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BGH - Entscheidung vom 16.04.2007

AnwZ (B) 39/05

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7

BGH, Beschluß vom 16.04.2007 - Aktenzeichen AnwZ (B) 39/05

DRsp Nr. 2007/8961

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls

1. Von Vermögensverfall eines Rechtsanwalts ist auszugehen, wenn zahlreiche Zahlungs- und Auskunftsverlangen gegen den Rechtsanwalt geltend gemacht werden, es in vier Fällen zu Forderungspfändungen gekommen ist und das Finanzamt wegen Steuerforderungen vollstreckt.2. Von einer nachhaltigen Konsolidierung der Vermögensverhältnisse kann nicht ausgegangen werden, wenn der Rechtsanwalt kein umfassendes Verzeichnis über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorlegt und neue Steuerschulden und die Eintragung von Haftbefehlen im Schuldnerverzeichnis bekannt geworden sind.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ;

Gründe:

1. Der Antragsteller ist seit 1962 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, zunächst beim Amtsgericht und beim Landgericht B., seit 2003 auch beim Oberlandesgericht H.. Am 29. März 2004 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen dessen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt.

2. Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3 , Abs. 4 BRAO ), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. Feuerich/Weyland, BRAO 6. Aufl. § 7 Rdn. 142 m.w.N.). Diese Voraussetzungen waren zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheides erfüllt. Dies ergab sich vor dem Hintergrund zahlreicher, auch gerichtlich gegen den Antragsteller geltend gemachter Zahlungs- und Auskunftsverlangen aus vier seit 1999 bis 2004 erfolgten Forderungspfändungen über insgesamt mehr als 5.800 EUR und insbesondere aus einer Zwangsvollstreckung durch das Finanzamt wegen Steuerforderungen in Höhe von über 23.000 EUR.

b) Der Antragsteller hat nicht hinreichend dargetan, dass sich seine Vermögensverhältnisse nunmehr konsolidiert hätten, so dass von einem Widerruf abgesehen werden könnte (vgl. BGHZ 75, 356; 84, 149). Das Erfordernis der hierfür unerlässlichen umfassenden Darstellung seiner Vermögensverhältnisse (vgl. Feuerich/Weyland aaO. § 14 Rdn. 59 m.w.N.) hat er kaum ansatzweise, jedenfalls nicht vollständig erfüllt. Zwar ist im August 2004 durch das Finanzamt eine Steuererstattung in Höhe von über 13.700 EUR erfolgt und mittlerweile die Erfüllung einer der Widerrufsverfügung zugrunde gelegten Forderung von über 4.300 EUR (Forderung O.) anderweit durch Mitteilung des Gerichtsvollziehers bekannt geworden. Jedoch sind bis Mai 2006 neue Steuerschulden in Höhe von 54.000 EUR entstanden und seit Juli 2006 sechs Haftbefehle im Schuldnerverzeichnis eingetragen worden, unter anderem wegen dreier Forderungen der Oberjustizkasse H. in einer Gesamthöhe von über 2.790 EUR sowie der Forderungen G. (über 1.200 EUR) und K. (über 2.400 EUR). Auch mehrfache Fristsetzungen, zuletzt bis Mitte Dezember 2006, haben nicht dazu geführt, dass angekündigte Nachweise vorgelegt und die aktuelle Vermögenssituation umfassend belegt worden sind. Insgesamt verfestigt sich nach alledem auch der Eindruck, dass der Antragsteller den für eine hinreichend zuverlässige Berufsausübung unerlässlichen Überblick über seine finanziellen Verhältnisse nicht mehr besitzt.

c) Bei dieser Sachlage ist für einen Ausnahmefall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden ungeachtet des Vermögensverfalls nicht gefährdet wären, nichts ersichtlich.

Vorinstanz: AnwGH Nordrhein-Westfalen, vom 19.11.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 1 ZU 35/04