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BGH - Entscheidung vom 17.05.2011

X ZR 131/08

Normen:
PatG § 121 Abs. 2

BGH, Urteil vom 17.05.2011 - Aktenzeichen X ZR 131/08

DRsp Nr. 2011/14851

Nachprüfungsverfahren hinsichtlich eines Patents bzgl. der Verwendung einer Platte als Verputzplatte; Neuheitsschädliche Vorwegnahme durch eine andere Patentanmeldung im Zusammenhang mit einer Patentanmeldung bzgl. der Verwendung einer Platte als Verputzplatte

Der Gegenstand eines Patentanspruchs ist neu, wenn dessen Lehre nicht durch ein anderes Gebrauchsmuster offenbart oder vorweggenommen und nicht durch den Stand der Technik nahegelegt ist.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25. September 2008 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen, soweit das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1 und 3, soweit auf Patentanspruch 1 rückbezogen, für nichtig erklärt worden ist.

Die Kosten der ersten Instanz werden zu 1/3 der Beklagten und zu 2/3 der Klägerin auferlegt, die auch die Kosten der Berufung zu tragen hat.

Normenkette:

PatG § 121 Abs. 2 ;

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in der Verfahrenssprache Englisch erteilten europäischen Patents 1 068 413 (Streitpatent), das am 7. April 1999 unter Inanspruchnahme der Priorität der norwegischen Patentanmeldung 162 298 vom 8. April 1998 angemeldet worden ist. Die Patentansprüche lauten wie folgt:

1. The use of a plate as a plaster plate (201; 401), the plate is made of a flexible plastic sheet, and is comprising several hollow rounded protrusions (3) formed with one or more interior hollow undercut cavities, the plaster (210; 410) being applied to the outside of the plate, i.e. onto the space where the plate is mounted, at the same time as the plaster is anchored in the cavities of the protrusions.

2. The use of a plate according to claim 1 as a pipe or cable plate for heat emitting floors, the spacing between the respective protrusions comprises suitable guideways for tube guides and/or cable guides.

3. The use of a plate according to claim 1 or 2, in which a upper portion of the protrusions include a grid (202), the grid (212) alternatively being provided on the opposite side of the plate.

Das Patentgericht hat das Streitpatent auf die unter anderem auf mangelnde Patentfähigkeit gestützte Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, soweit das Patentgericht das Streitpatent im Umfang des Patentanspruchs 1 und des Patentanspruchs 3, soweit auf Patentanspruch 1 rückbezogen, für nichtig erklärt hat. Hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent mit mehreren Hilfsanträgen.

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Univ.-Prof. Dr.-Ing. N. F. ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe

I.

Das Streitpatent betrifft die Verwendung einer Platte als Verputzplatte.

1.

Das Streitpatent beschreibt zunächst, welche Schwierigkeiten sich ergeben, solche Platten mit einem Profil, das Vorsprünge mit Hinterschneidungen oder Überkragungen aufweist, herzustellen. Davon ausgehend stellt das Streitpatent heraus, dass sich bessere Verwendungsmöglichkeiten für eine Platte mit hohlen Vorsprüngen ergeben, die derartige Überhänge bilden oder Hinterschneidungen aufweisen. Insbesondere bei einer Verwendung als Verputzplatte wirkten die hohlen Vorsprünge als umgekehrte Buckel (inverted studs) oder ähnliche Profile, bei denen die Verankerung des auf die Platte aufgetragenen Mörtels durch die Hinterschneidungen verstärkt werde.

2.

Zur Erzielung dieser Vorteile schlägt Anspruch 1 die Verwendung einer Platte als Verputzplatte (oder wie es der Sachverständige ausgedrückt hat als Putzträger) mit folgenden Merkmalen vor, von denen die Merkmalsgruppe 1 die Platte und die Merkmalsgruppe 2 die erfindungsgemäße Verwendung charakterisiert:

(1)

Die Platte

(1.1)

besteht aus einer flexiblen plastischen Folie (flexible plastic sheet ),

(1.2)

weist mehrere hohle gerundete Vorsprünge (3) auf,

(1.3)

die mit einer oder mehreren hohlen inneren hinterschnittenen Kavitäten geformt sind.

(2)

Die Verwendung als Putzträger (201; 401) erfolgt in der Weise, dass der Putz (plaster 210; 410)

(2.1)

auf die Außenseite der Platte aufgetragen wird, d. h. auf den Bereich, auf dem die Platte montiert ist,

(2.2)

und sich gleichzeitig in den Kavitäten der Vorsprünge verankert.

3.

Einige der vorstehenden Merkmale bedürfen näherer Erläuterung:

a)

Die Anweisung in dem in Englisch erteilten Patentanspruch 1

"the plate is made of a flexible plastic sheet" ist unter Berücksichtigung der Beschreibung des Streitpatents im Sinne einer plastisch verformbaren Folie oder einer plastisch verformbaren Platte zu verstehen.

Die Worte "plastic sheet" deuten für sich genommen nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zwar eher auf eine Kunststofffolie, eine Kunststoffplatte oder ein Kunststoffplattenteil hin.

Indessen ist das Merkmal eines Patentanspruchs stets im Zusammenhang mit der Beschreibung des Streitpatents zu lesen. Insbesondere kann die Beschreibung als eigenes Wörterbuch dienen, aus dem sich gegebenenfalls eine vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichende Bedeutung ergibt (vgl. Senat, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 unter III 3 c - Spannschraube; Urteil vom 13. April 1999 - X ZR 23/97, Mitt. 2000, 105 unter III 1 - Extrusionskopf). Die Beschreibung führt für das erste Anwendungsbeispiel zu den Figuren 1 und 2 aus, die Platte sei aus einem duktilen, insbesondere hitzeduktilen Material, mit dem durch Vakuumformen das erforderliche Profil geformt wird (Streitpatent Rn. 27). Dem entnimmt der Fachmann - nach der unangefochtenen Beurteilung des Patentgerichts ein Bautechniker mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet des Innenausbaus - in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung, dass es für die erfindungsgemäße Verwendung entscheidend auf die Verformbarkeit der Platte ankommt, während weitere Materialeigenschaften wie die Frage, ob die Platte aus Metall oder Kunststoff besteht, nach dem Streitpatent keine Bedeutung haben. Den Begriff "plastic sheet" versteht der Fachmann deshalb so, wie er im Streitpatent verwendet wird, als eine Platte bzw. Folie, die aus einem verformbaren, duktilen, insbesondere hitzeduktilen Material besteht. Dies kann eine Kunststofffolie sein, muss es aber nicht.

b)

Das Merkmal 2.1 bedeutet für die Lehre des Streitpatents, dass die Platte mit der Seite, zu der die Vorsprünge nach außen hervorstehen, mit der Wand oder den Boden in Kontakt gebracht wird und demgemäß die Kavitäten sich zum Raum hin öffnen. Im Sinne der folgenden Figur 3 des Streitpatents

bedeutet dies, dass die Vorsprünge (203) mit ihren von der Grundplatte (202) aus hervorragenden Wölbungen an der Wand - oder gegebenenfalls auch auf dem Boden - montiert werden, wobei das Streitpatent keine weiteren Anweisungen über die Art der Montage enthält.

Dieses Verständnis erschließt sich dem Fachmann nicht allein aus dem Wortlaut von Patentanspruch 1, sondern aus dem Zusammenhang mit der Beschreibung des Streitpatents. Die Formulierung in Merkmal 2.1 zeigt dem Fachmann, dass die Frage, auf welcher Seite der Putz aufzutragen ist und mit welcher Seite die Platte an die Wand oder auf den Boden montiert sein soll, zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gehört. Der Wortlaut dieses Merkmals gibt indessen für sich genommen nicht hinreichend klar zu erkennen, welche Seite jeweils gemeint ist. Der Putz, für den die Platte als Träger dienen soll, kann nicht auf die Seite aufgetragen werden, mit der die Platte an die Wand oder auf den Boden montiert wurde; die Montage verschließt diesen Bereich und macht ihn für einen nachträglichen Putzauftrag unzugänglich. Der Putz kann nur von außen auf die Platte aufgetragen werden, also auf die Seite, die sich gemäß dem ersten Halbsatz des Merkmals 2.1 nach der Montage als die Außenseite der Platte darstellt und demgemäß für die Montage der Platte gerade nicht verwendet wurde.

Im Sinne eines funktionsbezogenen technischen Verständnisses dieses Merkmals ergibt sich indessen, dass mit dieser für die Montage nicht verwendeten Außenseite jene Seite gemeint ist, zu der die Vorsprünge nicht gerichtet sind, sondern zu der sich die aus ihnen ergebenden Kavitäten hin öffnen. Nur so kann der von außen aufzutragende Putz, dem die Platte als Träger dienen soll, in die Kavitäten hinein gelangen und sich dort verankern. Diese Funktionalität der Kavitäten erkennt der Fachmann bereits aus dem Merkmal 2.2, wonach der Putz sich "in" den Kavitäten verankern soll, und wird so auch in der Beschreibung des Streitpatents dargestellt. Gemäß dem dort beschriebenen Zweck der Erfindung soll die Verputzplatte gerade mit ihren "umgekehrten Buckeln" (inverted studs, Streitpatent Rn. 17) eine Verankerung für den auf die Platte zu applizierenden Putz bzw. Mörtel bieten. Demnach dürfen die "Buckel" nach der Montage auf der Wand oder auf dem Boden nicht mehr als solche nach außen zu erkennen sein, sondern nur noch die sich aus ihnen ergebenden Kavitäten auf der anderen Seite der Platte als umgekehrte Buckel, in die der Putz sodann eingebracht wird.

Die Beschreibung des Streitpatents zu einer Verwendung für die Verlegung von Rohren oder Kabeln, die zwischen die Vorsprünge hindurch verlegt werden und hierfür eine Ausrichtung der Vorsprünge nach außen bzw. oben erforderlich wird (Streitpatent Rn. 38), führt insofern für Patentanspruch 1 zu keinem anderen Verständnis. Dieser Teil der Beschreibung bezieht sich allein auf Patentanspruch 2, der nur teilweise auf Patentanspruch 1 Bezug nimmt. Patentanspruch 2 übernimmt allein die Merkmalsgruppe 1 aus Patentanspruch 1, welche die Verputzplatte als solche beschreibt. Damit wird nicht die Anweisung übernommen, mit welcher Seite die Platte auf den Boden oder an die Wand zu montieren ist. Folglich erkennt der Fachmann, dass für eine Verwendung als Rohr- oder Kabelplatte der Putz auf die Seite aufgetragen werden kann, in deren Richtung die Vorsprünge hervorstehen, dieser Teil der Beschreibung indessen keine Aussage dafür enthält, auf welche Seite der Putz für eine Verwendung gemäß Patentanspruch 1 aufzutragen ist.

c)

Die gerundeten Vorsprünge gemäß dem Merkmal 1.2 müssen Rundungen aufweisen, die bei einer Draufsicht auf die Vorsprünge von der Seite aus, in deren Richtung sie hervorstehen, als solche zu erkennen sind. Der Gesamtzusammenhang des Streitpatents, wie er insbesondere den Zeichnungen zu entnehmen ist, gibt deutlich zu erkennen, dass die Vorsprünge in radialer Richtung Rundungen aufweisen sollen und diese Rundungen sich nicht auf das Profil der Hinterschneidungen beziehen, wenn es wie in den Figuren 4 und 6 von der Seite aus gesehen wird.

II.

Das Patentgericht, das angenommen hat, Patentanspruch 1 sei dahingehend zu verstehen, dass die Platte mit den Öffnungen der hohlen Vorsprünge zur Wand hin gerichtet sei und folglich erfindungsgemäß auf beiden Seiten der Platte Verputzmaterial aufzubringen sei, hat die Verneinung der Patentfähigkeit des Gegenstands dieses Patentanspruchs wie folgt begründet:

Patentanspruch 1 sei neuheitsschädlich von der internationalen Patentanmeldung WO 97/30247 (Entgegenhaltung D11) vorweg genommen.

Diese Druckschrift beschreibe in einem ihrer Ausführungsbeispiele die Nutzung einer tiefgezogenen Kunststoffplatte als Verputzplatte. Diese Trägerplatte (14) weise gemäß der vorstehenden Figur mehrere hohle Vorsprünge (15) auf, die entsprechend den massiven Vorsprüngen einer unter dem Estrich (8) zum Einsatz kommenden Trägerplatte ausgebildet sein sollten und folglich entsprechend der Beschreibung dieser Trägerplatte ebenfalls kreisrund und mit Hinterschneidungen kegelförmig sich zur Grundplatte hin verjüngend auszugestalten seien. Damit seien sämtliche Merkmale einschließlich der Merkmale 2.1 (Seite des Putzauftrages) und 2.2 (Putzverankerung in den Kavitäten) von der D11 vorbekannt und somit der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu.

III.

Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.

Für die Patentansprüche 1 und 3 in seiner im Berufungsverfahren nur noch verteidigten Rückbeziehung auf Patentanspruch 1 sind keine Nichtigkeitsgründe zu erkennen.

1.

Der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 3 geht nicht über den Inhalt der Patentanmeldung hinaus. Merkmal 1.1 ist mit dem Hinweis auf eine plastisch verformbare Platte oder Folie nicht anders zu verstehen als das duktile, insbesondere hitzeduktile Material, welches in der ursprünglichen Patentanmeldung für die Verwendung gemäß dem Ausführungsbeispiel der Figuren 1 und 2 beschrieben wird.

2.

Der wie zu I definierte Gegenstand ist neu.

a)

Die vom Streitpatent gelehrte Verwendung einer Verputzplatte wird nicht von dem deutschen Gebrauchsmuster 91 14 591 (Entgegenhaltung D1) vorweggenommen.

Diese Druckschrift offenbart ein Halte- und Distanzierungssystem für strangförmige Bauteile (3) wie Rohre oder Schläuche, das entsprechend der nachstehenden Zeichnung aus einer Kunststofffolie mit annähernd zylinderförmigen Hohlkörpern (11) besteht. Bei Bedarf werden die Hohlkörper mit einem Füll- oder Aussteifungskörper (2) versehen oder mit einer fließfähigen aushärtenden Formmasse gefüllt (D1, Figur 2, S. 7 Z. 16 bis 28), wenn dies zur Stabilität für das Fixieren der strangförmigen Körper erforderlich ist. Der Füll- und Aussteifungskörper kann aus Harz oder Gips oder einem aus diesen Materialien hergestellten Füllstoffgemisch bestehen (D1, Anspruch 20).

Unabhängig von der Frage, inwieweit die Merkmalsgruppe 1 erfüllt ist, sieht die D1 jedenfalls nicht vor, Verputzmaterial in die Hohlkörper so zu geben, so dass es sich darin verankert. Auch bei der Verwendung von Gips als Füllstoff wird dies nicht in der Weise beschrieben, dass dieser sich in den Hinterschneidungen verankern würde. Weiterhin wird das Merkmal 2.1 nicht offenbart. Die D1 zeigt die Orientierung der Hohlkörper zum Raum hin, damit zwischen ihnen Kabel und Rohre verlegt werden können.

b)

Die deutsche Offenlegungsschrift 37 01 414 (D3) ist ebenfalls nicht neuheitsschädlich.

Mit dieser Druckschrift wird ein Verfahren zum Aufbringen von Verkleidungen, Putzmörtel oder dergleichen auf einer Mörtel- oder Klebeschicht (2) entsprechend der nebenstehenden Zeichnung offenbart, auf die außen beispielsweise ein Spachtelmörtel (5) zur Verbindung mit einer Verkleidung (z.B. Keramikfliesen (7)) aufgebracht wird. Der Spachtelmörtel wird auf eine wasserundurchlässige Kunststoffplatte aufgetragen, die mit Verklammerungselementen ausgestattet ist. Nach einem der nebenstehenden Zeichnung entsprechenden Ausführungsbeispiel ist die Kunststoffplatte dazu mit parallel zueinander laufenden, schwalbenschwanzförmigen Stegen profiliert. Der auf der Außenseite aufgebrachte Spachtelmörtel verklammert sich dabei in den Hinterschneidungen der Stege (D3, Sp. 3 Z. 18-22).

Es fehlt damit an hohlen gerundeten Vorsprüngen (Merkmal 1.2). Das Profil der von der D3 vorgesehenen Kunststoffplatte ist steg- bzw. nutenförmig und weist somit in geraden Bahnen verlaufende Vertiefungen auf, die nicht gerundeten Vorsprüngen (rounded protrusions) im Sinne des Streitpatents entsprechen.

c)

Die Lehre des Streitpatents wird nicht von dem deutschen Gebrauchsmuster 86 33 484 (D10) vorweggenommen.

Die Druckschrift offenbart eine zusammengesetzte Montageplatte (1) für eine Flächenheizung, bestehend aus einer Grundplatte (9) aus Schaumstoff wie z.B. geschäumtem Polystyrol, die entsprechend der nebenstehenden Zeichnung auf ihrer Oberseite zylinderförmige Noppen (3) aufweist und einer dicht darauf aufliegenden Kunststofffolie (8) mit nach oben geformten Bechern (4), die auf die Noppen der Schaumstoffgrundplatte aufgestülpt werden. Die Becher sind in einem den beiden Zeichnungen entsprechenden Ausführungsbeispiel mit Klemmnasen (11) versehen, die dazu dienen, zwischen den Bechern eingeklemmte Rohre (5) nach oben festzuhalten.

Jedenfalls Merkmal 2.2 ist nicht offenbart, denn eine Verankerung von Putz oder Mörtel in "Kavitäten" der Becher oder der Noppen ist nicht vorgesehen.

d)

Schließlich wird die Lehre des Streitpatents entgegen der Auf -fassung des Patentgerichts auch nicht von der internationalen Patentanmeldung WO 97/30247 (D11) vollständig offenbart.

Die Druckschrift offenbart entsprechend der nachstehenden Zeichnung einen Fußbodenverbundkörper, der zunächst aus einer Trägerplatte (4) mit nach oben ragenden Strukturelementen (6) besteht, die bevorzugt einen kreisförmigen Querschnitt aufweisen sollen (S. 6 Z. 25 bis 28) und zwischen die insbesondere Heizungsrohre (7) verlegt werden können. Die Strukturelemente dienen dem Abbau von Spannungen und helfen so, das Auftreten von Verwölbungen und Rissen zu vermeiden. Die Trägerplatte (4) ist entsprechend der Zeichnung massiv aufgebaut, wobei die nach oben ragenden Strukturelemente (6) sich zur Grundplatte hin kegelförmig verjüngen, um den auf die Platte aufgetragenen Estrich besser verklammern zu können (S. 10 Z. 15 bis 18).

Diese Trägerplatte offenbart jedenfalls nicht die Merkmale 1.2, 1.3 und 2.2, denn es fehlt an hohlen gerundeten Vorsprüngen, in die Verputzmaterial eingebracht werden könnte, um sich an Hinterschneidungen verankern zu können.

Die D11 offenbart eine weitere Ausführungsform, bei der über die zuvor beschriebene massive Trägerplatte (4) und dem darauf aufgebrachten Estrich (4) eine weitere Trägerplatte (14) aus tiefgezogener Kunststofffolie entsprechend der oben wiedergegebenen, vom Patentgericht herangezogenen Zeichnung gelegt ist. Die obere Trägerplatte (14) weist ebenfalls Strukturelemente (15) auf, die entsprechend den unteren Strukturelementen (6) ausgebildet, jedoch deutlich kleiner dimensioniert sein sollen (S. 11 Z. 34 bis S. 12 Z. 2). Zudem soll diese Trägerplatte (14) Durchbrechungen (18) aufweisen, durch die der Mörtel (17) hindurch treten kann.

Unabhängig von der Frage, ob der Verweis auf eine den Strukturelementen (6) "entsprechende" Ausgestaltung ausreicht, um die Strukturelemente (15) als Hinterschneidungen entsprechend dem Merkmal 1.3 zu verstehen, fehlt es auch hier an nach zum Boden gewandten Vorsprüngen, die Kavitäten bilden, in denen sich der Mörtel gemäß der Merkmalsgruppe 2 von der Raumseite aus verankern kann.

e)

Dass die übrigen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen nicht neuheitsschädlich sind, ist zu Recht außer Streit.

3.

Schließlich war der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 3 auch nicht durch den Stand der Technik nahegelegt.

a)

Es ist nicht zu erkennen, dass die D3 dem Fachmann die Lehre des Streitpatents nahegelegt hätte. Die in D3 offenbarte Kunststoffplatte fungiert zwar als Putzträger und nutzt hierbei Hinterschneidungen im Profil, damit sich der Putz darin verklammern kann. Dabei kommt es für die D3 nicht darauf an, mit welcher Seite sie an die Wand montiert wird, weil sie von beiden Seiten ein gleiches Profil zeigt.

Das Profil der D3 ist eindimensional strukturiert, weshalb sie den Putz besonders gut von Spannungen im Untergrund entkoppeln kann, die quer zu den Nuten und Stegen verlaufen. Unabhängig von der Frage, inwiefern danach für den Fachmann Anlass oder eine Anregung bestand, nach einer Lösung zu suchen, die solchen Spannungen in gleicher Weise in zwei Dimensionen orthogonal begegnen kann, konnte er eine solche Lösung der D3 nicht in naheliegender Weise entnehmen. Die D3 wirkt etwaigen Spannungen unter anderem dadurch entgegen, dass quer zu den Nuten und Stegen auftretende Kräfte aufgrund des nachstehend in ihrer

Figur 3 dargestellten Profils wegen der Beweglichkeit der Folie in dieser Richtung besonders gut abgefangen und von der auf der anderen Seite liegenden Putzschicht entkoppelt werden können.

Um dieses Prinzip auf ein Abfangen von Spannungen in zwei Dimensionen orthogonal zu übertragen, müsste die Platte ebenso Nuten und Stege senkrecht zu den schon in der D3 dargestellten entsprechend der nebenstehenden, vom Sachverständigen in seinem Gutachten gefertigten Zeichnung aufweisen. Die orthogonal zu einander verlaufenden Nuten und Stege könnten so jedoch weder in einer Ebene noch übereinander liegen, weil sie sich dann gegeneinander blockieren und die besondere Dehnfähigkeit ausschließen würden.

Ein anderes Prinzip zur Herstellung der Dehnfähigkeit ist der D3 indessen nicht zu entnehmen. Ein Weglassen der Nuten und Stege in den Bereichen, wo diese sich nicht überschneiden, würde zwar zu einer dem Gegenstand des Streitpatents entsprechenden Folie, wenngleich mit invers pyramidalen Vorsprüngen führen. Für ein solches Weglassen ist der D3 indessen keine Anregung zu entnehmen, da sie die Dehnfähigkeit gerade aufgrund der durchgehenden Führung der Nuten und Stegen bewirkt. Für ein solches Weglassen sind auch im Rahmen allgemeiner Überlegungen keine Anregungen oder Hinweise zu erkennen, die ein Naheliegen begründen könnten.

b)

Weiterhin ergaben sich auch aus der D11 keine Hinweise, die den Fachmann in naheliegender Weise zur Lehre des Streitpatents geführt hätten.

Da die untere Trägerplatte (4) in der D11 als eine massive Platte ausgestaltet ist, kommt sie nicht für Überlegungen in Betracht, die zu einer Folie mit Kavitäten führen sollen.

Bei der oberen Trägerplatte (14) handelt es sich zwar um eine tiefgezogene Kunststofffolie, demzufolge ihre Strukturelemente hohle Vorsprünge darstellen mussten. Die Beschreibung der D11 erweist sich indessen als widersprüchlich, weil die obere Trägerplatte (14) einerseits "entsprechend" der unteren Trägerplatte (4) ausgebildet sein soll (D11, S. 11 Z. 34 bis S. 12 Z 2), andererseits aber der Beschreibung zahlreiche Abweichungen von dieser Trägerplatte zu entnehmen sind. Der Fachmann kann deshalb kaum noch erkennen, welche Hinweise er überhaupt für die Ausgestaltung der oberen Trägerplatte (14) der Anweisung entnehmen kann, diese Platte "entsprechend" der unteren Trägerplatte (4) zu gestalten. So führt die Beschreibung sogleich aus, dass die Strukturelemente der oberen Trägerplatte (14) geringer dimensioniert sein sollen. Weiterhin soll die obere Trägerplatte (14) aus einer tiefgezogenen Kunststofffolie gefertigt werden, was sich mit einem massiven Aufbau entsprechend der unteren Trägerplatte (4) nicht vereinbaren lässt. Die obere Trägerplatte (14) soll Durchbrechungen (18) haben, die sich bei der unteren Trägerplatte (4) nicht wiederfinden. Schließlich wird die obere Trägerplatte (14) in der Figur 3 der D11 mit ausschließlich zylindrischen Strukturelementen (15) wie in dem nebenstehend vergrößerten Auszug aus dieser Figur dargestellt, so dass der Fachmann auch nicht davon ausgehen kann, dass die Strukturelemente (15) der invers konischen Kontur der Strukturelemente (6) der unteren Trägerplatte (4) entsprechen soll, die auch bei dieser lediglich eine von mehreren Möglichkeiten der Ausgestaltung darstellt.

Insgesamt stellen sich die Hinweise der D11 zur oberen Trägerplatte (14) damit als so widersprüchlich dar mit zum Teil von der Lehre des Streitpatents weg weisenden Hinweisen wie der Anweisung zur Herstellung von Durchbrechungen, dass sich aus ihr auch in Bezug auf diese Trägerplatte für den Fachmann keine Anregungen ergaben, die in naheliegender Weise zum Gegenstand des Streitpatents geführt hätten.

c)

Aus diesen Gründen erweist sich die Lehre des Streitpatents auch nicht bei einer Zusammenschau der D3 und der D11 als ein naheliegender Schritt zur Weiterentwicklung dieser Trägerplatten. Aufgrund der Widersprüchlichkeit der Hinweise in der D11 zur Ausgestaltung der oberen Trägerplatte (14) vermag ihr der Fachmann auch im Hinblick auf eine Weiterentwicklung der D3 keine weitergehenden Anregungen zu entnehmen.

d)

Die weiteren von der Klägerin vorgelegten Entgegenhaltungen weichen noch stärker von der Lehre des Streitpatents ab, wie es bereits oben zur Neuheitsschädlichkeit dieser Entgegenhaltungen dargestellt wurde, so dass sie weder für sich noch in Kombination zur Lehre des Streitpatents führen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. §§ 91 , 92 Abs. 1 ZPO .

Verkündet am: 17. Mai 2011

Von Rechts wegen

Vorinstanz: BPatG, vom 25.09.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ni 11/06 (EU)