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BGH - Entscheidung vom 31.10.2007

III ZR 258/05

Normen:
BGB § 328

BGH, Beschluß vom 31.10.2007 - Aktenzeichen III ZR 258/05

DRsp Nr. 2007/21498

Voraussetzungen der Schutzwirkung eines Prospektprüfungsberichts

Beruht die Annahme einer Schutzwirkung auf einer Verlautbarung im Emissionsprospekt, wonach der angekündigte Prospektprüfungsbericht "nach Fertigstellung den von den Vertriebspartnern vorgeschlagenen ernsthaften Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt" wird, ist zur Inanspruchnahme einer solchen Schutzwirkung regelmäßig erforderlich, dass der Anleger den Bericht vor seiner Anlageentscheidung anfordert und von dessen Inhalt Kenntnis nimmt (Fortführung des Senatsurteils BGH - III ZR 300/05 - 14.06.2007 - WM 2007, 1507 ).

Normenkette:

BGB § 328 ;

Gründe:

I. Der Kläger zeichnete am 28. Dezember 2000 - unter Einschaltung der D. GmbH als Treuhänderin - eine Kommanditeinlage über 100.000 DM zuzüglich 5.000 DM Agio an dem Filmfonds V. KG. Die Fondsgesellschaft geriet im Jahr 2002 im Zusammenhang mit der Insolvenz der Produktionsdienstleisterin in eine wirtschaftliche Schieflage. Es stellte sich heraus, dass an die Produktionsdienstleisterin überwiesene Gelder nicht zurückzuerlangen waren und Erlösausfallversicherungen für aufgenommene Produktionen nicht abgeschlossen waren.

Wegen behaupteter Mängel des Prospekts begehrt der Kläger Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung Rückzahlung des eingezahlten Betrags von 53.685,65 EUR nebst Zinsen. Der Kläger hält die Beklagte zu 1 - Tochtergesellschaft einer international tätigen Großbank - als (Mit-)Initiatorin und Hintermann für prospektverantwortlich. Die Beklagte zu 2, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, nimmt der Kläger wegen behaupteter Fehler bei der ihr von der Beklagten zu 1 aufgetragenen Prüfung des Prospekts in Anspruch.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision gegen das Berufungsurteil.

II. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

1. Der Senat hat in seinen Urteilen vom 14. Juni 2007, die eine Beteiligung an derselben Fondsgesellschaft betrafen, entschieden, dass der Emissionsprospekt im Hinblick auf die im Abschnitt "Risiken der Beteiligung" angeführte, als "worst-case-Szenario" bezeichnete "Restrisiko-Betrachtung" den Anleger nicht deutlich genug darauf hinweist, dass seine Beteiligung dem Risiko eines Totalverlustes und nicht lediglich eines begrenzten Verlustes unterliegt, und hat darin einen Prospektmangel gesehen ( III ZR 300/05 - WM 2007, 1507 , 1508 f. Rn. 13 f; III ZR 125/06 - WM 2007, 1503 , 1504 f. Rn. 14 f). Er hat ferner eine Haftung der mit der Erstellung des Prospektprüfungsgutachtens betrauten Beklagten zu 2 nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter für möglich gehalten, wenn sich der Anleger das Prospektprüfungsgutachten hat aushändigen lassen (Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 300/05 - WM 2007, 1507 , 1510 Rn. 21), und sie verneint, wenn der Anleger nur darauf vertraut, dass seinem Vermittler der Inhalt des Prüfberichts bekannt sei und dieser ihn über etwaige Unzulänglichkeiten des Prospekts aufklären würde, falls Beanstandungen in dem Gutachten enthalten seien (Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06 - WM 2007, 1503 , 1507 Rn. 28 f).

2. Auch wenn das Berufungsgericht in der hier anhängigen Sache davon ausgegangen ist, der Emissionsprospekt sei nicht zu beanstanden, so dass es von vornherein an der Voraussetzung für eine Haftung der Beklagten fehle, ist die Zulassung der Revision nicht geboten, weil das Berufungsgericht die Abweisung der Klage auf weitere selbständig tragende Gründe gestützt hat.

a) Soweit es um die Haftung der Beklagten zu 1 geht, hat das Berufungsgericht angedeutet, dass von ihrer Prospektverantwortlichkeit auszugehen sei. Prospekthaftungsansprüche hat es jedoch mit näherer Begründung für verjährt gehalten. Dabei hat es seiner Beurteilung zutreffend zugrunde gelegt, dass Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn bei einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung in analoger Anwendung der in den gesetzlich geregelten Fällen der Prospekthaftung bestimmten kurzen Verjährung (§ 20 Abs. 5 KAGG , § 12 Abs. 5 AuslInvestmG , jeweils in der bis zum 30. Juni 2002 geltenden Fassung) in - seinerzeit - sechs Monaten ab Kenntnis des Prospektmangels, spätestens jedoch in drei Jahren nach dem Beitritt verjähren (vgl. BGHZ 83, 222 , 224; BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - X ZR 283/02 - NJW 2004, 3420 , 3421). Hiergegen wird von der Beschwerde nichts angeführt.

Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, eine Haftung nach § 826 BGB oder nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB scheide aus, weil es an ausreichendem Sachvortrag fehle, inwiefern die Beklagte zu 1 bewusst verschwiegen habe, dass Absicherungsmaßnahmen (in der Form einer Erlösausfallversicherung) im konkreten Fall fraglich bzw. nicht zu erlangen gewesen seien. Insoweit hat die Beschwerde - und auch dies nur mit Blick auf die Prospekthaftung im engeren Sinne - lediglich auf den in das Wissen eines Sachverständigen gestellten Vortrag des Klägers hingewiesen, eintrittsbereite Erlösausfallversicherungen seien schon seinerzeit kaum zu erlangen gewesen, und dies sei der Branche (und damit selbstverständlich auch der Beklagten zu 1) bekannt gewesen. Demgegenüber hat das Berufungsgericht aus dem unstreitigen Umstand, dass es für drei Vorgängerfonds einen Rahmenvertrag oder eine Deckungszusage gegeben hat, den Schluss gezogen, es lägen keine erkennbaren Gründe vor, weshalb für den streitgegenständlichen Fonds eine Versicherung nicht hätte abgeschlossen werden können. Mit dieser Überlegung lässt sich zwar nicht ohne weiteres rechtfertigen, dass der Prospekt in dieser Hinsicht dem Anleger ein zutreffendes Bild vermittelt, weil die Fondsgesellschaft nach dem Vortrag des Klägers, der durch ein Schreiben der Bevollmächtigten der Komplementärin vom 21. März 2003 belegt wird, gerade nicht in den Rahmenvertrag einbezogen war (vgl. auch Senatsurteile vom 14. Juni 2007, III ZR 300/05 Rn. 15, III ZR 125/06 Rn. 16). Für die Annahme eines besonders qualifizierten Verschuldens im Sinne einer deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit genügt der wiedergegebene Vortrag jedoch mangels jeder genaueren zeitlichen Einordnung nicht. Der Kläger hat auch keinen Sachvortrag gehalten, für den der Senat in der Sache III ZR 125/06 unter Rn. 23 eine deliktsrechtliche Verantwortlichkeit in Betracht gezogen hat.

b) Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten zu 2 mit der zusätzlichen Überlegung verneint, es fehle an der Kausalität einer (möglichen) Pflichtverletzung, weil der Kläger das Prospektprüfungsgutachten nicht gekannt habe. Das ist nicht zu beanstanden. Der Kläger, der sich das Prospektprüfungsgutachten nicht vor seiner Anlageentscheidung hat aushändigen lassen, kann eine Haftung der Beklagten zu 2 nicht mit seinem Vortrag begründen, der Anlageberater R. habe ihm die Beteiligung empfohlen und er - der Kläger - habe auf die im Prospektprüfungsgutachten enthaltenen Angaben vertraut. Wie der Senat unter Heranziehung früherer Entscheidungen befunden hat, kommt es für die Erstreckung der Schutzwirkung und die Haftung nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Bereich der Expertenhaftung entscheidend darauf an, dass der Anleger von dem Gutachten Gebrauch macht und hierdurch ein Vertrauen des Anlegers erzeugt und auf seinen Willensentschluss Einfluss genommen wird (Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06 - aaO. Rn. 28). Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Maß der Erstreckung der Schutzpflicht nicht allein aus der Sicht des am Vertrag nicht beteiligten Dritten zu bestimmen, sondern dass dies in erster Linie Sache der Vertragsparteien ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 138, 257 , 261). Im vorliegenden Fall ist insoweit darauf abzustellen, was zu dem Prospektprüfungsgutachten - für alle Anleger lesbar - in dem Prospekt verlautbart worden ist. Wenn es dort heißt, dass "der Bericht nach Fertigstellung den von den Vertriebspartnern vorgeschlagenen ernsthaften Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt" werde, kann der Anleger den Drittschutz grundsätzlich nur dann in Anspruch nehmen, wenn er das Gutachten für seine Zwecke anfordert und es auf diese Weise zur Grundlage seiner Entscheidung macht. Dass die mit dem Vertrieb betrauten Unternehmen im Besitz des Gutachtens sein mögen, die Aufnahme der Beteiligung in den Vertrieb möglicherweise auch von einem beanstandungsfreien Prospektprüfungsgutachten abhängig gemacht haben mögen, schafft für sich genommen nicht die im Prospekt beschriebene besondere haftungsbegründende Beziehung des Gebrauchmachens des Gutachtens durch den Anleger.

Soweit die Beschwerde meint, dem Kläger müsse im Hinblick auf die Senatsurteile vom 14. Juni 2007 durch eine Aufhebung des Berufungsurteils und durch Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht Gelegenheit zu weiterem Vortrag gegeben werden, besteht hierfür kein rechtfertigender Grund. Der Kläger hatte vielmehr aufgrund der bisher bereits bekannten Rechtsprechung zu den Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und mit Rücksicht auf den Vortrag der Beklagten zu 2, er habe den Prospektprüfungsbericht vor seiner Anlageentscheidung nicht erhalten und er sei für seine Entscheidung nicht kausal gewesen, hinreichenden Anlass zu weitergehendem Vortrag.

Vorinstanz: OLG München, vom 20.09.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 5 U 2976/05
Vorinstanz: LG München I, vom 24.03.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 17754/04