BAG, Urteil vom 16.02.2012 - Aktenzeichen 6 AZR 574/10
Kirchliches Arbeitsrecht - Regelungsbefugnis der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission; Auslegung einer Bezugnahmeklausel nach Ausgliederung des Arbeitgebers aus der verfassten Kirche in den Bereich der Diakonie; normative Wirkung von kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen
1. Das Mitarbeitergesetz der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen lässt keine auf dem dritten Weg beschlossene Vergütungsregelung außerhalb der Dienstvertragsordnung zu. Trifft die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission gestützt auf das Mitarbeitergesetz eine entsprechende Arbeitsrechtsregelung, ändert diese materiellrechtlich die Dienstvertragsordnung auch dann, wenn sie nicht als eine solche Änderung bezeichnet und scheinbar als eigenständige Regelung konzipiert ist. 2. Bezugnahmeklauseln auf die Bestimmungen des kirchlichen Arbeitsrechts sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen.
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 22. April 2010 - 4 Sa 1550/09 - aufgehoben.
2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 18. November 2009 - 3 Ca 68/09 - abgeändert.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 354,55 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Hinweise des Senats:
Parallelentscheidung zu führender Sache - 6 AZR 573/10 -