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BGH - Entscheidung vom 19.11.2008

VIII ZR 30/08

Normen:
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 550
BGB § 557a
BGB § 573c Abs. 4
BGB § 575 Abs. 4

Fundstellen:
NJW 2009, 912
NZM 2009, 153
ZGS 2009, 55

BGH, Urteil vom 19.11.2008 - Aktenzeichen VIII ZR 30/08

DRsp Nr. 2009/660

Formularmäßige Vereinbarung des Ausschlusses des Kündigungsrechts des Mieters in einem Wohnraummietvertrag

Ein einseitiger, wenn auch befristeter Kündigungsausschluss in einem Wohnraummietvertrag benachteiligt den Mieter unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB , wenn dem keine Vorteile gegenüberstehen.

Die Revision der Kläger gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 11. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

BGB § 307 Abs. 1 ; BGB § 550 ; BGB § 557a; BGB § 573c Abs. 4 ; BGB § 575 Abs. 4 ;

Tatbestand:

Die Beklagte war Mieterin einer Wohnung der Kläger in W. . Der Formularmietvertrag vom 17. Januar 2005 lautet in § 2:

"Es wird vereinbart, dass der Mieter auf sein ordentliches Kündigungsrecht ein Jahr lang, ab Mietbeginn, verzichtet und er in dieser Zeit demnach nur außerordentlich kündigen kann!"

Mit Schreiben vom 11. Juli 2005, das am 18. Juli 2005 bei der Mietverwaltung der Kläger einging, kündigte die Beklagte das Mietverhältnis zum 30. September 2005. Die Mietverwaltung der Kläger wies die Kündigung schriftlich unter Hinweis auf den vertraglichen Kündigungsausschluss zurück. Die Beklagte überwies für die Zeit ab Oktober keine Miete und keine Betriebskostenvorauszahlungen mehr an die Kläger. Sie gab die Wohnung am 28. Oktober 2005 zurück.

Die Kläger forderten von der Beklagten die Bezahlung der Betriebskosten für das Jahr 2005 und der Miete für die Monate Oktober 2005 bis einschließlich Februar 2006. Die Beklagte leistete keine Zahlung.

Die Kläger haben die von ihnen beanspruchte Forderung von insgesamt 3.308,88 EUR nebst Zinsen gerichtlich geltend gemacht.

Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Bezahlung der Miete für Oktober 2005 (450 EUR) sowie von Betriebskosten in Höhe von 336,54 EUR verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Kläger, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Miete für die Monate November 2005 bis einschließlich Februar 2006 erreichen wollten, hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Forderung auf Zahlung der Miete für die Monate November bis einschließlich Februar 2006 weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, ausgeführt:

Die den Klägern am 18. Juli 2005 zugegangene wirksame Kündigung der Beklagten habe das Mietverhältnis gemäß § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB zum 30. September 2005 (gemeint wohl: 31. Oktober 2005) beendet. Der formularmäßige Kündigungsausschluss zu Lasten der Mieterin scheitere zwar weder an § 573c Abs. 4 BGB noch an § 575 Abs. 4 BGB . Der einseitige Kündigungsausschluss zu Lasten der Beklagten sei jedoch nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Mieterin sei unangemessen benachteiligt, weil die Vermieter sich nicht in gleicher Weise gebunden hätten.

II.

Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision der Kläger zurückzuweisen ist.

1.

Zu Recht hat das Landgericht - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 30. Juni 2004 - VIII ZR 379/03, NJW 2004, 3117 unter II 1) - einen Verstoß gegen § 573c Abs. 4 BGB oder gegen § 575 Abs. 4 BGB verneint.

2.

Durch den einseitigen, befristeten Kündigungsausschluss wurde indes die Beklagte - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - unangemessen benachteiligt i.S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB .

a)

Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein einseitiger Ausschluss des Kündigungsrechts des Mieters im Zusammenhang mit einer Staffelmietvereinbarung nach § 557a BGB wirksam vereinbart werden kann (Senat , Urteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 154/04, NZM 2006, 256 ff., Tz. 21 f.). Die Kläger übersehen, dass in der genannten Entscheidung eine unangemessene Benachteiligung des Mieters deshalb verneint wurde, weil der den Mieter benachteiligende einseitige Kündigungsausschluss durch die Gewährung von Vorteilen ausgeglichen wurde, welche die Staffelmietvereinbarung (auch) für den Mieter bietet und in denen bereits der Gesetzgeber die sachliche Rechtfertigung für einen zeitlich begrenzten Ausschluss des Kündigungsrechts des Mieters gesehen hat. Im vorliegenden Fall wurde kein Staffelmietvertrag vereinbart. Es fehlt auch sonst an der Gewährung eines ausgleichenden Vorteils für den Mieter, der den einseitigen Kündigungsverzicht rechtfertigen könnte.

b)

Vergeblich will die Revision aus §§ 544 , 550 BGB die Wirksamkeit des einseitigen Kündigungsverzichts herleiten. Zwar ist richtig, wie die Revision unter Berufung auf § 550 BGB ausführt, dass bei einem Mietvertrag, der sich über ein Jahr hinaus erstrecken soll, der Mieter jedenfalls ein Jahr an den Vertrag gebunden ist, wenn der Vertrag nur mündlich geschlossen wurde. Die Kläger lassen dabei allerdings außer Acht, dass nach § 550 Satz 2 BGB beide Parteien frühestens zum Ablauf eines Jahres wirksam kündigen können. Vorliegend hingegen ist allein das Kündigungsrecht der Mieterin befristet ausgeschlossen.

c)

Auch der Hinweis der Kläger, der Mieterin sei es erlaubt, bei einem berechtigten Interesse an einer vorzeitigen Vertragsbeendigung einen Nachmieter zu stellen, vermag kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Denn diese Möglichkeit beseitigt die nachteiligen Folgen der unangemessenen Benachteiligung nicht, weil es im Einzelfall durchaus fraglich ist, ob es der Mieterin gelingen würde, einen Nachmieter zeitgerecht zu finden. Durch die (unwirksame) Regelung im Mietvertrag der Parteien würde das grundsätzlich dem Vermieter obliegende Risiko, einen Nachmieter zu finden, auf den Mieter verlagert. Dafür gibt es keinen rechtfertigenden Grund.

d)

Der Senat befindet sich mit seiner Ansicht im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung und dem Schrifttum.

Ein Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom 22. Dezember 2003 ( VIII ZR 81/03, NJW 2004, 1448 ) ist nicht ersichtlich. Dort wurde zwar die Wirksamkeit eines einseitigen Verzichts des Wohnraummieters auf sein gesetzliches Kündigungsrecht bejaht (aaO). Der vorliegende Fall unterscheidet sich allerdings von dem damaligen Rechtsstreit in einem wesentlichen Punkt: Im dortigen Verfahren war der Kündigungsverzicht individualrechtlich vereinbart. Damit war die hier einschlägige Vorschrift des § 307 BGB unanwendbar, der nur eine Regelung für Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält.

Im Übrigen ist es in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und - soweit ersichtlich - auch im Schrifttum einhellige Auffassung, dass ein einseitiger, formularvertraglicher Kündigungsverzicht des Mieters außerhalb einer wirksamen Staffelmietvereinbarung oder eines wirksamen Zeitmietvertrages nicht vereinbart werden kann (LG Duisburg, NMZ 2003, 354; Staudinger/Rolfs, BGB (2006), § 573c Rdnr. 51; Börstinghaus, GE 2006, 898 f.; Häublein, ZMR 2004, 252, 254 ; Hinz, WuM 2004, 126, 127 f. [BGH 22.12.2003 - VIII ZR 81/03]; Kandelhard, WuM 2004, 129, 132 ; Wieck, WuM 2005, 369; Weitemeyer in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, § 557a Rdnr. 13; Palandt/Weidenkaff, BGB , 67. Aufl., § 573c Rdnr. 3; Wetekamp, Mietsachen, 4. Aufl., Kap. 8, Rdnr. 422).

Vorinstanz: LG Halle, vom 11.12.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 2 S 54/07
Vorinstanz: AG Weißenfels, vom 25.01.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 3 C 410/06
Fundstellen
NJW 2009, 912
NZM 2009, 153
ZGS 2009, 55