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BSG - Entscheidung vom 14.06.2006

B 7b AS 22/06 B

Normen:
SGG § 73a Abs. 1 S. 1
ZPO § 115 Abs. 3

Fundstellen:
NZS 2006, 612

BSG, Beschluß vom 14.06.2006 - Aktenzeichen B 7b AS 22/06 B

DRsp Nr. 2006/23495

Gewährung von Prozesskostenhilfe bei Vorhandensein einer Rechtsschutzversicherung mit Selbstbeteiligung

Eine Rechtsschutzversicherung ist iS des § 115 Abs. 3 ZPO als Bestandteil des Vermögens vorrangig einzusetzen, um die Kosten eines Rechtsstreits zu bestreiten. Soweit die Deckungssumme der Versicherung allerdings nicht ausreicht, bleibt der Kläger hilfebedürftig. Da eine Verpflichtung zum Abschluss einer Rechtsschutzversicherung nicht besteht, kann die Gewährung von PKH auch nicht deshalb abgelehnt werden, weil der Kläger sich für eine Versicherung ohne Selbstbeteiligung hätte entscheiden können. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

SGG § 73a Abs. 1 S. 1 ; ZPO § 115 Abs. 3 ;

Gründe:

Der Kläger ist rechtsschutzversichert. Die Rechtsschutzversicherung hat die Erklärung abgegeben, die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde mit Ausnahme einer Selbstbeteiligung von 153 EUR zu übernehmen. Rechtsanwalt J , dessen Beiordnung der Kläger beantragt, hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) auf die Übernahme der vom Kläger zu tragenden Selbstbeteiligung in Höhe von 153 EUR beschränkt, weil dieser nicht in der Lage sei, die Selbstbeteiligung aus eigenen Mitteln aufzubringen. Mit der von ihm vorgelegten Erklärung über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse hat der Kläger dies nachgewiesen.

Eine Rechtsschutzversicherung ist iS des § 115 Abs 3 Zivilprozessordnung ( ZPO ) als Bestandteil des Vermögens vorrangig einzusetzen, um die Kosten eines Rechtsstreits zu bestreiten (vgl Bundessozialgericht >BSG<, Beschluss vom 17. August 1998 - B 14 KG 13/98 R; BSG SozR 3-1500 § 73a Nr 4). Soweit die Deckungssumme der Versicherung allerdings nicht ausreicht, bleibt der Kläger hilfebedürftig (vgl Zöller, ZPO , 25. Aufl 2005, § 115 RdNr 61; BGH VersR 1981, 1070). Da eine Verpflichtung zum Abschluss einer Rechtsschutzversicherung nicht besteht, kann die Gewährung von PKH hier auch nicht deshalb abgelehnt werden, weil der Kläger sich für eine Versicherung ohne Selbstbeteiligung hätte entscheiden können (so zutreffend: Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 27. Januar 2003 - L 2 B 121/02 SB PKH -, JurBüro 2004, 146 f).

Ist eine Partei teilweise in der Lage, die Kosten des Rechtsstreits aus ihrem Vermögen zu finanzieren, so ist ihr zwar grundsätzlich PKH für den ganzen Streitgegenstand zu gewähren; gleichzeitig sind Zahlungen aus dem Vermögen anzuordnen (Bork, in: Stein/Jonas, ZPO , 22. Aufl, § 121 RdNr 41). Dies hat im Hinblick auf die Besonderheit der Rechtsschutzversicherung mit Selbstbeteiligung bei einem nach § 183 Sozialgerichtsgesetz kostenprivilegierten Beteiligten allerdings nicht zur Folge, dass einem Kläger, der ausschließlich eine Übernahme der Selbstbeteiligung durch die Staatskasse anstrebt, PKH nur gegen (Voraus-)Zahlung der voraussichtlichen Kosten abzüglich der Selbstbeteiligung gewährt werden kann. In einem derartigen Fall bezieht sich die PKH von vornherein ausschließlich auf die Bezahlung der Kosten des eigenen Prozessbevollmächtigten. Beschränkt dieser den PKH-Antrag von vornherein auf die Selbstbeteiligung und macht damit deutlich, dass der Kläger seinen Vermögensbestandteil "Rechtsschutzversicherung" vorrangig zur Bestreitung der Prozesskosten einsetzt, so kann sich die Gewährung von PKH auf die Übernahme der Anwaltskosten bis zur Höhe der Selbstbeteiligung beschränken. Die Einbeziehung der Leistungen der Rechtsschutzversicherung macht zugleich deutlich, dass in der Begrenzung des Antrags auf die Selbstbeteiligung kein womöglich unzulässiger Verzicht auf Teile der anwaltlichen Gebühren zu sehen ist.

Vorinstanz: Bayerisches Landessozialgericht - L 7 AS 18/05 - 20.01.2006,
Vorinstanz: SG Augsburg, vom 29.06.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 9 AS 62/05
Fundstellen
NZS 2006, 612