs. 3 EG–Vertrag ( EGV ) durch die Europäische Kommission genehmigt wurde (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen —BMF— vom 8. Mai 2008, BStBl I 2008, 590 , Rz 197, BGBl I 2006, 3404 ). Für nach dem 31. Dezember 2006 begonnene Erstinvestitionsvorhaben findet die Verordnung (EG) Nr. 1628/2006 der Kommission vom 24. Oktober 2006 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EGV auf regionale Investitionsbeihilfen der Mitgliedstaaten (ABlEU 2006 Nr. L 302, S. 29) Anwendung. Damit gilt das InvZulG 2007 seit 2007 gemäß Art. 87 Abs. 3 EGV als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und ist von der Anmeldepflicht nach Art. 88 Abs. 3 EGV freigestellt (BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 590 , Rz 198).

b) Die Definition der KMU ist europarechtlich zu interpretieren. Dies hat der Senat im Anschluss an das auf sein Vorabentscheidungsersuchen ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) HaTeFo vom 27. Februar 2014 C–110/13 (EU:C:2014:114) bereits zu der dem § 5 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 2007 vergleichbaren Vorgängervorschrift des § 2 Abs. 7 Satz 1 InvZulG 2005 entschieden (vgl. zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 3. Juli 2014 III R 30/11, BFHE 246, 477 , BStBl II 2015, 157 , Rz 25). Insoweit hat der EuGH ausgeführt, dass die KMU–Empfehlung unter Berücksichtigung der Gründe auszulegen ist, die zu ihrem Erlass geführt haben (vgl. entsprechend EuGH-Urteil Italien/Kommission vom 29. April 2004 C–91/01, EU:C:2004:244, Rz 49). Er hat dabei auf die Erwägungsgründe 9 und 12 der KMU–Empfehlung abgestellt, wonach die Definition der verbundenen Unternehmen dazu dient, die wirtschaftliche Realität der KMU besser zu erfassen und aus dieser Kategorie die Unternehmensgruppen auszuklammern, die über eine stärkere Wirtschaftskraft als ein KMU verfügen, damit der Nutzen der verschiedenen Regelungen oder Maßnahmen zur Förderung der KMU nur Unternehmen zugutekommt, bei denen ein entsprechender Bedarf besteht (EuGH-Urteil HaTeFo, EU:C:2014:114, Rz 31). Da die Vorteile, die den KMU gewährt werden, meist Ausnahmen von allgemeinen Regeln, z.B. im Bereich der staatlichen Beihilfen, darstellen, soll der Begriff der KMU eng ausgelegt werden (EuGH-Urteil HaTeFo, EU:C:2014:114, Rz 32). Zudem ist darauf zu achten, dass die Definition der KMU nicht durch eine rein formale Erfüllung der Kriterien umgangen wird (EuGH-Urteil HaTeFo, EU:C:2014:114, Rz 33).

2. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Beginns des Erstinvestitionsvorhabens ein verbundenes Unternehmen i.S. des Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. a des Anhangs der KMU–Empfehlung darstellte.

a) Nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. a des Anhangs der KMU–Empfehlung liegt ein verbundenes Unternehmen u.a. dann vor, wenn ein Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens hält. Diese Voraussetzung war erfüllt, da die Y zu 90 % an der Klägerin beteiligt war.

b) Zu Recht hat das FG auch angenommen, dass die Y nicht als Risikokapitalgesellschaft zu qualifizieren ist und sich daher insoweit nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a des Anhangs der KMU–Empfehlung keine Vermutung dafür ergeben kann, dass die Y keinen beherrschenden Einfluss auf die Klägerin ausgeübt hat.

aa) Nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 des Anhangs der KMU–Empfehlung besteht die Vermutung, dass kein beherrschender Einfluss ausgeübt wird, sofern sich die in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 des Anhangs der KMU–Empfehlung genannten Investoren nicht direkt oder indirekt in die Verwaltung des betroffenen Unternehmens einmischen - unbeschadet der Rechte, die sie in ihrer Eigenschaft als Aktionäre oder Gesellschafter besitzen. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a des Anhangs der KMU–Empfehlung zählt insbesondere auch Risikokapitalgesellschaften zu den Unternehmen, deren Beteiligung an einem anderen Unternehmen die Vermutung einer mangelnden Beherrschung auslösen kann.

bb) Der Begriff der Risikokapitalgesellschaft ist in der KMU–Empfehlung nicht definiert. Zu Recht hat das FG zur Auslegung des Begriffes auf die Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in KMU (ABlEU C 194/2 vom 18. August 2006) abgestellt. Dies entspricht den oben dargelegten Grundsätzen, wonach die Reichweite des Begriffes der KMU nach europarechtlichen Grundsätzen zu erfolgen hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es daher nicht darauf an, ob im angloamerikanischen Rechtskreis oder in verschiedenen über das Internet aufrufbaren Nachschlagewerken gegebenenfalls ein Verständnis des Begriffes "Venture Capital" vorherrscht, das von der europarechtlich geprägten Bedeutung abweicht. Ebenso wenig ist entscheidend, welche Vorgaben nationale Rechtsvorschriften —wie das UBGG— für das Beteiligungsengagement der von ihm erfassten Beteiligungsgesellschaften enthalten.

cc) Nach Ziff. 1.1 der genannten gemeinschaftsrechtlichen Leitlinien ist Risikokapital im Zusammenhang mit der Beteiligungsfinanzierung von Unternehmen mit anerkannt hohen Wachstumserwartungen in ihren frühen Wachstumsphasen zu sehen. Die Nachfrage nach Risikokapital geht typischerweise von Unternehmen mit Wachstumspotenzial aus, die keinen hinreichenden Zugang zu Kapitalmärkten haben, während das Angebot von Risikokapital von Investoren ausgeht, die bereit sind, für die Aussicht auf eine überdurchschnittliche Kapitalrendite ein hohes Risiko einzugehen. Nach der in Ziff. 2.2 Buchst. k der Leitlinien enthaltenen Begriffsbestimmung sind unter "Risikokapital" Beteiligungen oder beteiligungsähnliche Finanzierungen von Unternehmen in ihren frühen Wachstumsphasen (Seed-, Start-up- und Expansionsphase) zu verstehen. Dies soll auch informelle Investitionen von Business Angels, Wagniskapital und alternativen Aktienmärkten, die auf KMU einschließlich Wachstumsunternehmen spezialisiert sind, einschließen. Der Begriff "Wagniskapital" schließt gemäß Ziff. 2.2 Buchst. i der Leitlinien Frühphasen- und Expansionsphase, nicht aber Ersatzfinanzierungen und Buy–outs mit ein. Unter "Buy-out" wird der Erwerb einer zumindest beherrschenden Beteiligung an einem Unternehmen durch Übernahme von Aktiva oder Geschäftsteilen von den bisherigen Anteilseignern durch Verhandlungen oder im Wege eines Übernahmeangebots verstanden (Ziff. 2.2 Buchst. o der Leitlinien). Im Hinblick auf die von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EGV geforderte Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt bestimmt Ziff. 4.3.2 der Leitlinien, dass Risikokapitalbeihilfen für KMU in Fördergebieten auf die Finanzierung der Phasen bis zur Expansionsphase beschränkt sein müssen.

dd) Hieraus ergibt sich, dass der Begriff des Risikokapitals einerseits in positiver Hinsicht besonders riskante Investitionen in einer frühen Wachstumsphase des Unternehmens erfordert. Andererseits grenzt er sich in negativer Hinsicht von dem Erwerb einer zumindest beherrschenden Beteiligung an einem Unternehmen durch Übernahme von Aktiva oder Geschäftsteilen von den bisherigen Anteilseignern durch Verhandlungen oder im Wege eines Übernahmeangebots ab. Letzteres muss im Hinblick auf den Erwägungsgrund 9 der KMU–Empfehlung auch in einem Zusammenhang damit gesehen werden, dass aus der Kategorie der KMU die Unternehmensgruppen ausgeklammert werden sollen, die über eine stärkere Wirtschaftskraft als ein KMU verfügen.

c) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das FG nach den getroffenen und für den Senat bindenden Feststellungen zu Recht davon ausgegangen, dass die Y im Streitfall nicht als Risikokapitalgesellschaft tätig geworden ist.

aa) Da die Klägerin mit der Übernahme des Geschäftsbetriebs der X auch ihren Geschäftsgegenstand in den der X geändert hat, ist für die Frage, in welcher Phase sich das Unternehmen der Klägerin im Zeitpunkt der Übernahme befand, auf den bisherigen Geschäftsbetrieb der X abzustellen. Die X wurde bereits im Jahr 1993 gegründet und erst im Jahr 2007 von der Klägerin übernommen. Sie war bereits vor der Übernahme am Markt etabliert und befand sich damit nicht mehr in einer Seed-Phase (Untersuchung, Ausreifung und Entwicklung einer Geschäftsidee, s. hierzu Ziff. 2.2 Buchst. e der Leitlinien) oder einer Start-up-Phase (Produktentwicklung und Markteinführung, s. hierzu Ziff. 2.2 Buchst. f der Leitlinien). Dem entspricht auch die vom FG festgestellte Grundausrichtung der Beteiligungsfinanzierung durch die Y, die auf langfristige Beteiligungen an etablierten mittelständischen Unternehmen und nicht auf Beteiligungen in frühen, hochriskanten Unternehmensphasen zielt. Die Übernahme durch die Klägerin stand nach den Feststellungen des FG auch nicht im Zusammenhang mit einer (mit oder nach Erreichen der Gewinnschwelle, s. hierzu Ziff. 2.2 Buchst. h der Leitlinien) eingetretenen Expansionsphase, die über die normale Ausweitung des Geschäftsbetriebs hinausgehende, besonders risikoträchtige Investitionen umfasste.

bb) Des Weiteren spricht auch die vom FG festgestellte Art der von Y durchgeführten Unternehmensfinanzierung eher für eine "Buy-out"- als für eine Risikokapitalfinanzierung. Denn die Y ließ durch eine Tochtergesellschaft (die Klägerin) ein seit längerem bestehendes und am Markt bereits etabliertes Unternehmen (X) erwerben und beteiligte einen bisherigen Geschäftsführer für eine Übergangszeit nur im Rahmen einer Minderheitsbeteiligung.

cc) Schließlich hat es das FG auch zu Recht als ein gegen die Einordnung als KMU sprechendes Indiz gewertet, dass die Klägerin über die Y und deren kapitalstarken und stabilen Gesellschafterkreis über Mittel und Unterstützungen verfügte, die ihre gleich großen Konkurrenten nicht hatten. Diese Würdigung entspricht sowohl dem im Erwägungsgrund 9 der KMU–Empfehlung zum Ausdruck gekommenen Ziel, aus der Kategorie der KMU die Unternehmensgruppen auszuklammern, die über eine stärkere Wirtschaftskraft als ein KMU verfügen, als auch der Vorgabe des EuGH, eine Umgehung der Definition der KMU durch eine rein formale Erfüllung der Kriterien zu verhindern.

d) Unerheblich ist danach, ob die Y sich direkt oder indirekt in die Verwaltung der Klägerin eingemischt hat, da dies nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 i.V.m. Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a des Anhangs der KMU–Empfehlung nur dann zur KMU–Eigenschaft der Klägerin führen könnte, wenn die Y als Risikokapitalgesellschaft einzustufen wäre.

Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Klägerin ihren KMU–Status zusätzlich auch deshalb verloren hat, weil —was das FG nicht festgestellt hat— die öffentliche Hand direkt oder indirekt zu über 50 % an der Klägerin beteiligt war.

3. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich auch die Feststellung des FG, dass die Klägerin zwar isoliert betrachtet die in Art. 2 Abs. 1 des Anhangs der KMU–Empfehlung enthaltene Begriffsdefinition für KMU zu dem für die Förderung nach dem InvZulG 2007 maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns des Erstinvestitionsvorhabens erfüllt, jedoch wegen der Einordnung als verbundenes Unternehmen i.S. des Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. a des Anhangs der KMU–Empfehlung unter Hinzurechnung der Zahlen der Y die Schwellenwerte überschreitet.

Die vom FG vorgenommene Hinzurechnung von 100 % der Daten aller direkt oder indirekt mit dem betroffenen Unternehmen verbundenen Unternehmen entspricht den Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 bis 3 des Anhangs der KMU–Empfehlung (s. a. Beispiel 3 des Anhangs I des Benutzerhandbuchs der Europäischen Kommission zur neuen KMU–Definition —Benutzerhandbuch—, 2006, S. 30, abrufbar auf der Webseite der Europäischen Kommission unter www.ec.europa.eu/enterprise/policies/sme).

Im Übrigen hat die Klägerin die der Berechnung des FG zugrundeliegenden Feststellungen nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen, weshalb diese nach § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend sind.

Der Senat muss daher nicht auf die erst im Revisionsverfahren vorgetragenen Einwendungen der Klägerin eingehen, wonach diese auch unter Hinzurechnung der allein auf die Y (ohne Hinzurechnung der Werte der Partnerunternehmen der Y und der mit Y verbundenen Unternehmen) entfallenden Zahlen nicht die Schwellenwerte überschreiten würde. Insbesondere gilt dies auch für die Frage, inwieweit der Vortrag der Klägerin zur Einhaltung der Umsatzschwelle in sich schlüssig ist.

4. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 i.V.m. § 121 FGO ).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1 , § 135 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: Sächsisches FG , vom 15.08.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 1 K 1603/10
Fundstellen
BFHE 249, 565