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BVerwG - Entscheidung vom 19.10.2006

10 B 10.06

BVerwG, Beschluss vom 19.10.2006 - Aktenzeichen 10 B 10.06

DRsp Nr. 2006/28947

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers, der das Verfahren nach dem Tod der bisherigen Klägerin zu 2) als deren Erbe alleine fortführt, hat keinen Erfolg.

1. Eine Zulassung der Revision wegen des von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) kommt nicht in Betracht. Zur hinreichenden Bezeichnung des behaupteten Verstoßes gegen die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO ) gehört, dass substantiiert dargelegt werden muss, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden habe, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 >n.F.< VwGO Nr. 26 S. 13 >14<). Dem genügt die Beschwerde nicht.

a) Die Beschwerde rügt, dass das Flurbereinigungsgericht sich hinsichtlich des Einlagegrundstücks Görzelsacker (UA S. 7/8) auf ergänzende Angaben des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung zu den betriebswirtschaftlichen Verhältnissen des südöstlich benachbarten Teilnehmers gestützt habe; diese seien vom Kläger nicht substantiiert bestritten worden. Mit dieser Begründung habe das Flurbereinigungsgericht weitere Ermittlungen des Sachverhalts nicht ausschließen dürfen. Dass Dritte mit dem erwähnten Nachbarn Pachtverträge abgeschlossen hätten, habe der Kläger nicht anders als durch einfaches Bestreiten in Frage stellen können. Das Flurbereinigungsgericht hätte deshalb dem Beklagten aufgeben müssen, diese Pachtverträge vorzulegen, oder selbst entsprechende Nachforschungen anstellen müssen.

Ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO ist damit schon deshalb nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet, weil das Beschwerdevorbringen zum einen an dem angefochtenen Urteil vorbeigeht und zum anderen dem Akteninhalt nicht entspricht. Insofern ist - erstens - darauf hinzuweisen, dass das Flurbereinigungsgericht die erwähnten Angaben des Beklagtenvertreters seiner Entscheidung nicht deshalb zugrunde gelegt hat, weil der Kläger sie nicht substantiiert "bestritten" habe (wie die Beschwerde formuliert), sondern weil der Kläger sie nicht substantiiert "in Frage gestellt" habe (UA S. 8). Entscheidend war für das Flurbereinigungsgericht nicht die mangelnde Substantiierung, sondern dass der Kläger den Angaben des Beklagten überhaupt nicht entgegen getreten ist, d.h. weder durch einfaches Bestreiten noch durch substantiierte Erwiderung. Nur dies lässt sich nämlich - zweitens - dem Akteninhalt entnehmen: In der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und die Ortsbesichtigung des Flurbereinigungsgerichts am 14. November 2005, bei denen der Kläger - neben seinem Prozessbevollmächtigten - durch seinen Sohn vertreten wurde, sind die von der Beschwerde erwähnten Angaben des Beklagtenvertreters ausführlich wiedergegeben (Protokoll S. 4), ohne dass dort - wie bei anderen vom Kläger beanstandeten Punkten des Flurbereinigungsplans - vermerkt ist, dass der Sohn des Klägers diese bestritten habe (vgl. demgegenüber sein Bestreiten beim Waldgrundstück "Im Bratloch" zur Frage einer anderen akzeptablen Querspanne >Protokoll S. 5 oben< und beim Grundstück "Am Reisenberg" zur Frage, ob die vom Beklagten vorgesehene neue Aufteilung für den Kläger günstig ist >Protokoll S. 6 oben<). Danach kann der Senat nicht feststellen (auch nicht anhand des Akteninhalts im Übrigen), dass der Kläger die erwähnten Angaben des Beklagten überhaupt in Frage gestellt hat. Es besteht aber keine Verpflichtung des Gerichts, ohne einen solchen Anstoß in nicht durch entsprechendes Vorbringen oder andere konkrete Anhaltspunkte veranlasste Nachforschungen einzutreten (vgl. Eyermann/Geiger, VwGO , 12. Aufl. 2006, § 86 Rn. 10 m.w.N.). Im Übrigen bleibt es bei dem Grundsatz, dass von einer anwaltlich vertretenen Partei im Allgemeinen - so auch hier - erwartet werden kann, dass eine von ihr für notwendig erachtete Sachaufklärung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form beantragt wird. Wird dies versäumt, kann die Partei eine mangelnde Sachaufklärung nicht mehr erfolgreich rügen (stRspr, vgl. Beschluss vom 25. Januar 2005 - BVerwG 9 B 38.04 - NVwZ 2005, 447 >449<).

b) Nichts anderes gilt, soweit die Beschwerde im Weiteren rügt, dass das Flurbereinigungsgericht "das Abwägungsmaterial nicht ausreichend ermittelt" und insbesondere "die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse der anderen Teilnehmer (..) nur sehr kursorisch ermittelt" habe. Auch insoweit ist nicht erkennbar, dass das Flurbereinigungsgericht, ohne dass sich dafür - sei es aufgrund des Klägervortrags, sei es aufgrund des Akteninhalts - Anhaltspunkte aufdrängten, in eine "Totalrevision" - in welchem Umfang (bezüglich welcher anderen Teilnehmer) und mit welcher Tiefe auch immer - der dem Flurbereinigungsplan zugrunde liegenden Abwägungsentscheidung (§ 44 Abs. 2 FlurbG ) hätte eintreten müssen. Dass für eine solche Prüfung ein hinreichend konkreter Anlass bestand, legt die Beschwerde auch nicht ansatzweise dar.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO , die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 2 , § 47 Abs. 1 und 3 GKG .

Vorinstanz: VGH Hessen, vom 16.11.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 23 F 907/05