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BGH - Entscheidung vom 13.03.2009

V ZR 10/08

Normen:
BGB § 133
BGB § 157

BGH, Urteil vom 13.03.2009 - Aktenzeichen V ZR 10/08

DRsp Nr. 2009/8454

Auskehrung des Mehrerlöses aus dem Weiterverkauf eines ehemals volkseigenen Grundstücks

Ein Mehrerlös aus dem Weiterverkauf eines ehemals volkseigenen Grundstücks ist nicht nur dann auszukehren, wenn der Verkehrswert des Grundstücks zwischen Kauf und Weiterverkauf gestiegen ist. Ist für die Auskehr des Mehrerlöses vereinbart, dass die Differenz zwischen dem Aufwand für den Erwerb des Grundstücks und dem erzielten Erlös beim Weiterverkauf maßgeblich ist, ist der Verkehrswert des Grundstückes ohne jegliche Bedeutung.

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 11. Dezember 2007 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsverfahren, an einen anderen Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

BGB § 133 ; BGB § 157 ;

Tatbestand:

Die Klägerin war unter ihrer früheren Bezeichnung als Treuhandanstalt alleinige Gesellschafterin der Landmaschinentechnik O. GmbH (GmbH). Die GmbH war Eigentümerin eines Grundstücks, das sie nach der Widervereinigung Deutschlands nicht mehr benötigte. Mit Notarvertrag vom 1. März 1991 verkaufte sie eine Teilfläche des Grundstücks von rund 53.000 qm (Grundstück 1) für 40,79 DM/qm netto an den Beklagten. Nach dem Kaufvertrag ist ein aus einem Weiterverkauf binnen zwei Jahren erzielter Mehrerlös an die Klägerin abzuführen.

Mit Notarvertrag vom 8. Juli 1991 kaufte der Beklagte eine weitere Teilfläche des Grundstücks für 17,32 DM/qm netto. Dieser Vertrag enthält keine Verpflichtung zur Abführung eines aus einem Weiterverkauf erzielten Mehrerlöses.

Mit Vertrag vom 12. November 1991 verkaufte der Beklagte das Grundstück 1 und aus der am 8. Juli 1991 hinzugekauften Fläche eine an das Grundstück 1 angrenzende Teilfläche von rund 12.000 qm (Grundstück 2) an eine liechtensteinische Handelsgesellschaft. Kosten für den Abriss von Gebäuden auf den Grundstücken bis zu einem Betrag von 300.000 DM netto sollte die Käuferin zu tragen haben, etwaige höhere Abrisskosten der Beklagte. Der für das Grundstück 1 vereinbarte Preis beträgt nach dem Vertrag vom 12. November 1991 45 DM/qm netto, derjenige für das Grundstück 2 126 DM/qm netto.

Die Klägerin hält die Vereinbarung unterschiedlicher Preise für willkürlich. Sie hat den durch den Weiterverkauf der Grundstücke erzielten Preis mit 59,95 DM/qm netto errechnet und mit der Klage aus abgetretenem Recht der GmbH von dem Beklagten Auskehrung eines für das Grundstück 1 erzielten Mehrerlöses von 1.015.192,60 DM, 519.059,73 EUR, verlangt.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 233.066,85 DM stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 14. Dezember 1999 die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung des Beklagten die Klage vollständig abgewiesen. Mit Urteil vom 30. März 2001, V ZR 27/00, hat der Senat das Berufungsurteil vom 14. Dezember 1999 aufgehoben, der Klage dem Grunde nach stattgegeben und den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das die Klage neuerlich abgewiesen hat. Hiergegen wendet sich die von dem Senat zugelassene Revision, mit der die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, Voraussetzung einer Zahlungsverpflichtung des Beklagten sei, dass er aufgrund eines Anstiegs des Verkehrswerts der Grundstücke im Zeitraum zwischen Kauf und Weiterverkauf einen Spekulationsgewinn erzielt habe. Daran fehle es. Der Verkehrswert der Grundstücke habe bei deren Erwerb 32 DM/qm netto betragen, bis zu ihrem Weiterverkauf sei er auf 36 DM/qm netto gestiegen. Damit sei noch nicht einmal der Preis von 36,36 DM/qm netto von dem Beklagten erzielt worden, den er für den Erwerb der Grundstücke durchschnittlich aufgewendet habe. Einen Gewinn, der nach den Urteilen des Senats vom 8. November 2002, V 78/02, VIZ 2003, 240 f. und vom 7. Februar 2003, V ZR 285/02, VIZ 2003, 241 ff., Voraussetzung für eine Abschöpfung sei, habe er mithin nicht erzielt.

Das wirtschaftliche Ergebnis, zu dem der Weiterverkauf geführt habe, belege die Plausibilität dieser Überlegung. Der Beklagte habe für die Vorhabenund Erschließungsplanung Kosten von 311.824,33 DM netto und für den Abriss der Altbebauung in Höhe von 502.846,68 DM netto als erlösmindernd anzusehende Kosten getragen. Die Übernahme der bei dem Weiterverkauf noch nicht bekannten Abrisskosten im Vertrag vom 12. November 1991 rechtfertige den Ansatz eines Risikozuschlags über den vereinbarten Preis hinaus. Berücksichtige man auch diesen, verbleibe kein Mehrerlös.

II.

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der Senat hat im Urteil vom 30. März 2001 ausgeführt, dass die Grundstücke 1 und 2 gemeinsam zu bewerten sind, sofern ein nachvollziehbares Interesse an einer unterschiedlichen Bewertung nicht festgestellt werden kann. Die Mehrerlösklausel sei interessengerecht dahin auszulegen, dass werterhöhende Aufwendungen, die der Beklagte vor dem Weiterverkauf der Grundstücke gemacht habe, den realisierten Mehrerlös ebenso minderten wie die Übernahme von Verpflichtungen, die über die Pflichten aus dem Kaufvertrag vom 1. März 1991 hinausgingen. Hierzu bedürfe es weiterer Feststellungen.

Ein Interesse der Käuferin an einer unterschiedlichen Bewertung der Grundstücke hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Damit kommt es auf die weiteren nach dem Urteil vom 30. März 2001 notwendigen Feststellungen an. An diesen fehlt es weiterhin.

1.

Diese Feststellungen sind entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht deshalb entbehrlich, weil ein Mehrerlös aus dem Weiterverkauf eines ehemals volkseigenen Grundstücks nur dann auszukehren sei, wenn der Verkehrswert des Grundstücks zwischen Kauf und Weiterverkauf gestiegen ist. Das Berufungsgericht verkennt, dass die zum Beleg seiner Auffassung von ihm herangezogenen Urteile des Senats vom 8. November 2002, V ZR 78/02, VIZ 2003, 240 f, und vom 7. Februar 2003, V ZR 285/02, VIZ 2003, 241 ff, nicht zu tatsächlich erzielten Mehrerlösen ergangen sind. In beiden Fällen ist der Weiterverkauf vielmehr zu dem jeweiligen Erwerbspreis erfolgt; mit der Klage hat die Klägerin jeweils einen fiktiven Mehrerlös für sich in Anspruch genommen, dessen Höhe nach den vereinbarten Vertragsbedingungen von der Differenz zwischen dem Verkehrswert als fiktiv vereinbartem Preis beim Weiterverkauf und dem Erwerbspreis zu bestimmen war. Hierzu hat der Senat entschieden, dass eine Klausel, nach welcher bei einem Weiterverkauf zu einem Preis unterhalb des Verkehrswerts dieser Wert an die Stelle des vereinbarten Kaufpreises tritt, dahin auszulegen ist, dass nur eine Steigerung des Verkehrswertes zwischen Kauf und Weiterverkauf die vereinbarte Verpflichtung auslöst, soweit ein Mehrerlös tatsächlich nicht erzielt worden ist. Andernfalls fände der Sache nach eine - in den entschiedenen Fällen nicht vereinbarte - Nachbewertung statt.

Darum geht es hier nicht. In dem Kaufvertrag vom 1. März 1991 ist weder die Abführung eines fiktiven Mehrerlöses vereinbart worden, noch ist auf einen solchen Erlös gerichteter Anspruch Gegenstand der Klage. Diese ist vielmehr auf die Auskehr des für das Grundstück 1 von dem Beklagten erzielten Mehrerlöses, die Differenz zwischen dem Aufwand des Beklagten für den Erwerb des Grundstücks und dem für dieses von ihm erzielten Erlös, gerichtet. Im Hinblick auf den Weiterverkauf beider Grundstücke zu ohne nachvollziehbaren Grund unterschiedlichen Preisen müssen die für beide Grundstücke von dem Beklagten bezahlten Preise dem von ihm insgesamt erzielten Erlösen gegenüber gestellt werden, um den anteilig auf das Grundstück 1 entfallenden Mehrerlös zu bestimmen. Der Verkehrswert der Grundstücke ist hierfür ohne Bedeutung.

2.

Mit der Plausibilität der Überlegungen, mit denen das Berufungsgericht eine Verpflichtung des Beklagten, den Mehrerlös an die Klägerin abzuführen, verneint hat, haben die Feststellung der Höhe von dessen Aufwendungen auf die Grundstücke und die Feststellung der Höhe der Verpflichtungen, die er im Vertrag vom 12. November 1991 übernommen hat, nichts zu tun. Hat der Beklagte bei Berücksichtigung seiner Aufwendungen auf die Grundstücke vor dem Weiterverkauf und der von ihm im Vertrag vom 12. November 1991 übernommenen Abrisskosten keinen Mehrerlös erzielt, scheitert die Klage vielmehr hieran.

Wie die Revision zutreffend geltend macht, sind auch die insoweit von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und Überlegungen nicht frei von Rechtsfehlern.

Aufwendungen des Beklagten auf die von ihm erworbenen Grundstücke können den Anspruch der Klägerin nur insoweit mindern, als sie auf die weiterverkauften Grundstücke entfallen. Soweit der Beklagte auf bei ihm verbliebene Flächen Aufwendungen gemacht hat, sind diese für die Bestimmung des erzielten Mehrerlöses ohne Bedeutung. Des Weiteren ist für die Bestimmung des von dem Beklagten übernommenen Aufwands ohne Bedeutung, ob es betriebswirtschaftlich gerechtfertigt gewesen wäre, einen höheren als den für den Weiterverkauf vereinbarten Kaufpreis anzusetzen, weil die von dem Beklagten im Vertrag vom 12. November 1991 übernommenen Abrisskosten bei Abschluss des Vertrags nicht bekannt waren. Die Vereinbarung eines solchen Preises hätte den von dem Beklagten erzielten Mehrerlös erhöht.

3.

Der Senat hat von der durch § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Vorinstanz: OLG Naumburg, vom 11.12.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 3 U 5/05
Vorinstanz: LG Magdeburg, vom 10.03.1999 - Vorinstanzaktenzeichen 8 O 2713/98