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BGH - Entscheidung vom 10.03.2011

2 StR 669/10

Normen:
StPO § 349 Abs. 2
StGB § 243 Abs. 1 S. 1

BGH, Beschluss vom 10.03.2011 - Aktenzeichen 2 StR 669/10

DRsp Nr. 2011/6717

Zulässigkeit der Erhöhung der Einsatzstrafe gegenüber den Einzelstrafen für weitere Diebstähle um ein Mehrfaches mit einem Hinweis auf die tateinheitliche Verwirklichung des Nötigungstatbestandes

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Limburg vom 16. September 2010 im Ausspruch über die Einzelstrafe zu Fall II.4. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Normenkette:

StPO § 349 Abs. 2 ; StGB § 243 Abs. 1 S. 1;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in vier Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis für den Angeklagten von einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachbeschwerde und auf Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO .

Die Verfahrensrügen greifen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen nicht durch. Der Schuldspruch, der Ausspruch über die Einzelstrafen zu den Fällen II.1. bis II.3. und der Maßregelausspruch sind auch sachlichrechtlich nicht zu beanstanden. Jedoch kann der Ausspruch über die Einzelstrafe zu Fall II.4. nicht aufrechterhalten werden. Nach dem Wegfall dieser Einsatzstrafe kann die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben.

Das Landgericht hat in den Fällen II.1. bis II.3. der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte jeweils 1.400 Liter Dieselkraftstoff entwendet hatte, Einzelstrafen von je einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Eine gleich hohe Strafe war bei einer früher abgeurteilten Tat, bei welcher der Angeklagte ebenfalls rund 1.400 Liter Kraftstoff gestohlen und eine Bodenverunreinigung verursacht hatte, ausgesprochen worden. Im Fall II.4. hatte der Angeklagte dagegen nach der Wegnahme von 156 Litern Dieselkraftstoff die Tatausführung abgebrochen und war mit seinem Kraftfahrzeug vom Tatort geflohen, wobei er den Zeugen I. , der ihn festnehmen wollte, zum Ausweichen genötigt hatte. Wegen dieser Tat hat das Landgericht unter Heranziehung des Strafrahmens aus § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB eine Einzelstrafe von vier Jahren verhängt. Begründet hat es die Erhöhung dieser Strafe gegenüber den anderen mit einem Hinweis auf die Art und Weise der Flucht des Angeklagten unter Gefährdung des Zeugen I. . Diese Begründung trägt nicht.

Die Strafkammer ist bezüglich der tateinheitlich begangenen Nötigung von einem Fall des § 240 Abs. 1 StGB ausgegangen, für den das Gesetz einen Strafrahmen mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Einen unbenannten besonders schweren Fall nach § 240 Abs. 4 Satz 1 StGB hat es nicht angenommen. Schon der Vergleich der Strafrahmen von § 240 Abs. 1 und § 243 Abs. 1 StGB zeigt, dass der Nötigung gegenüber dem Diebstahl im besonders schweren Fall, für den eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren angedroht wird, bei der Bemessung der Einzelstrafe (§ 52 Abs. 1 StGB ) eine mindere Bedeutung zukommt. Die Erhöhung der Einsatzstrafe gegenüber den Einzelstrafen für die anderen Diebstähle, bei denen der Angeklagte jeweils eine größere Beute erzielt hatte, um ein Mehrfaches konnte die Strafkammer daher nicht alleine mit einem Hinweis auf die tateinheitliche Verwirklichung des Nötigungstatbestandes nachvollziehbar begründen. Dies gilt auch in Ansehung der Gefährdung des Zeugen I. . Die Einsatzstrafe muss daher neu zugemessen und die Gesamtstrafe neu bestimmt werden.

Die Feststellungen können aufrecht erhalten bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht berührt werden. Ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter sind möglich.

Vorinstanz: LG Limburg, vom 16.09.2010