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BFH - Entscheidung vom 07.03.2007

I R 25/05

Normen:
EG Art. 43 Art. 56
EWGRL 90/434 Art. 3 Art. 8 Abs. 1, 2 Art. 11 Abs. 1 lit. a
UmwStG (1995) § 20 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, 2, Abs. 4 S. 1 § 23 Abs. 4 S. 1 § 26 Abs. 2 S. 1

Fundstellen:
BB 2007, 1490
BB 2007, 1538
BFH/NV 2007, 1607
BFHE 217, 419
BStBl II 2007, 679
DB 2007, 1568
DStR 2007, 1117
EuZW 2007, 680
GmbHR 2007, 828
IStR 2007, 476

BFH, Beschluss vom 07.03.2007 - Aktenzeichen I R 25/05

DRsp Nr. 2007/10871

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH: Sog. doppelte Buchwertverknüpfung beim grenzüberschreitenden Anteilstausch gemeinschaftsrechtswidrig?

»Dem EuGH werden die folgenden Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Steht Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 (ABlEG Nr. L 225, 1) der Steuerregelung eines Mitgliedstaates entgegen, nach welcher bei Einbringung der Anteile an einer EU-Kapitalgesellschaft in eine andere EU-Kapitalgesellschaft dem Einbringenden nur dann die Fortführung der Buchwerte der eingebrachten Anteile ermöglicht wird, wenn die übernehmende Kapitalgesellschaft die eingebrachten Anteile ihrerseits mit den Buchwerten angesetzt hat (sog. doppelte Buchwertverknüpfung)? 2. Falls dies zu verneinen sein sollte: Widerspricht die vorstehende Regelungslage Art. 43 EG und Art. 56 EG, obwohl die sog. doppelte Buchwertverknüpfung auch bei der Einbringung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft in eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft verlangt wird?«

Normenkette:

EG Art. 43 Art. 56 ; EWGRL 90/434 Art. 3 Art. 8 Abs. 1, 2 Art. 11 Abs. 1 lit. a ; UmwStG (1995) § 20 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, 2, Abs. 4 S. 1 § 23 Abs. 4 S. 1 § 26 Abs. 2 S. 1 ;

Gründe:

I. Sach- und Streitstand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine inländische AG, war im Streitjahr 2000 --neben einer Schweizer AG-- an einer inländischen GmbH (C-GmbH) beteiligt; sie hielt 89,5 v.H. der Anteile. Am 28. April 2000 wurde diese Beteiligung der Klägerin gegen Gewährung von 2 136 372 Stück neuer Aktien (= 1,47 v.H. des Grundkapitals) im Wege der Kapitalerhöhung in eine französische société anonyme, die C-S.A., eingebracht. Die erworbenen Aktien, deren Börsenkurs in der Folgezeit stark absank, mussten aufgrund börsenaufsichtsrechtlicher Verpflichtungen binnen fünf Jahren veräußert werden, davon zum 24. Mai 2000 25 v.H. und danach jährlich 15 v.H.

Da die Anteile der C-GmbH von der C-S.A. in der Handels- und Steuerbilanz nicht mit dem Buchwert der Anteile, sondern mit deren im Einbringungsvertrag angesetzten Verkehrswert angesetzt wurden, verweigerte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) unter Hinweis auf § 23 Abs. 4 Satz 1 und § 20 Abs. 4 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes ( UmwStG 1995) und das dazu ergangene Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25. März 1998 (BStBl I 1998, 268, dort Tz. 23.10) der Klägerin die Fortführung der Buchwerte, sah den Einbringungsvorgang als steuerpflichtig an und besteuerte dementsprechend einen Einbringungsgewinn in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den ursprünglichen Anschaffungskosten und dem Verkehrswert.

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide war erfolgreich. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg vom 17. Februar 2005 6 K 209/02 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 994 abgedruckt.

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das dem Revisionsverfahren beigetretene BMF hat sich in der Sache dem FA angeschlossen, jedoch keine eigenen Anträge gestellt.

Während des Revisionsverfahrens wurden die angefochtenen Bescheide auf Antrag der Klägerin wegen einer die Streitfrage dieses Verfahrens nicht betreffenden Unrichtigkeit in der Steuererklärung durch Bescheide vom 15. Dezember 2005 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geändert.

II. Rechtslage nach deutschem Recht

Die Entscheidung über die Revision ist von der Beantwortung der im Tenor genannten Vorlagefragen abhängig. Sofern jene Fragen zu verneinen sind, müsste das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden. Ist eine der Fragen aber zu bejahen, bliebe die Revision des FA im Ergebnis erfolglos; der Klage wäre --nach formeller Aufhebung des FG-Urteils infolge der zwischenzeitlich geänderten Steuerbescheide-- stattzugeben.

§ 23 Abs. 4 UmwStG 1995 regelt die Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die die Voraussetzungen des Art. 3 der Richtlinie 90/434/EWG des Rates über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen (Fusionsrichtlinie --FRL--) vom 23. Juli 1990 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 225, 1) in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung erfüllt (EU-Kapitalgesellschaft), in eine andere EU-Kapitalgesellschaft. Hat die übernehmende Kapitalgesellschaft bei einer solchen Einbringung aufgrund ihrer Beteiligung einschließlich der übernommenen Anteile nachweisbar unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft, deren Anteile eingebracht werden (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 1995), so gelten für die Bewertung der Anteile, die die übernehmende Kapitalgesellschaft erhält, § 20 Abs. 2 Sätze 1 bis 4 und 6 UmwStG 1995 und für die Bewertung der neuen Anteile, die der Einbringende von der übernehmenden Kapitalgesellschaft erhält, § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 entsprechend.

Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 darf die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen. Nach Satz 2 der Vorschrift ist der Buchwertansatz auch zulässig, wenn in der Handelsbilanz das eingebrachte Betriebsvermögen nach handelsrechtlichen Vorschriften mit einem höheren Wert angesetzt werden muss. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 bestimmt, dass der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile gilt. Mit dieser letzteren Regelung verlangt das Gesetz die sog. doppelte Buchwertverknüpfung. Eine Unterscheidung zwischen Inlands- und Auslandseinbringungen trifft das Gesetz insoweit nicht; beide Sachverhalte werden gleich behandelt.

Vor diesem gesetzlichen Hintergrund wäre die Klage im Streitfall abzuweisen. Denn es fehlt an dem hiernach erforderlichen Buchwertansatz der eingebrachten Anteile an der C-GmbH bei der C-S.A.

III. Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht

Der vorlegende Senat erachtet das Erfordernis der sog. doppelten Buchwertverknüpfung bei grenzüberschreitenden Einbringungen aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht jedoch nicht als zweifelsfrei. Es könnte gegen Art. 8 Abs. 2 Satz 1 FRL sowie auch gegen die in Art. 43 und Art. 56 des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG) sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (ABlEG 1997 Nr. C-340/1) verbürgten Grundfreiheiten der freien Wahl der Niederlassung sowie des Kapitalverkehrs verstoßen, deren Auslegung dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vorbehalten ist (vgl. Art. 234 Abs. 1 Buchst. a EG).

1. § 23 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 und die darin angeordnete sog. doppelte Buchwertverknüpfung werden im Schrifttum ganz überwiegend als gemeinschaftsrechtswidrig angesehen (vgl. z.B. Albrecht in Haritz/Benkert, UmwStG , 2. Aufl., § 23 Rz 73; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG , UmwStG , 4. Aufl., § 23 UmwStG Rz 93; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 23 UmwStG Rz 214; Schoss in Bordewin/Brandt, EStG , § 23 UmwStG Rz 65 ff.; Thömmes in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Vor § 23 UmwStG Rz 86 ff., § 23 UmwStG Rz 183 ff.; Bogenschütz, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2000, 609; Benecke, IStR 2005, 283; Herzig, Der Betrieb --DB-- 2000, 2236; Patt in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 23 UmwStG nF Rz 114, jew. m.w.N., auch zu der --zumeist älteren-- Gegenmeinung); die Vorinstanz hat sich dem angeschlossen. Diese Auffassung stützt sich im Wesentlichen auf die folgenden Erwägungen:

- § 23 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 sei nicht mit Art. 8 Abs. 2 FRL vereinbar. Denn nach Art. 8 Abs. 1 FRL dürfe die Zuteilung von Anteilen am Gesellschaftskapital der übernehmenden oder erwerbenden Gesellschaft an die Gesellschafter der einbringenden oder erworbenen Gesellschaft gegen Anteile an deren Gesellschaftskapital u.a. aufgrund des Austausches von Anteilen für sich allein keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns auslösen. Abs. 4 der Vorschrift mache die Anwendung von Abs. 1 (nur) von der Voraussetzung abhängig, dass "der Gesellschafter" den erworbenen Anteilen keinen höheren steuerlichen Wert beimisst als den Anteilen an der einbringenden oder erworbenen Gesellschaft unmittelbar vor dem Austausch von Anteilen. Es werde dort also nur gefordert, dass die erworbene Beteiligung von dem Einbringenden als "demselben" Gesellschafter mit dem Buch- oder Teilwert der hingegebenen Beteiligung für steuerliche Zwecke bewertet werde. Es fehle hingegen eine Aussage zum Wertansatz bei der aufnehmenden Gesellschaft. Das "Schweigen" der Richtlinie in diesem Punkt sei dahin zu verstehen, dass für die Ebene der aufnehmenden Gesellschaft keine (zusätzlichen) Einbringungserfordernisse aufgestellt werden dürften. Jedenfalls lasse sich aus diesem "Schweigen" nicht das Gegenteil ablesen.

- Dem entspreche es, dass der Wertansatz bei der aufnehmenden EU-Kapitalgesellschaft nicht dem deutschen, sondern dem jeweiligen ausländischen Besteuerungszugriff unterliege.

- Art. 11 Abs. 1 Buchst. a FRL, der der Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen diene, sei durch § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 umgesetzt worden. An beiden Vorschriften erweise sich, dass es auf den Wertansatz bei der aufnehmenden Gesellschaft nicht ankomme. Denn Art. 11 Abs. 1 Buchst. a FRL sehe einen Grund für die Versagung oder Rückgängigmachung der Anwendung u.a. von Art. 8 Abs. 4 FRL --nur-- darin, dass der Anteilstausch als "hauptsächlichen Beweggrund oder als einen der hauptsächlichen Beweggründe die Steuerhinterziehung oder -umgehung" habe, wovon bei fehlenden "vernünftigen wirtschaftlichen Gründen" ausgegangen werden dürfe. § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 sehe zur Missbrauchsabwehr eine typisierte Vermeidungsregelung in Gestalt einer zeitlich begrenzten Veräußerungssperre vor: § 23 Abs. 4 UmwStG 1995 sei danach im Grundsatz dann nicht anzuwenden, wenn die eingebrachten Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Einbringung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder auf einen Dritten übertragen werden. Im Falle der Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die Übernehmerin sei der zunächst steuerfreie Anteilstausch also nur dann rückgängig zu machen, wenn eine steuerfreie Veräußerung wegen des Ansatzes des tatsächlichen Werts der erhaltenen Anteile erfolge. Der Gesetzgeber habe mit § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 sein Regelungskonzept zur Missbrauchsvermeidung abschließend abgesteckt. Das zusätzliche Erfordernis des Buchwertansatzes bei der aufnehmenden Gesellschaft stehe hiermit und auch mit dem gemeinschaftsrechtlich Zulässigen nicht in Einklang.

- Die verlangte Buchwertverknüpfung über die Grenze laufe faktisch leer, weil etliche Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) Veräußerungsgewinne nicht besteuerten (so Belgien, die Niederlande sowie Luxemburg und Österreich, aber auch Deutschland, vgl. § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1999). In einigen EU-Mitgliedstaaten sei ein besonderer Bilanzansatz für die Ermittlung eines Veräußerungsgewinns überdies unbekannt. Letztlich basiere das Prinzip der doppelten Buchwertverknüpfung auf einem von der Fusions-Richtlinie gänzlich abweichenden Besteuerungskonzept, bei dem innerhalb eines in sich geschlossenen Besteuerungssystems alle beteiligten Steuerobjekte den gleichen steuerlichen Vorschriften unterlägen. In Deutschland sei dies der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz, der der steuerlichen Gewinnermittlung sowohl des Einbringenden als auch der übernehmenden Gesellschaft zugrunde zu legen sei. Ein solches geschlossenes Besteuerungssystem existiere grenzüberschreitend jedoch nicht.

2. Der erkennende Senat erachtet diese Erwägungen zumindest als schwerwiegend. Sie geben ihm Anlass, die Frage nach der Vereinbarkeit von § 23 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 mit dem sekundären, ggf. auch dem primären Gemeinschaftsrecht dem zu der Beantwortung dieser Frage berufenen EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Er hält die Gemeinschaftsrechtslage nicht für derart klar und eindeutig, um selbst eine abschließende Antwort geben zu können.

a) Insbesondere hält er Art. 8 Abs. 2 Satz 1 FRL nicht für unmittelbar anwendbar (anders z.B. Albrecht in Haritz/Benkert, aaO., § 23 Rz 73; Krebs, Betriebs-Berater 1997, 2078, 2083 sowie die Vorinstanz und die Klägerin). Denn eine EG-Richtlinie entfaltet u.a. nur dann unmittelbare Wirkung, wenn sie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau ist und keinen Raum für eine Entscheidung des Mitgliedstaates lässt (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 10. Juli 1964 Rs. 6/64, EuGHE 64, 1251; vom 19. Januar 1982 Rs. 8/81, EuGHE 82, 53; vom 22. April 1984 Rs. 7/83, EuGHE 84, 1975; vom 26. Februar 1986 Rs. 152/84, EuGHE 86, 723). Letzteres aber kann bei Art. 8 Abs. 2 Satz 1 FRL nicht ohne weiteres angenommen werden. Indem diese Regelung nur die Person des Einbringenden, nicht aber die der aufnehmenden Gesellschaft anspricht, könnte sie bei engem Wortlautverständnis Auslegungsfreiräume belassen und dadurch dem nationalen Gesetzgeber Anwendungsvorbehalte für die Buchwertfortführung ermöglichen, wie sie in § 23 Abs. 4 UmwStG 1995 vorgesehen sind (s. z.B. Thiel, Steuerberater-Jahrbuch 1991/92, 43, 49; Saß, DB 1990, 2340, 2344; Kieschke, Deutsche Steuer-Zeitung 1991, 289, 292; Patt in Dötsch/Jost/Pung/Witt, aaO., § 23 UmwStG nF Rz 114; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Rz 3.68; anders z.B. Widmann in Widmann/Mayer, aaO., § 23 UmwStG Rz 377; Albrecht in Haritz/Benkert, aaO., § 23 Rz 73; Thömmes in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, aaO., § 23 UmwStG Rz 186, jew. m.w.N.). Von Bedeutung könnte unter den Gegebenheiten des Streitfalles überdies sein, dass nach Maßgabe des französischen Körperschaftsteuerrechts eine Buchwertfortführung durch die aufnehmende Kapitalgesellschaft offenbar möglich und eine Besteuerung der stillen Reserven im Inland so gesehen vermeidbar gewesen wäre.

b) Unterstellt man, Art. 8 Abs. 2 Satz 1 FRL ließe sich ein gemeinschaftsrechtlich gebotener Ausschluss der sog. doppelten Buchwertverknüpfung nicht zwingend entnehmen oder eine solche Verknüpfung werde durch die Regelung sogar ermöglicht, bliebe weiter zu prüfen, ob sich ein solcher Befund mit primärem EG-Recht und hierbei mit den erwähnten Grundfreiheiten der Art. 43 und 56 EG vertrüge (vgl. dazu z.B. Senatsurteil vom 9. August 2006 I R 95/05, IStR 2006, 864 ). In diesem Zusammenhang gibt der Senat zu bedenken, dass der deutsche Gesetzgeber das Prinzip der sog. doppelten Buchwertverknüpfung in § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 auch (und vor allem) für vergleichbare rein inländische Einbringungszusammenhänge umgesetzt hat. Sähe man hiervon für grenzüberschreitende Vorgänge innerhalb der EU ab, so ergäbe sich insofern eine Ungleichbehandlung, die möglicherweise vor dem Hintergrund der jedenfalls im Streitjahr noch ausstehenden Harmonisierung des Körperschaftsteuer- und Umwandlungssteuerrechts nicht ohne weiteres gerechtfertigt wäre. Dem ließe sich entgegenhalten, dass die im EG-Vertrag verbürgten Grundfreiheiten nach der Rechtsprechung des EuGH nicht nur ein Diskriminierungs-, sondern gleichermaßen ein Beschränkungsverbot enthalten. Der Senat überantwortet es dem Gerichtshof zu prüfen, in welchem Verhältnis diese beiden Verbote zueinander stehen, und zwar einerseits --auch und gerade-- unter den gegebenen Umständen einer gemeinschaftsrechtlich an sich gebotenen Gleichbehandlung in- und ausländischer Sachverhalte, andererseits der Unterschiede, welche sich daraus ergeben, dass die aufnehmende Kapitalgesellschaft in dem einen Fall dem deutschen, in dem anderen Fall aber einem ausländischen Steuerrecht und sie infolgedessen voneinander abweichenden Gewinnermittlungsregeln unterfällt.

IV. Vorlage an den EuGH

Der Senat setzt das Revisionsverfahren deshalb gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung aus und legt dem EuGH die im Tenor gestellten Rechtsfragen gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, vom 17.02.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 6 K 209/02
Fundstellen
BB 2007, 1490
BB 2007, 1538
BFH/NV 2007, 1607
BFHE 217, 419
BStBl II 2007, 679
DB 2007, 1568
DStR 2007, 1117
EuZW 2007, 680
GmbHR 2007, 828
IStR 2007, 476