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BGH - Entscheidung vom 20.06.2007

IV ZR 228/06

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 20.06.2007 - Aktenzeichen IV ZR 228/06

DRsp Nr. 2007/14165

Umfang des rechtlichen Gehörs im Zivilverfahren

Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Urteilsfindung in Erwägung zu ziehen und erhebliche Beweisantritte zu berücksichtigen. Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn die Gerichte das Bestreiten von Tatsachenbehauptungen übergehen und davon ausgehen, dass substantiierte Einwände (hier: gegen die Höhe des geltend gemachten Schadens in einem Versicherungsprozess) nur teilweise erhoben sind.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ) verletzt. Das führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung.

1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Urteilsfindung in Erwägung zu ziehen (BVerfG NJW 2000, 131 ) und erhebliche Beweisantritte zu berücksichtigen (BVerfG NJW 2005, 1487 und NJW 1991, 285 , 286). Danach durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass die Beklagte substantiierte Einwände gegen die Höhe des geltend gemachten Schadens nur insoweit erhoben habe, als sie die Beschädigung der Rolex-Uhr, des Granittisches und der Modellautos bestritten habe. Das Berufungsgericht hat insoweit übersehen, dass die Beklagte der Behauptung des Klägers, sämtliche von ihm in der Schadensaufstellung bezeichneten Gegenstände seien verbrannt, schon mit der Klageerwiderung vom 23. Februar 2001 entgegengetreten ist und vorgetragen hat, der Kläger habe Belege nur hinsichtlich eines Teils der vom Brand angeblich vernichteten Gegenstände vorgelegt. Die Beschwerde weist in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hin, dass das Berufungsgericht die Parteien noch mit Beschluss vom 29. März 2006 darauf hingewiesen hat, dass die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Entschädigung umstritten sei und dazu ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müsse, sollte der vom Berufungsgericht vorgeschlagene Vergleich nicht zustande kommen. Der Kläger ist ferner mit Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts vom 17. Mai 2006 aufgefordert worden, ergänzend zur Schadenshöhe vorzutragen, soweit keine Belege vorhanden seien. Soweit das Berufungsgericht in den Urteilsgründen ausgeführt hat, mit Ausnahme der Beschädigung der Rolex-Uhr, des Granittisches und der Modellautos sei die Beklagte dem Umfang und der Höhe des Schadens entsprechend der Aufstellung in der Klageschrift nicht weiter entgegengetreten, hat es danach erhebliches Parteivorbringen der Beklagten verfahrensfehlerhaft unberücksichtigt gelassen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht.

2. Zwar bezieht sich die vorstehend näher dargelegte Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör lediglich auf die Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schadens. Gleichwohl nötigt dieser Verfahrensverstoß zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung insgesamt. Denn es ist nicht auszuschließen, dass sich in der neuen Verhandlung zur Schadenshöhe bislang nicht erörterte Umstände ergeben, die Rückschlüsse auf ein etwaiges arglistiges Verhalten des Klägers und dessen Motivation zulassen, so dass die Beklagte sich auch insoweit auf Leistungsfreiheit nach § 22 Nr. 1 VHB 92 berufen kann (vgl. Senatsurteil vom 23. September 1992 - IV ZR 199/91 - VersR 1992, 1465 unter I 3 a).

3. Bei der erneuten Beurteilung der Frage, ob der Kläger die Beklagte über den Schadensumfang arglistig getäuscht hat, wird das Berufungsgericht die weiteren insoweit erhobenen Rügen der Beschwerde zu prüfen haben.

Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 26.07.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 7 U 114/03
Vorinstanz: LG Frankfurt/M. - 2/19 O 20/01 - 17.6.2003,