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BGH - Entscheidung vom 18.04.2007

2 StR 144/07

Normen:
StPO § 154 Abs. 2

Fundstellen:
NStZ 2007, 476

BGH, Beschluß vom 18.04.2007 - Aktenzeichen 2 StR 144/07

DRsp Nr. 2007/8987

Anhängigkeit von nur vermeintlich eingestellten Taten

Taten, welche ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nicht gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden sind, sind auch dann weiter bei Gericht anhängig, wenn sie nach den übereinstimmenden Erklärungen des Vorsitzenden und des Sitzungsstaatsanwalts (statt der im Protokoll tatsächlich vermerkten Taten) eingestellt werden sollten.

Normenkette:

StPO § 154 Abs. 2 ;

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Untreue in 364 Fällen und wegen Urkundenfälschung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt und das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses in den Fällen 173 bis 181 der Anklageschrift geltend macht. Das Rechtsmittel führt zu einer Teileinstellung und der Abänderung des Schuldspruchs; im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

Der Verurteilung in den Fällen 173 bis 181 der Anklageschrift stand entgegen, dass das Verfahren insoweit vom Landgericht in der Hauptverhandlung vom 13. Dezember 2006 gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt wurde. Zwar sollten nach den übereinstimmenden Erklärungen des Vorsitzenden und des Sitzungsstaatsanwalts die Fälle 370 bis 381 der Anklageschrift eingestellt werden; das Protokoll belegt jedoch eindeutig, dass tatsächlich die Fälle 173 bis 181 der Anklageschrift eingestellt worden sind. Das Protokoll enthält keine aus der Niederschrift selbst heraus ersichtlichen Unklarheiten, Mängel, Lücken oder Widersprüche; durch außerhalb des Protokolls liegende Umstände wird seine Beweiskraft nicht in Frage gestellt. Auch kann angesichts des Umstands, dass die Protokollführerin keine Erinnerung mehr daran hat, welche Fälle der Sitzungsstaatsanwalt in seinem Einstellungsantrag genannt hat, nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer bewusst wahrheitswidrig das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses behauptet und sich zum Beweis auf ein als unrichtig erkanntes Protokoll beruft (vgl. BGHSt 51, 88 = BGH NStZ 2007, 49).

Mit der Einstellung durch einen Gerichtsbeschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO entsteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis, zu dessen Beseitigung ein förmlicher Wiederaufnahmebeschluss gemäß § 154 Abs. 5 StPO erforderlich ist (BGH Beschluss vom 9. November 2004 - 3 StR 382/04). Einen solchen Beschluss hat das Landgericht nicht erlassen.

Die Gesamtstrafe kann bestehen bleiben. Der Senat schließt angesichts der Vielzahl der verbleibenden Fälle aus, dass das Landgericht ohne die Verurteilung in den Fällen 173 bis 181 der Anklage auf eine geringere Gesamtstrafe erkannt hätte. Das Landgericht hat einen durch 364 Fälle der Untreue verursachten Gesamtschaden von 635.420,23 EUR festgestellt; die durch die Einstellung ausgeschiedenen neun Taten haben einen Gesamtschaden von nur 8.300 EUR zum Gegenstand.

Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Taten 370 bis 381 der Anklage vom 21. Juli 2006, welche nicht gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden sind, bisher nicht abgeurteilt und deshalb noch beim Landgericht anhängig sind.

Vorinstanz: LG Frankfurt/Main, vom 13.12.2006
Fundstellen
NStZ 2007, 476