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BGH - Entscheidung vom 05.06.2007

5 StR 182/07

Normen:
StGB § 46 Abs. 2

BGH, Beschluß vom 05.06.2007 - Aktenzeichen 5 StR 182/07

DRsp Nr. 2007/10950

Strafschärfende Berücksichtigung der Art der Tatausführung bei verminderter Schuldfähigkeit

Erklärt sich die Art der Tatausführung aus dem die Annahme erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit begründenden Zustand des Angeklagten, darf sie nicht strafschärfend berücksichtigt werden.

Normenkette:

StGB § 46 Abs. 2 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (besonders schwerer) Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten erzielt den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg. Das Rechtsmittel ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO .

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Die Zeugin P. lernte am späten Abend des 21. Juli 2006 bei Alkoholkonsum in einer größeren Runde an einem Imbiss den Angeklagten kennen. Der Angeklagte - mit einer Blutalkoholkonzentration von 2 bis 3 % alkoholisiert - begleitete schließlich die Zeugin, nachdem diese geäußert hatte, dass mit demjenigen, der sie nach Hause bringen würde, sexuell "noch etwas laufen" würde.

Der Angeklagte und die Zeugin versuchten einvernehmlich, den vaginalen Geschlechtsverkehr durchzuführen. Nach fünf bis zehn Minuten wandte sich die Zeugin P. von dem Angeklagten ab; sie forderte ihn auf, sich anzuziehen und die Wohnung zu verlassen. "Der Angeklagte (...) schrie die Zeugin daraufhin an, sie solle weitermachen, würgte sie am Hals und begann wie verrückt auf das Gesicht der Zeugin einzuschlagen. Danach ergriff (er) sie fest an beiden Oberarmen und drückte ihren Oberkörper anschließend zurück auf die Couch. Die Zeugin, deren Gesicht blutverschmiert war, begann daraufhin in Todesangst den Angeklagten, der zumindest in diesem Moment eine Erektion hatte, oral zu befriedigen, ohne dass es dabei allerdings zu einem Samenerguss des Angeklagten gekommen war" (UA S. 5).

Der Angeklagte verursachte bei der Geschädigten u. a. mehrere Mittelgesichtsfrakturen und einen Bruch eines kleinen Fingers, die operativ versorgt werden mussten. Bleibende Schäden oder Beeinträchtigungen hat die Zeugin nicht davongetragen.

2. Der Strafausspruch, den das Landgericht dem gemäß §§ 21 , 49 Abs. 1 StGB gemilderten Regelstrafrahmen des § 177 Abs. 4 Nr. 2a StGB entnommen hat, begegnet in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden Bedenken.

a) Der Angeklagte ist nicht, was das Landgericht annimmt, mehrfach einschlägig vorbestraft, sondern lediglich durch einen Strafbefehl vom 3. Januar 2002 wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25 Euro. Auch die weiteren vier Verurteilungen wegen zwei Verkehrsdelikten und drei Diebstahlstaten sind in drei Strafbefehlen und einer Verurteilung durch den Strafrichter mit ebenfalls noch geringen Geldstrafen geahndet worden.

b) Das Landgericht lässt unbeachtet, dass die brutale Vorgehensweise, die bei der Strafrahmenwahl und bei der allgemeinen Strafzumessung Berücksichtigung gefunden hat (vgl. dazu BGH NJW 2001, 836 , 838, insoweit nicht in BGHSt 46, 225 ff. abgedruckt), als Art der Tatausführung sich ersichtlich aus dem die Annahme erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit (nicht Einsichtsfähigkeit; vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 21 Rdn. 3) begründenden Zustand des Angeklagten erklärt (vgl. BGHR StGB § 21 Strafzumessung 18; BGH NJW aaO.).

c) Ferner ist die strafschärfende Erwägung, dass der Angeklagte "zugleich eine Vergewaltigung begangen hat" (UA S. 13) nicht nachvollziehbar.

3. Demnach muss die Strafe, die entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ungeachtet der gewichtigen Verletzungen der Geschädigten nicht als jedenfalls angemessen nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO zu bestätigen ist, von einem neuen Tatrichter neu bemessen werden. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier vorliegenden bloßen Wertungsfehler nicht. Der neue Tatrichter wird weitergehende Feststellungen treffen können, die freilich nicht zu den bisher getroffenen in Widerspruch treten dürfen.

Vorinstanz: LG Berlin, vom 21.12.2006