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BGH - Entscheidung vom 10.07.2008

4 StR 220/08

Normen:
StGB § 224 Abs. 1 Nr. 2

BGH, Beschluß vom 10.07.2008 - Aktenzeichen 4 StR 220/08

DRsp Nr. 2008/15254

Körperverletzung "mittels" eines Pkws als gefährlichem Werkzeug

Dadurch, dass das Tatopfer von dem vom Täter geführten Pkw abrutscht, auf die Straße stürzt und sich dabei verletzt, ist eine Körperverletzung nicht "mittels eines gefährlichen Werkzeugs" im Sinne des Nr. 2 des § 224 Abs. 1 StGB begangen.

Normenkette:

StGB § 224 Abs. 1 Nr. 2 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten des gemeinschaftlich begangenen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in sieben vollendeten und drei versuchten Fällen für schuldig befunden und ihn insoweit unter Einbeziehung einer dreimonatigen Freiheitsstrafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und ferner wegen schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

1. Der Senat stellt aus verfahrensökonomischen Gründen im Tatkomplex III. A des angefochtenen Urteils das Verfahren in dem dort bezeichneten Fall 8 auf Antrag des Generalbundesanwalts ein und beschränkt im selben Tatkomplex das Verfahren gegen den Angeklagten auf die dort bezeichneten Fälle 2 b, 2 d, 2 e, 7 a, 9 und 10 a. Dementsprechend ist der diesen Tatkomplex betreffende Schuldspruch dahin zu ändern, dass der Angeklagte des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in vier vollendeten und zwei versuchten Fällen schuldig ist. Der Senat setzt in analoger Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Einzelstrafe im Fall 2 b auf acht Monate Freiheitsstrafe fest; er folgt damit der Strafbemessung des Landgerichts in den übrigen jeweils nur einen geschleusten Ägypter betreffenden vollendeten Fällen. Die Änderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung der in diesem Tatkomplex erkannten Gesamtstrafe zur Folge, die nunmehr aus den verbleibenden Einzelstrafen von viermal acht Monaten Freiheitsstrafe (Fälle 2 b, 2 d, 9 und 10 a) und zweimal sechs Monaten Freiheitsstrafe (Fälle 2 e und 7 a) unter Einbeziehung der dreimonatigen Freiheitsstrafe aus der früheren Verurteilung zu bilden ist.

2. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch im Übrigen einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nur insoweit ergeben, als das Landgericht ihn im Tatkomplex III. B der Urteilsgründe tateinheitlich zum schweren räuberischen Diebstahl und zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr der gefährlichen Körperverletzung für schuldig befunden hat. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 30. Mai 2008 zutreffend ausgeführt hat, ergeben die Feststellungen insoweit lediglich eine Strafbarkeit wegen (tateinheitlich begangener) "einfacher" Körperverletzung nach § 223 StGB . Denn dadurch, dass das Tatopfer von dem vom Angeklagten geführten Pkw abrutschte, auf die Straße stürzte und sich dabei verletzte, hat der Angeklagte die Körperverletzung nicht "mittels eines gefährlichen Werkzeugs" im Sinne der vom Landgericht angenommenen Tatbestandsalternative der Nr. 2 des § 224 Abs. 1 StGB begangen (Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405 ). Der Senat ändert deshalb den Schuldspruch insoweit dahin, dass der Angeklagte statt gefährlicher Körperverletzung der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig ist. Der Geschädigte hat rechtzeitig Strafantrag gestellt.

Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts hebt der Senat den Einzelstrafausspruch in dieser Sache auf. Denn er kann nicht ausschließen, dass sich der aufgezeigte Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf die Strafrahmenwahl und die Bemessung der - zumal angesichts des geringfügigen Werts der Tatbeute - vergleichsweise hohen Strafe ausgewirkt hat.

3. Der vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 30. Mai 2008 beantragten Nachholung eines Teilfreispruchs bedarf es nicht. Denn die Anklage richtete sich in dem vom Generalbundesanwalt bezeichneten Fall 6 im Tatkomplex III. A der Urteilsgründe nicht gegen den Angeklagten, sondern nur gegen die beiden früheren Mitangeklagten.

4. Von der Aufhebung der Gesamtstrafe im Tatkomplex III. A sowie der Einzelstrafe im Tatkomplex III. B der Urteilsgründe sind die zugehörigen Feststellungen nicht betroffen, diese können daher bestehen bleiben. Im Übrigen weist der Senat für das weitere Verfahren vorsorglich darauf hin, dass der neue Tatrichter angesichts der im angefochtenen Urteil festgestellten Verfahrensverzögerung auch die zur Kompensation geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07 - NJW 2008, 860 , zum Abdruck in BGHSt bestimmt; sogenannte Vollstreckungs- anstelle der Strafabschlagslösung) zu beachten haben wird.

Vorinstanz: LG München - 3.12.2007,