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BGH - Entscheidung vom 09.02.2011

VIII ZR 162/09

Normen:
BGB § 307 (Cb), § 310 Abs. 2, § 315; AVBGasV § 1, § 4, § 32; KlauselRL Art. 1, Art. 3, Art. 5; GasRL Art. 3
AEUV Art. 267
BGB § 307
BGB § 310 Abs. 2
BGB § 315
RL 93/13/EWG Art. 1 Abs. 2
RL 93/13/EWG Art. 3
RL 93/13/EWG Art. 5 S. 1
RL 98/30/EG Art. 3
AVBGasV § 1 Abs. 2
AVBGasV § 4

Fundstellen:
MDR 2011, 342
NJW 2011, 1392
WM 2011, 850
ZIP 2011, 962

BGH, Beschluss vom 09.02.2011 - Aktenzeichen VIII ZR 162/09

DRsp Nr. 2011/3457

Einschlägigkeit des Art. 1 Abs. 2 RL 93/13/EWG bei unverändert in die Vertragsverhältnisse mit Sonderkunden übernommen Vertragsklauseln über Preisänderungen in Gaslieferungsverträgen mit Verbrauchern; Klare und verständliche Abfassung und erforderliches Maß an Transparenz von Vertragsklauseln über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Sonderkunden bei Mitteilung jeder Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus durch das Gasversorgungsunternehmen und gleichzeitigem Kündigungsrecht

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegt: a) Ist Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen dahin auszulegen, dass Vertragsklauseln über Preisänderungen in Gaslieferungsverträgen mit Verbrauchern, die außerhalb der allgemeinen Versorgungspflicht im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit beliefert werden (Sonderkunden), nicht den Bestimmungen der Richtlinie unterliegen, wenn in diesen Vertragsklauseln die für Tarifkunden im Rahmen der allgemeinen Anschluss- und Versorgungspflicht geltenden gesetzlichen Regelungen unverändert in die Vertragsverhältnisse mit den Sonderkunden übernommen worden sind? b) Sind - soweit anwendbar - Art. 3 und 5 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in Verbindung mit Nr. 1 Buchst. j und Nr. 2 Buchst. b Satz 2 des Anhangs zu Art. 3 Abs. 3 dieser Richtlinie sowie Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG dahin auszulegen, dass Vertragsklauseln über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Sonderkunden den Anforderungen an eine klare und verständliche Abfassung und/oder an das erforderliche Maß an Transparenz genügen, wenn in ihnen Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen dahin auszulegen, dass Vertragsklauseln über Preisänderungen in Gaslieferungsverträgen mit Verbrauchern, die außerhalb der allgemeinen Versorgungspflicht im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit beliefert werden (Sonderkunden), nicht den Bestimmungen der Richtlinie unterliegen, wenn in diesen Vertragsklauseln die für Tarifkunden im Rahmen der allgemeinen Anschluss- und Versorgungspflicht geltenden gesetzlichen Regelungen unverändert in die Vertragsverhältnisse mit den Sonderkunden übernommen worden sind?

Sind - soweit anwendbar - Art. 3 und 5 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in Verbindung mit Nr. 1 Buchst. j und Nr. 2 Buchst. b Satz 2 des Anhangs zu Art. 3 Abs. 3 dieser Richtlinie sowie Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG dahin auszulegen, dass Vertragsklauseln über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Sonderkunden den Anforderungen an eine klare und verständliche Abfassung und/oder an das erforderliche Maß an Transparenz genügen, wenn in ihnen Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?

Normenkette:

AEUV Art. 267; BGB § 307 ; BGB § 310 Abs. 2 ; BGB § 315 ; RL 93/13/EWG Art. 1 Abs. 2; RL 93/13/EWG Art. 3; RL 93/13/EWG Art. 5 S. 1; RL 98/30/EG Art. 3; AVBGasV § 1 Abs. 2 ; AVBGasV § 4 ;

Gründe

I.

Der Kläger, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V., nimmt die Beklagte, ein Gasversorgungsunternehmen, aus abgetretenem Recht von 25 Verbrauchern auf Rückzahlung von Gaspreisentgelten in Anspruch, die diese auf Preiserhöhungen der Beklagten geleistet haben.

Die 25 Kunden bezogen von der Beklagten leitungsgebunden Erdgas an Verbrauchsstellen in den Gasvertriebsregionen "Ost-Südwestfalen" und "Ruhr-Lippe". In diesen Regionen erfolgte die Gasversorgung vormals durch Unternehmen des mit dem R. -Konzern verschmolzenen V. -Konzerns, und zwar teilweise durch die frühere V. AG (im Folgenden: V. ) und teilweise durch die W. -AG (im Folgenden: W. ), deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte bei der Belieferung mit Erdgas jeweils geworden ist. Die Vertragslage in den genannten Versorgungsgebieten ist uneinheitlich. Die in Rede stehenden 25 Kunden lassen sich nach dem Gebiet, in dem sie ansässig sind, und nach dem Zeitpunkt, zu dem sie die Gaslieferungsverträge geschlossen haben, in fünf Gruppen unterscheiden, von denen für das Vorabentscheidungsverfahren zwei Gruppen von Interesse sind, nämlich:

Gruppe 1: Kunden des nicht "tarifierten" Gebiets der V. (Kunden T. , L. und Z. );

Gruppe 3: Kunden des "tarifierten" Gebiets der V. , deren Verträge vor der "Tarifierung" geschlossen wurden (Kunden B. , H. , K. , Ho. , W. , G. , He. , Ka. , Ke. , Be. , E. ), und die der betreffende Versorger nach dem Vorbringen der Beklagten zu einem nach dem jeweiligen Versorgungsbeginn liegenden Zeitpunkt wie folgt mit dem Ziel angeschrieben haben soll, Vertragsumstellungen (Tarifierungen) herbeizuführen:

"... ändert sich unser Tarifierungssystem. Aus diesem Grund werden Sie zukünftig als Tarifkunde eingestuft und zu inhaltsgleichen Bedingungen versorgt.

Ab dem 1. Oktober 1999 setzen wir daher das Vertragsverhältnis mit Ihnen auf der Grundlage der Allgemeinen Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden ( AVBGasV ) fort. Ein entsprechendes Exemplar ist als Anlage beigefügt.

Der Erdgaspreis ändert sich für Sie durch diese formelle Umstellung nicht."

Zum genauen Inhalt der Vertragsgrundlagen, insbesondere zu der hier interessierenden Vereinbarung eines Preisänderungsrechts, hat das Berufungsgericht bei den Kunden dieser beiden Gruppen, die nach übereinstimmender Auffassung der Parteien die Versorgungsverträge ursprünglich als Sondervertragskunden geschlossen hatten, keine abschließenden Feststellungen getroffen, sondern es dahinstehen lassen, ob und in welcher Weise insoweit auf die AVBGasV oder auf die Allgemeinen Versorgungsbedingungen der V. (AVB-V. ), die nach dem Vorbringen der Beklagten ein mit § 4 AVBGasV gleichlautendes Änderungsrecht enthalten sollen, Bezug genommen worden ist.

In der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 1. Oktober 2005 erhöhte die Beklagte die Gaspreise insgesamt vier Mal. In diesem Zeitraum bestand für die 25 Kunden faktisch keine Möglichkeit, den Gasversorger zu wechseln. Die Kunden bezahlten - zum Teil unter dem Vorbehalt der Rückforderung - die ihnen von der Beklagten im Zeitraum von 2003 bis 2005 für das gelieferte Gas in Rechnung gestellten erhöhten Entgelte.

Der Kläger, der alle 25 Kunden als Sondervertragskunden ansieht und die genannten Gaspreiserhöhungen für unwirksam hält, beansprucht die Rückzahlung derjenigen Beträge, die über die von der Beklagten bis Ende 2002 verlangten Preise hinaus im Zeitraum von 2003 bis 2005 von den 25 Kunden jeweils gezahlt worden sind. Das Landgericht hat der auf Zahlung von 16.128,63 € nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

II.

Das Berufungsgericht (OLG Hamm, RdE 2009, 261) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Vorabentscheidungsverfahren von Interesse, ausgeführt:

Der Kläger habe aus wirksam abgetretenem Recht einen Rückforderungsanspruch hinsichtlich der im Zeitraum von 2003 bis 2005 von den Kunden auf die Erhöhungsbeträge geleisteten Zahlungen von 16.128,63 €, weil dafür kein Rechtsgrund bestanden habe. Die Gasbezugsverträge stellten einen solchen rechtlichen Grund nicht dar, weil die Preiserhöhungen weder vereinbart worden seien noch der Beklagten sonst ein wirksames einseitiges Preiserhöhungsrecht zugestanden habe.

Ein Tariferhöhungsrecht der Beklagten ergebe sich nicht aus § 4 AVBGasV , da diese Vorschrift gemäß § 1 Abs. 2 AVBGasV nur auf Tarifkunden-, nicht dagegen auf Sonderkundenverträge anwendbar sei, wie sie hier vorlägen. Unstreitig habe es sich bei den Kunden der hier interessierenden Kundengruppen ursprünglich um Sondervertragskunden gehandelt. Auch seien im Nachhinein keine wirksamen Vertragsänderungen dahin durchgeführt worden, dass es sich nunmehr um Tarifkunden handele. Insbesondere hätten die betreffenden Kunden nicht davon ausgehen müssen, dass ein Weiterbezug von Gas nach der in den genannten Tarifumstellungsschreiben angekündigten Tarifumstellung als Annahme eines Vertragsänderungsangebots hätte ausgelegt werden können.

Die mit den hier interessierenden Kunden vereinbarten Preisänderungsklauseln verstießen gegen § 307 BGB , wobei dahinstehen könne, ob bei ihnen auf die AVBGasV oder auf die AVB-V. , die nach dem Vortrag der Beklagten ein mit § 4 AVBGasV gleich lautendes Änderungsrecht enthielten, Bezug genommen worden sei. Denn die Klauseln seien nicht hinreichend klar und verständlich und benachteiligten die Kunden unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB ), weil die Kunden die Berechtigung einer Preisänderung nicht zuverlässig nachprüfen könnten. Dadurch werde es der Beklagten ermöglicht, das in dem ursprünglich vereinbarten Gaspreis zum Ausdruck kommende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung zu ihren Gunsten zu verändern. Daran ändere nichts, dass bei längerfristigen Vertragsverhältnissen grundsätzlich ein Interesse des Verwenders anzuerkennen sei, die bei Vertragsschluss zugrunde gelegte Relation von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten und Kostensteigerungen nachträglich auf den Kunden abwälzen zu können. Denn gerade in Verträgen mit Verbrauchern, bei denen an die Ausgewogenheit und Klarheit von Änderungsklauseln hohe Anforderungen zu stellen seien, könnten Klauseln nicht hingenommen werden, die dem Verwender eine Preiserhöhung nach freiem Belieben gestatteten. Dem lasse sich nicht entgegenhalten, dass die Preisänderungsklausel dem gesetzlichen Leitbild der Regelungen in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV entspreche. Eine hiervon ausgehende Leitbildfunktion könne nur für die Bewertung von Preisänderungsklauseln von Bedeutung sein, die hinsichtlich Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung eine klare und transparente Regelung enthielten.

III.

Die Entscheidung über den Rückforderungsanspruch des Klägers hängt hinsichtlich der Kundengruppen 1 und 3 von der Frage ab, ob bei einem Gasversorgungsvertrag, der von einem Gasversorgungsunternehmen mit einem Verbraucher außerhalb der allgemeinen Versorgungspflicht im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit geschlossen worden ist (Sonderkundenvertrag), eine darin enthaltene Preisänderungsklausel, die sich darauf beschränkt, das bei Versorgungsverträgen im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht gegenüber Tarifkunden bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 676 - AVBGasV ) unverändert zu übernehmen, eine unangemessene Benachteiligung des Sonderkunden im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 oder 2 BGB darstellt. Dies wiederum hängt, da § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV hinsichtlich Anlass, Voraussetzungen und Umfang des dem Versorgungsunternehmen zustehenden einseitigen Leistungsbestimmungsrechts keine näheren tatbestandlichen Konkretisierungen enthält, davon ab, ob solche tatbestandlichen Konkretisierungen von Art. 3 und Art. 5 Satz 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. Nr. L 95 vom 21. April 1993, S. 29; im Folgenden: Klausel-Richtlinie), sofern einer Anwendbarkeit dieser Richtlinie nicht bereits deren Art. 1 Abs. 2 entgegensteht, oder von Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG (ABl. EG Nr. L 176 vom 15. Juli 2003, S. 57; im Folgenden: Gas-Richtlinie) gefordert werden.

1.

Im nationalen deutschen Recht waren die allgemeinen Bedingungen, zu denen im streitgegenständlichen Zeitraum Gasversorgungsunternehmen jedermann an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und zu allgemeinen Tarifpreisen zu versorgen hatten (Tarifkunden), in den Bestimmungen der AVBGasV geregelt. Diese Bestimmungen waren nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AVBGasV zugleich unmittelbarer Bestandteil des Versorgungsvertrages mit Tarifkunden. § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV enthält zur "Art der Versorgung" unter anderem folgende Regelungen:

(1)

Das Gasversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung...

(2)

Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.

Diesen Bestimmungen entnimmt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass dem Gasversorgungsunternehmen das Recht zusteht, Preise nach billigem Ermessen (§ 315 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB]) zu ändern. Ferner finden sich in § 32 Abs. 1 und 2 AVBGasV folgende Kündigungsbestimmungen:

(1)

Das Vertragsverhältnis läuft solange ununterbrochen weiter, bis es von einer der beiden Seiten mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Kalendermonats gekündigt wird...

(2)

Ändern sich die allgemeinen Tarife oder ändert das Gasversorgungsunternehmen im Rahmen dieser Verordnung seine allgemeinen Bedingungen, so kann der Kunde das Vertragsverhältnis mit zweiwöchiger Frist auf das Ende des der öffentlichen Bekanntgabe folgenden Kalendermonats kündigen.

2.

Bei den mit den Kunden der Gruppen 1 und 3 geschlossenen Verträgen handelt es sich zwar nicht um Verträge mit Tarifkunden im Sinne von § 1 Abs. 1 AVBGasV , sondern um Sonderkundenverträge. Für derartige Verträge gelten die Bestimmungen der AVBGasV nur dann, wenn sie als Vertragsklauseln wirksam vereinbart werden. Nach dem der revisionsrechtlichen Überprüfung durch den Senat zugrunde zu legenden Sachverhalt hat das beklagte Versorgungsunternehmen in den in das Versorgungsverhältnis einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Frage einer Preisänderung auf die Regelungen der AVBGasV oder auf die AVB-V. , die ein mit § 4 AVBGasV gleichlautendes Änderungsrecht enthält, Bezug genommen.

Was die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen anbelangt, enthält § 307 Abs. 1 BGB - in §§ 308 f. BGB ergänzt durch eine Reihe von Klauselverboten - folgende Regelung:

Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Zugleich bestimmt § 310 Abs. 2 BGB :

Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Abnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil des Abnehmers von Verordnungen über allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen...

a)

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Gasversorgungsunternehmen das ihm nach dem Regelungsgehalt des § 4 Abs. 1 oder 2 AVBGasV kraft Gesetzes zukommende Recht zur Preisänderung nicht nach freiem Belieben ausüben; eine solche Preisänderung hat gemäß § 315 BGB im Zweifel nach billigem Ermessen zu erfolgen. Sie ist deshalb für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Zu diesem Zweck kann dieser die Preisänderung auch gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen lassen (Senatsurteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 16 ff.; vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 26; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 20; BGH, Urteil vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244 Rn. 26).

Aus dieser gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit folgt nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Preisänderung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisänderung auch die Pflicht hierzu, wenn die Änderung für den Kunden günstig ist (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 Rn. 18 mwN; BGH, Urteil vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO).

b)

Für Versorgungsverträge mit Sonderkunden geht der erkennende Senat in Bezug auf hierin enthaltene Preisänderungsklauseln in seiner Rechtsprechung davon aus, dass aufgrund einer in § 310 Abs. 2 BGB dahingehend zum Ausdruck gebrachten Bewertung des deutschen Gesetzgebers eine Preisänderungsklausel, die das im Tarifkundenverhältnis bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV - und zwar einschließlich der insoweit bestehenden Kündigungsmöglichkeiten - unverändert in den Sonderkundenvertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, keine unangemessene Benachteiligung des Sonderkunden im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB darstellt. Dessen Satz 2 besagt zwar, dass eine unangemessene Benachteiligung sich auch daraus ergeben kann, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Den hieran zu messenden Anforderungen, wie sie die deutsche höchstrichterliche Rechtsprechung auch in anderen Fällen an die tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts stellt, genügt eine § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV nachgebildete vertragliche Preisänderungsklausel an sich nicht.

Gleichwohl steht dies nach Auffassung des Senats der Wirksamkeit einer unveränderten Übernahme von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV in einen Sonderkundenvertrag nicht entgegen, weil es den Versorgungsunternehmen nach dem in § 310 Abs. 2 BGB zum Ausdruck gekommenen Willen des deutschen Gesetzgebers freistehen soll, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Sonderabnehmern, deren Schutz nicht weitergehen soll als derjenige der Tarifabnehmer, entsprechend den Allgemeinen Versorgungsbedingungen auszugestalten. Mit einer unveränderten Übernahme von § 4 AVBGasV in das Sonderkundenverhältnis wird das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel erreicht, Sonderkunden nicht besser, aber auch nicht schlechter zu stellen als Tarifkunden. Es ist nicht ersichtlich, dass dafür im Bereich von Sonderverträgen höhere Anforderungen an die Bestimmtheit und die Konkretisierung einer Preisänderungsregelung gestellt werden müssten, als sie im Bereich der Tarifkundenversorgung durch § 4 AVBGasV unmittelbar erfüllt werden, zumal dem Sonderkunden ebenso wie dem Tarifkunden eine Überprüfung von einseitigen Preisänderungen nach § 315 BGB offen steht (Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO Rn. 21 ff. und VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 19 ff.; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, WM 2010, 1762 Rn. 32 ff.).

3.

Der Kläger ist dieser Sichtweise im Revisionsverfahren entgegengetreten, weil er meint, sie berücksichtige nicht hinreichend die Vorgaben der bis zum 1. Juli 2004 umzusetzenden Gas-Richtlinie und die danach bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts an die Transparenz von Preisänderungsklauseln zu stellenden Anforderungen, die nicht unter Hinweis auf § 310 Abs. 2 BGB unterlaufen werden dürften. Namentlich hätten die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 3 Satz 4 der Gas-Richtlinie einen hohen Verbraucherschutz, insbesondere in Bezug auf die Transparenz der allgemeinen Vertragsbedingungen, zu gewährleisten, wozu nach Maßgabe von Anhang A Buchst. c der Gasrichtlinie sicherzustellen sei, dass bei Preisänderungsklauseln die Kunden transparente Informationen über geltende Preise und Tarife erhielten. Diesen im nationalen Recht umzusetzenden Vorgaben stehe es entgegen, die sonst an die Transparenz von Preisänderungsklauseln zu stellenden Anforderungen gerade für den Bereich der Versorgung der Endkunden mit Gas herabzusetzen, ganz abgesehen davon, dass auch fraglich sei, ob das aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV hergeleitete gesetzliche Preisänderungsrecht hinreichend transparent sei, um den Vorgaben der Gas-Richtlinie an den Verbraucherschutz zu genügen (vgl. auch OLG Oldenburg, Vorlagebeschluss vom 14. Dezember 2010 - 12 U 49/07, [...]; Markert, ZMR 2010, 836, 837).

4.

Die Klausel-Richtlinie, deren Anwendbarkeit vorliegend bereits Zweifeln unterliegt, bedarf, falls dies zu bejahen sein sollte, genauso wie die Gas-Richtlinie hinsichtlich ihrer inhaltlichen Anforderungen an die Transparenz von Preisänderungsklauseln in Verträgen mit Verbrauchern über die Erdgasversorgung der Auslegung.

a)

Ob die Klausel-Richtlinie auf die vorliegende Fallgestaltung Anwendung findet, ist umstritten. Überwiegend wird Art. 1 Abs. 2 der Klausel-Richtlinie, wonach unter anderem Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften beruhen, nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie unterliegen, dahin verstanden, dass die Richtlinie nur vertragliche Vereinbarungen, nicht aber Rechtsvorschriften der Kontrolle unterwerfen wolle. Das gelte nicht nur für eine unmittelbare Kontrolle von Rechtsvorschriften, sondern insbesondere auch für vertragliche Vereinbarungen, die auf bindenden Rechtsvorschriften beruhten. Da eine indirekte Missbrauchskontrolle von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vermieden und deren Rechtsetzungsautonomie, soweit sie mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, gewahrt werden solle, würden deshalb alle vertraglichen Vereinbarungen, die inhaltlich mit Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten übereinstimmten, von Art. 1 Abs. 2 der Klausel-Richtlinie erfasst und unterlägen nicht der Missbrauchskontrolle (vgl. Wolf in Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., RL Art. 1 Rn. 33 ff. mwN).

Dem wird entgegengehalten, dass dadurch, dass im nationalen deutschen Recht die Versorgungsbedingungen im Tarifkundenbereich mit der AVBGasV in Form einer Rechtsverordnung geregelt worden sind, ein wirtschaftlicher Sektor gemeinschaftsrechtswidrig aus dem Anwendungsbereich der Klausel-Richtlinie ausgeklammert worden sei. Dieser Bereich müsse deshalb bei funktionaler Betrachtung einer Klauselkontrolle nach Maßgabe dieser Richtlinie zugeführt werden (Derleder/Rott, WuM 2005, 423, 430; Scholze, Die Stellung des Energievertragsrechts im Verhältnis zum allgemeinen Zivilrecht, 2007, S. 216 ff.).

Ebenso hält das Oberlandesgericht Oldenburg (aaO Rn. 12 f.) die Klausel-Richtlinie für anwendbar, weil es sich bei der vertraglichen Einbeziehung einer Norm - hier der AVBGasV - nicht um eine bindende Rechtsvorschrift im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Klausel-Richtlinie handele. Es bestehe kein durchgreifender Grund, einen Verwender von allgemeinen Vertragsbedingungen unter Umgehung des durch die Richtlinie gewährleisteten Verbraucherschutzes von dem Risiko der Unwirksamkeit freizustellen, wenn er auf eine gesetzliche Bestimmung zurückgreife, die für die betroffene Verbrauchergruppe und den herangezogenen Vertragsbereich nicht erlassen worden sei. Zumindest bestünden Zweifel, ob ein Anwendungsausschluss auch für das in Art. 5 der Klausel-Richtlinie niedergelegte Transparenzgebot gelte, bei dem es sich um ein zentrales Instrument des Verbraucherschutzes handele.

b)

Hinsichtlich der Anforderungen der Klausel-Richtlinie an die Transparenz von Preisänderungsklauseln wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, dass aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts eine Klauselgestaltung nicht zu beanstanden sei, wenn der Kunde über die Preiserhöhung unterrichtet werde und er kumulativ ein Sonderkündigungsrecht erhalte. Zwar liste Nr. 1 Buchst. j des Anhangs der Klausel-Richtlinie eine Klausel als tendenziell missbräuchlich auf, nach der es einem Gewerbetreibenden gestattet ist, die Vertragsklauseln einseitig ohne triftigen und im Vertrag aufgeführten Grund zu ändern. Dies habe in Nr. 2 Buchst. b des Anhangs der Klausel-Richtlinie aber eine wesentliche Einschränkung dahin erfahren, dass Nr. 1 Buchst. j Klauseln, durch die sich der Gewerbetreibende das Recht vorbehält, einseitig die Bedingungen eines unbefristeten Vertrages zu ändern, dann nicht entgegensteht, wenn es ihm obliegt, den Verbraucher hiervon rechtzeitig in Kenntnis zu setzen, und es dem Verbraucher freisteht, den Vertrag zu kündigen (Schöne, WM 2004, 262, 269; aA OLG Oldenburg, aaO, Rn. 16; Markert, aaO).

Auch hinsichtlich der Anforderungen der Gas-Richtlinie ist darauf hingewiesen worden, dass nach deren Anhang A Buchst. g die Mitgliedstaaten lediglich dafür Sorge zu tragen hätten, dass die Kunden, soweit sie an das Gasnetz angeschlossen seien, über ihre gemäß dem einschlägigen einzelstaatlichen Recht bestehenden Rechte auf Versorgung mit Erdgas einer bestimmten Qualität zu angemessenen Preisen informiert würden, dass insoweit allerdings nur auf die Regelungsbefugnis der nationalen Gesetzgeber verwiesen worden sei (Derleder/Rott, aaO). Außerdem ist in diesem Zusammenhang ausgeführt worden, dass das Recht zur einseitigen Änderung von Preisen in dieser Richtlinie vorausgesetzt sei und Anhang A Buchst. b insoweit lediglich vorschreibe, dass der Kunde rechtzeitig vor der Preisänderung über diese informiert werden und ihm ein außerordentliches Kündigungsrecht zustehen müsse, über das er ebenfalls zu informieren sei (Derleder/Rott, aaO; Schöne, aaO, S. 269 f.).

5.

Die Klausel-Richtlinie, die für die Zulässigkeit der bis zum 30. Juni 2004, dem Ablauf der Frist für die Umsetzung der Gas-Richtlinie in innerstaatliches Recht (Art. 33 Abs. 1 der Gas-Richtlinie), vorgenommenen Preisänderungen den alleinigen gemeinschaftsrechtlichen Maßstab bilden würde, hält der Senat vorliegend für nicht anwendbar. Davon abgesehen neigt der Senat der Auffassung zu, dass die Anforderungen, die nach Art. 3 und Art. 5 Satz 1 der Klausel-Richtlinie sowie nach Art. 3 Abs. 3 Satz 4 der Gas-Richtlinie an Preisänderungsklauseln zu stellen oder durch die Mitgliedstaaten zu gewährleisten sind, in Bezug auf die Klarheit und Verständlichkeit oder Transparenz der Klausel bei der Fallgestaltung, wie sie der Senat seiner revisionsrechtlichen Überprüfung zugrunde zu legen hat, gewahrt sind.

a)

Der in Art. 1 Abs. 2 der Klausel-Richtlinie geregelte Anwendungsausschluss ist in Erwägungsgrund 13 der Klausel-Richtlinie dahin erläutert, dass bei Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, in denen direkt oder indirekt die Klauseln für Verbraucherverträge festgelegt werden, davon ausgegangen wird, dass sie keine missbräuchliche Klauseln enthalten, so dass Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften beruhen, nicht der Richtlinie zu unterwerfen sind. Dies und der Umstand, dass die in Deutschland für Energieversorgungsverträge bestehenden rechtlichen Gegebenheiten bei Schaffung des Art. 1 Abs. 2 der Klausel-Richtlinie aufgrund des ursprünglichen Richtlinienvorschlags der Kommission bekannt waren (vgl. KOM[90] 322 endg. - SYN 285, S. 21), führen nach Auffassung des Senats dazu, dass auch solche Klauseln vom Anwendungsbereich der Klausel-Richtlinie ausgenommen sein sollten, die sich auf die unveränderte Übernahme von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten beschränken, weil auf diese Weise die betreffenden Rechtsvorschriften indirekt den Inhalt der Klauseln festlegen (ebenso Wolf, aaO).

b)

Klauseln, durch die sich der Gewerbetreibende das Recht vorbehält, einseitig die Bedingungen eines unbefristeten Vertrages zu ändern, sind abweichend von Nr. 1 Buchst. j des Anhangs der Klausel-Richtlinie nach dessen Nr. 2 Buchst. b nicht als missbräuchlich zu werten, wenn es dem Gewerbetreibenden obliegt, den Verbraucher hiervon rechtzeitig in Kenntnis zu setzen, und es diesem freisteht, den Vertrag zu kündigen. In die gleiche Richtung zielt Anhang A Buchst. b der Gas-Richtlinie, wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass die Kunden rechtzeitig über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen und dabei über ihr Rücktrittsrecht unterrichtet werden. Dabei haben die Dienstleister im Falle einer Gebührenerhöhung ihren Kunden jede Erhöhung mit angemessener Frist, auf jeden Fall jedoch vor Ablauf der normalen Abrechnungsperiode, auf die die Gebührenerhöhung folgt, mitzuteilen; zudem haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass es den Kunden freisteht, den Vertrag zu lösen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren, die ihnen der Gasdienstleister mitgeteilt hat.

Nach Auffassung des Senats wird aus den in Anhang A Buchst. b der Gas-Richtlinie und in Nr. 2 Buchst. b des Anhangs der Klausel-Richtlinie getroffenen Regelungen deutlich, dass der europäische Normgeber das Interesse der Versorgungsunternehmen anerkennt, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit weiterzugeben, ohne die Verträge kündigen zu müssen. Auf den gleichen Erwägungen beruht auch im nationalen deutschen Recht das gesetzliche Preisänderungsrecht gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV (jetzt: § 5 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz [Gasgrundversorgungsverordnung - GasGVV] vom 26. Oktober 2006 [BGBl. I S. 2391]; vgl. dazu Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO Rn. 22; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO Rn. 24). Aus dem in Art. 3 Abs. 3 Satz 4 der Gas-Richtlinie wie auch in Art. 5 Satz 1 der Klausel-Richtlinie lediglich in allgemeiner Weise formulierten Transparenzgebot ergeben sich nach Auffassung des Senats jedoch keine Vorgaben, welche der Gültigkeit von Preisänderungsklauseln entgegenstehen, die inhaltlich mit den genannten nationalen Vorschriften übereinstimmen.

Insbesondere hat der Senat Zweifel, ob die vom Kläger aus Anhang A Buchst. c der Gas-Richtlinie hergeleiteten Transparenzanforderungen, die sich nur auf "geltende Preise und Tarife" beziehen, bei Preisänderungen überhaupt zur Anwendung kommen können. Es spricht mehr dafür, die Anforderungen an künftige Preisänderungen nach den auf diese Fallgestaltung eigens zugeschnittenen Vorgaben von Anhang A Buchst. b der Gas-Richtlinie als der spezielleren Norm zu bestimmen. Dies kommt ebenso im Verhältnis von Nr. 1 Buchst. j und Nr. 2 Buchst. b Satz 2 des Anhangs der Klausel-Richtlinie zum Ausdruck, die dadurch bei Preisänderungen zugleich die Transparenzanforderungen lockert und nicht verlangt, dass im Vertrag ein Grund für die Preisänderung aufgeführt ist (vgl. Wolf in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, aaO, RL Anh Rn. 257 f.). Diesen Transparenzanforderungen wird nach Auffassung des Senats eine Preisänderungsklausel gerecht, die § 4 AVBGasV inhaltlich unverändert übernimmt. Denn jedenfalls durch eine richtlinienkonforme Auslegung ist sichergestellt, dass der Kunde von einer bevorstehenden Preisänderung so frühzeitig Kenntnis erlangt, dass er neben der ihm durch § 315 BGB eröffneten Möglichkeit einer inhaltlichen Nachprüfung der Preiserhöhung am Maßstab des billigen Ermessens auch ausreichend Gelegenheit hat, sich vom Versorgungsvertrag zu lösen.

IV.

Die Entscheidung über die Vorlagefragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts ist gemäß Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union vorbehalten.

Verkündet am: 9. Februar 2011

Vorinstanz: OLG Hamm, vom 29.05.2009 - Vorinstanzaktenzeichen I-19 U 52/08
Vorinstanz: LG Dortmund, vom 18.01.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 6 O 341/06
Fundstellen
MDR 2011, 342
NJW 2011, 1392
WM 2011, 850
ZIP 2011, 962