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BVerwG - Entscheidung vom 08.09.2010

8 B 54.10

Normen:
VwGO § 54 Abs. 1
ZPO § 42 Abs. 2

BVerwG, Beschluss vom 08.09.2010 - Aktenzeichen 8 B 54.10

DRsp Nr. 2010/17595

Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit bei Vorliegen von vom Standpunkt eines Beteiligten aus gesehen hinreichend objektiver an der Unparteilichkeit des Richters Zweifel erzeugender Gründe

1. Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nicht dagegen, dass der Richter tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt eines Beteiligten aus gesehen hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus.2. Richterliche Hinweise und Anregungen sind Aufgabe des Richters und rechtfertigen grundsätzlich keine Befangenheitsablehnung.3. Bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, erhält der Antragsteller auch keine Prozesskostenhilfe. Aus Gründen der Prozessökonomie kann sich daher eine Anfrage, ob das Rechtsmittel aufrechterhalten oder zurückgenommen wird, zugleich auf den gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beziehen.

Tenor

Der Antrag des Antragstellers, Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel für befangen zu erklären, wird abgewiesen.

Normenkette:

VwGO § 54 Abs. 1 ; ZPO § 42 Abs. 2 ;

Gründe

Der Antrag auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht Gödel wegen Besorgnis der Befangenheit ist unbegründet.

Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nicht dagegen, dass der Richter tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt eines Beteiligten aus gesehen hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (Urteil vom 5. Dezember 1975 - BVerwG 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <38 f.> = Buchholz 448.0 § 34 WehrPflG Nr. 48).

Bei Anwendung dieses Maßstabs ist die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters nicht begründet. Der Vorwurf des Antragstellers, das Schreiben vom 1. Juli 2010, das der Vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel unterschrieben habe, sei mangels Begründung nicht nachvollziehbar und das Bundesverwaltungsgericht hätte zuerst über seinen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe entscheiden müssen, erst dann wäre das Schreiben vom 1. Juli 2010 berechtigt und nachvollziehbar gewesen, ist objektiv nicht geeignet, an der Unparteilichkeit des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht Gödel zu zweifeln. Mit dem Schreiben vom 1. Juli 2010 wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass seine Beschwerde und sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unzulässig seien, weil gegen die angefochtene Entscheidung keine Beschwerdemöglichkeit zum Bundesverwaltungsgericht gegeben ist. Die Anfrage, ob der Antragsteller sein Rechtsmittel und seinen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe aufrechterhalten oder zurücknehmen wolle, war entgegen der Behauptung des Antragstellers mit einer Begründung versehen, nämlich dem Hinweis, dass das eingelegte Rechtsmittel keine Erfolgsaussichten hat.

Richterliche Hinweise und Anregungen sind Aufgabe des Richters und rechtfertigen grundsätzlich keine Befangenheitsablehnung (vgl. Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO , 3. Aufl. 2010, § 54 Rn. 72). Das Schreiben vom 1. Juli 2010 ist neutral abgefasst und enthält lediglich die Anfrage, ob im Hinblick auf die aufgezeigten fehlenden Erfolgsaussichten, die Beschwerde und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgenommen werde. Der Antragsteller wurde aufgrund dieses Schreibens nicht gedrängt, seine Beschwerde und das Prozesskostenhilfegesuch zurückzunehmen, sondern lediglich auf das bestehende Kostenrisiko für den Fall eines Unterliegens aufmerksam gemacht. Diese Vorgehensweise steht auch nicht im Widerspruch dazu, dass über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe in der Regel vor einer Entscheidung über die Beschwerde zu entscheiden ist. Die Frage, ob dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu gewähren ist, hängt unter anderem von den Erfolgsaussichten des Beschwerdeverfahrens ab (vgl. § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO ). Bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, erhält der Antragsteller auch keine Prozesskostenhilfe. Aus Gründen der Prozessökonomie kann sich daher eine Anfrage, ob das Rechtsmittel aufrechterhalten oder zurückgenommen wird, zugleich auf den gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beziehen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 146 Abs. 2 VwGO ).

Vorinstanz: