Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 29.06.2006

5 StR 484/05

Normen:
StGB § 266 Abs. 1

BGH, Urteil vom 29.06.2006 - Aktenzeichen 5 StR 484/05

DRsp Nr. 2006/20551

Vermögensbetreuungspflicht durch den "technischen" Geschäftsführer einer GmbH

Dem "technischen" Geschäftsführer einer GmbH kann die Pflicht obliegen, die Vermögensinteressen der von ihm vertretenen Gesellschaft zu betreuen.

Normenkette:

StGB § 266 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in vier Fällen und wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Zudem hat es den Angeklagten verurteilt, an die Adhäsionsklägerin 1.511.378,73 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 25. Februar 2003 zu zahlen. Die auf die vier Schuldsprüche wegen Untreue und die Adhäsionsentscheidung beschränkte Revision des Angeklagten erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

I. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte war "technischer" Geschäftsführer der Adhäsionsklägerin G. W. mbH Wuppertal (nachfolgend: GWG). In dieser Funktion war der Angeklagte maßgeblich an der Vergabe von zwei großen Bauaufträgen und an dem Ankauf von zwei Grundstücken beteiligt; insoweit hat das Landgericht vier Taten der Untreue zum Nachteil der GWG angenommen. Dabei handelte es sich um die Vergabe von Generalunternehmeraufträgen an das Bauunternehmen H. G. GmbH und Co. KG (nachfolgend: G. KG) zur Errichtung des vierten Bauabschnitts eines von der H.-Stiftung geplanten Altenwohnheims mit einem Auftragsvolumen von ca. 30 Mio. DM (nachfolgend: Projekt H.-Stiftung) und zur Errichtung eines von der D.-Stiftung geplanten Wohnquartiers für betreutes Altenwohnen mit einem Auftragsvolumen von ca. 28 Mio. DM (nachfolgend: Projekt D.-Stiftung). Die Grundstücksankäufe betrafen zum einen ein Grundstück in der Wuppertaler Tannenbergstraße (nachfolgend: Grundstück Tannenbergstraße) zur Errichtung von etwa 200 Studentenwohnungen für etwa 7,1 Mio. DM und zum anderen ein Grundstück der ehemaligen B.-Brauerei im Wuppertaler Stadtteil Recklinghausen zur städtebaulichen Entwicklung des brachliegenden Geländes zum Preis von 7,7 Mio. DM (nachfolgend: Grundstück B.).

Der Angeklagte ließ sich bei der Auftragsvergabe und den Grundstückseinkäufen wesentlich von erheblichen Zuwendungen des gesondert Verfolgten K. leiten. K. - ein frühpensionierter ehemaliger Oberamtsanwalt, in Wuppertal als "Mister 10 %" bekannt - war bereits seit geraumer Zeit erfolgreich im Immobilien- und Baugeschäft tätig und hatte seit Beginn der 80er Jahre durch die Investition in größere Bauprojekte mit dem Wuppertaler Bauunternehmen G. KG Kontakt bekommen, von dem er für die Beauftragung jeweils verdeckte Provisionen erhielt. K. wurde im Vorstand der H.-Stiftung und der D.-Stiftung auch tätig, um in dieser Funktion bei zukünftigen Bauvorhaben für eine Auftragsvergabe an die G. KG zu sorgen und damit weitere Provisionen zu verdienen. Aus demselben Beweggrund unterhielt K. auch jahrelang enge Beziehungen zu dem Angeklagten, dem ursprünglich mitangeklagten gesondert abgeurteilten "kaufmännischen" Geschäftsführer der GWG Hi. und dem ebenfalls ursprünglich mitangeklagten gesondert abgeurteilten Prokuristen der GWG St . K. kam es dabei darauf an, diese durch großzügige Zuwendungen zu einer ihm nützlichen Geschäftspolitik der GWG zu bewegen. Der Angeklagte erhielt von K. in den Jahren 1995 und 1997 Bargeldzuwendungen von insgesamt 160.000 DM und Sachzuwendungen in Form von Reisen, Uhren etc. im Wert von insgesamt ca. 30.000 DM. Der Angeklagte gab diese Zuwendungen in den Steuererklärungen für die jeweiligen Jahre nicht an und verkürzte hierdurch Einkommensteuern in Höhe von insgesamt etwa 96.000 DM.

Die zwischen G. und K. vereinbarten Provisionen für die Bauvorhaben H.-Stiftung und D.-Stiftung in Höhe von 5 % der Auftragssumme hat das Landgericht als Mindestschaden der GWG im Rahmen der ohne jeden Wettbewerb erfolgten Auftragsvergabe gewertet. Nach Auffassung des Landgerichts handelt es sich dabei um einen sachfremden Rechnungsposten, der bei wettbewerbskonformer Vergabe nicht in die Kalkulation der G. KG eingeflossen wäre und deshalb letztlich von der GWG nicht habe getragen werden müssen. Das Landgericht hat bei dem Angeklagten, der keine positive Kenntnis von der Provisionsabsprache zwischen G. und K. hatte, bedingten Vorsatz hinsichtlich der Höhe des Vermögensnachteils angenommen.

Betreffend das Grundstück Tannenbergstraße hatte K. ein Gutachten über den Verkehrswert in Auftrag gegeben, das unter Ansetzung nicht angefallener Baunebenkosten in Höhe von 2,2 Mio. DM einen Wert von 7,1 Mio. DM auswies. Etwa ein Jahr vor dem schließlich zu diesem Preis erfolgten Ankauf des Grundstücks durch die GWG hatte ein anderes Unternehmen das Grundstück zum Preis von 6,1 Mio. DM erwerben wollen; der Verkäufer war auch zu einem Verkauf zu diesem Preis bereit. Die Differenz zwischen beiden Kaufpreisen hat das Landgericht als vom Eventualvorsatz des Angeklagten erfassten Mindestschaden gewertet.

Kurz vor dem Ankauf des Grundstücks B. im Jahr 1995 war der Verkäufer - der gesondert Verfolgte Z., ein Geschäftsfreund K.s - in finanziellen Schwierigkeiten und stand vor der Insolvenz, nachdem ihm die finanzierende Deutsche Bank gedroht hatte, die Kredite für dieses Projekt zu kündigen. Z. hatte das Grundstück bereits 1993 der GWG zum Kauf angeboten, woraufhin die GWG die Prüfung einer städtebaulichen Entwicklung des Geländes beschloss. Auf Druck K.s, der dem Angeklagten die finanziellen Schwierigkeiten seines Freundes Z.s beschrieb und wegen dessen drohender Insolvenz zur Eile drängte, wurde im März 1995 der notarielle Kaufvertrag über das Grundstück B. zu dem von der Deutschen Bank vorgegebenen Kaufpreis von 7,7 Mio. DM geschlossen; die Deutsche Bank war Inhaberin einer auf dem Grundstück lastenden Grundschuld über 6 Mio. DM. Das Landgericht hat eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch den Angeklagten darin gesehen, dass dieser beim Grundstücksankauf nicht bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Z.s zugewartet und sich dadurch einer günstigeren Ankaufsmöglichkeit begeben hat. Der GWG sei hierdurch ein Mindestvermögensnachteil von 2 Mio. DM entstanden, weil um mindestens diesen Betrag der Kaufpreis bei längerem Zuwarten günstiger ausgefallen wäre.

II. Die Revision hat mit der Sachrüge nur teilweise Erfolg.

1. Zu den Verfahrensrügen

a) Der von der Revision geltend gemachte absolute Revisionsgrund nach § 338 Nr. 3 StPO wegen etwa unrechtmäßiger Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO liegt nicht vor. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf sein Urteil vom heutigen Tage gegen den früheren Mitangeklagten Hi. (5 StR 485/05).

b) Die weiteren Verfahrensrügen entsprechen überwiegend schon nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ; sie bleiben auch in der Sache ohne Erfolg:

Bei den Anträgen der Verteidigung vom 21. April 2004 auf Einholung diverser Sachverständigengutachten handelt es sich jeweils mangels konkreter Beweisbehauptungen nicht um nach § 244 Abs. 4 StPO zu behandelnde Beweisanträge, sondern lediglich um Beweisermittlungsanträge; die Anträge benennen lediglich das gewollte Beweisziel, aber keine bestimmten Tatsachen. Den entsprechenden Aufklärungsrügen mangelt es an der bestimmten Behauptung des zu erwartenden Beweisergebnisses und der Darlegung, weshalb sich dem Gericht diese Aufklärung hätte aufdrängen müssen.

2. Zur Sachrüge:

Vorinstanz: LG Wuppertal, vom 15.06.2004