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BGH - Entscheidung vom 03.03.2009

EnVZ 52/08

Normen:
EnWG § 86 Abs. 1
EnWG § 87

Fundstellen:
NVwZ-RR 2009, 620

BGH, Beschluss vom 03.03.2009 - Aktenzeichen EnVZ 52/08

DRsp Nr. 2009/13166

Wirksamkeit übereinstimmender Erledigungserklärungen der Hauptparteien im verwaltungsgerichtlichen Verfahren betreffend die Genehmigung von Netzentgelten für ein Stromverteilungsnetz ohne Beteiligung der Bundesnetzagentur

Ist die Bundesnetzagentur an einem Rechtsmittelverfahren gemäß §§ 75 ff. EnWG nur als Beigeladene beteiligt, ist ihre Zustimmung zu übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Hauptparteien nicht erforderlich, so dass sie nicht verhindern kann, dass der Streit ohne ihre Zustimmung beigelegt wird.

Tenor:

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 15. Juli 2008 wird auf Kosten der Bundesnetzagentur zurückgewiesen.

Der Wert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens wird auf 791.173,86 EUR festgesetzt.

Normenkette:

EnWG § 86 Abs. 1 ; EnWG § 87 ;

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist ein kommunales Unternehmen, das u.a. ein Stromverteilungsnetz unterhält. Sie hatte bei der Landesregulierungsbehörde einen Antrag auf Genehmigung der Netzentgelte gestellt. Diesem Antrag entsprach die Landesregulierungsbehörde nur zum Teil. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht den Bescheid der Landesregulierungsbehörde aufgehoben und diese verpflichtet, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts erneut zu bescheiden. Der Bundesgerichtshof hat auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur, die ihre unterbliebene Beteiligung im Beschwerdeverfahren gerügt hat, den Beschluss des Beschwerdegerichts im vollen Umfang aufgehoben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen (BGHZ 174, 324 - Beteiligung der Bundesnetzagentur). Nunmehr hat das Beschwerdegericht auf übereinstimmenden Antrag der Antragstellerin und der Landesregulierungsbehörde - allerdings ohne Zustimmung der Bundesnetzagentur - das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und die Kosten des Beschwerde- sowie des Rechtsbeschwerdeverfahrens gegeneinander aufgehoben. Die Rechtsbeschwerde hat es nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Bundesnetzagentur.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Bundesnetzagentur bleibt ohne Erfolg.

1.

Die im Übrigen ohne weiteres zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft.

Zwar setzt die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 87 EnWG grundsätzlich voraus, dass sich die Rechtsbeschwerde, deren Zulassung begehrt wird, gegen einen Beschluss in der Hauptsache wendet (vgl. § 86 EnWG zur Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde). Daran könnte es hier fehlen. Ein Beschluss in der Hauptsache liegt vor, wenn er sich nicht in der Entscheidung über Neben- oder Zwischenfragen erschöpft, sondern das Verfahren, bliebe er unangefochten, ganz oder teilweise zum Abschluss brächte (Senat , Beschl. v. 11.11.2008 - EnVR 1/08 Tz. 8 - citiworks). Der Beschluss, mit dem die Hauptsache für erledigt erklärt wurde, erfüllte diese Voraussetzungen nur dann, wenn ihm konstitutive Bedeutung zukäme. Wäre das Beschwerdeverfahren indes in der Hauptsache bereits durch die Erledigungserklärungen selbst beendet worden, so entfaltete die entsprechende Feststellung in dem Beschluss keine eigenständige verfahrensbeendende Wirkung mehr.

Welche Wirkung die Erledigungserklärungen entfalten, kann hier aber auf sich beruhen. Denn für die Bejahung der Statthaftigkeit muss es ausreichen, wenn der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde letztlich gerade die Frage zur Entscheidung stellt, ob der angefochtene Beschluss ein Beschluss in der Hauptsache ist (vgl. Senat , Beschl. v. 25.1.1983 - KVZ 1/82, WuW/E 1982, 1983 - HARIBO). Dies ist hier der Fall, da die Bundesnetzagentur geltend macht, das Verfahren vor dem Beschwerdegericht sei durch die Erledigungserklärungen der Hauptparteien mangels ihrer Zustimmung nicht zum Abschluss gekommen und erst durch den Beschluss des Oberlandesgerichts beendet worden.

2.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

a)

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist eine Zustimmung des Beigeladenen zu den übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Hauptparteien nicht erforderlich. Der Beigeladene kann nicht verhindern, dass der Streit ohne seine Zustimmung beigelegt wird (BVerwGE 30, 27 , 28 ; BVerwG, NVwZ-RR 1989, 110, 111 ; BVerwG, NVwZ-RR 1992, 276, 277) . Dies folgt aus seiner prozessual von den Hauptparteien abhängigen Stellung. Da der Beigeladene sich nur einem bereits anhängigen Rechtsstreit anschließen kann, ist es konsequent, dass er sich nicht dagegen zu wehren vermag, wenn die Hauptparteien den Rechtsstreit beenden.

b)

Im Rechtsmittelverfahren gemäß §§ 75 ff. EnWG gilt nichts anderes. Beteiligt sich die Bundesnetzagentur am gerichtlichen Verfahren nicht als Hauptpartei, kommt auch ihr nur eine von den Hauptparteien abhängige Stellung zu.

Die Bundesnetzagentur hat - wie der Senat bereits in seiner zurückverweisenden Entscheidung ausgeführt hat (BGHZ 174, 324 Tz. 14 f. - Beteiligung der Bundesnetzagentur) - die Aufgabe, eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen. Deshalb ist ihr vom Gesetzgeber eine Beschwerdemöglichkeit eingeräumt worden (BGH a.a.O.), die unabhängig davon besteht, ob sie sich bereits am Regulierungsverfahren beteiligt hat. Damit kann die Bundesnetzagentur selbst bestimmen, ob sie gegen die Entscheidung der Regulierungsbehörde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung mit einer selbständigen Beschwerde vorgehen und damit zur Hauptpartei des Beschwerdeverfahrens werden will. Verzichtet sie darauf, so akzeptiert sie zugleich für sich die Entscheidung der Regulierungsbehörde. Ein Grund, ihr auch in diesem Fall noch die Möglichkeit einzuräumen, das von einem anderen Beteiligten zunächst betriebene Beschwerdeverfahren gegen den Willen der Hauptparteien fortführen zu lassen, ist nicht ersichtlich. Endet das Beschwerdeverfahren nämlich ohne Sachentscheidung, weil der Beschwerdeführer das Rechtsmittel zurückgenommen hat oder die Hauptbeteiligten - wie hier - das Beschwerdeverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, so verbleibt es nur bei dem Zustand, der durch die zunächst angefochtene Entscheidung hergestellt wurde. Diesen hat die Bundesnetzagentur aber ungeachtet seiner für eine einheitliche Rechtsanwendung etwa abträglichen Wirkung hingenommen. Daran muss sie sich festhalten lassen, wenn die Beteiligten das Beschwerdeverfahren nicht weiterbetreiben, das sie in Verfolgung ihrer - mit den Interessen der Bundesnetzagentur nicht identischen - Anliegen zunächst aufgenommen haben.

c)

Das Beschwerdeverfahren ist demnach bereits durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen zum Abschluss gebracht worden. Der angefochtene Beschluss stellt dies lediglich im Wege einer Klarstellung fest und ist konstitutiv nur hinsichtlich der Entscheidung über die Kostenverteilung. Er hat damit keine das Verfahren beendende Wirkung und stellt folglich keinen in der Hauptsache erlassenen Beschluss im Sinne des § 86 Abs. 1 EnWG dar. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde deshalb zu Recht nicht zugelassen (vgl. BGH, Beschl. v. 25.1.1983 - KVZ 1/82, WuW/E 1982, 1984 - HARIBO).

3.

Soweit die Bundesnetzagentur mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde die Kostenentscheidung angreift, bleibt ihr Rechtsbehelf gleichfalls erfolglos. Die Kostenentscheidung ist als Nebenentscheidung mit der Rechtsbeschwerde selbständig nicht anfechtbar (vgl. BGH, Beschl. v. 23.2.1988 - KVR 6/87, WuW/E 2478, 2479 - Co op-Wandmaker). Sie wird einer Überprüfung durch Rechtsbeschwerdegericht erst dadurch unterworfen, dass der Rechtsmittelführende zulässig gegen eine in der Hauptsache ergangene Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt hat. Da hier jedoch - wie ausgeführt - in der Hauptsache die Rechtsbeschwerde nicht eröffnet ist, weil die Nichtzulassungsbeschwerde unbegründet ist, kommt eine Überprüfung der Kostenentscheidung nicht in Betracht.

Vorinstanz: OLG Nauimburg, vom 15.07.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 1 W 25/06 EnWG
Fundstellen
NVwZ-RR 2009, 620