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BGH - Entscheidung vom 18.05.2006

4 StR 153/06

Fundstellen:
NStZ 2006, 586
StV 2006, 626
wistra 2006, 352

BGH, Beschluß vom 18.05.2006 - Aktenzeichen 4 StR 153/06

DRsp Nr. 2006/19006

Gründe:

Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 21. April 2006 bemerkt der Senat zu der Verfahrensrüge, mit der die Revision im Hinblick darauf, dass das Landgericht eine über die im Rahmen einer protokollierten Urteilsabsprache zugesagte Strafobergrenze hinausgehende Strafe verhängt hat, einen "Verstoß gegen § 265 StPO " geltend macht:

Gegen den Inhalt der Absprache bestehen insoweit durchgreifende rechtliche Bedenken, als danach Teil der "Vorleistung" auch sein sollte, dass "seitens des Angeklagten und seiner Verteidigerin sämtliche aus Sicht der Kammer zur beschleunigenden Beendigung der Hauptverhandlung erforderlichen prozessualen Erklärungen abgegeben werden". Dem Angeklagten eine solche Unterwerfung abzuverlangen, die verbunden ist mit einem bereits im Voraus erklärten praktisch umfassenden Verzicht auf Verteidigungsrechte, ist schon mit der Subjektstellung des Angeklagten im Strafverfahren, die auch bei Urteilsabsprachen zu wahren ist (BGH - GS - 50, 40, 48), nicht zu vereinbaren und kann deshalb auch nicht zulässiger Gegenstand einer Verfahrensabsprache sein.

Dieser Mangel berührt indes weder die Zulässigkeit der getroffenen Absprache im Übrigen noch die Begründung, mit der die Kammer von der Zusage wieder abgerückt ist (vgl. BGH aaO S. 50). Allerdings ist der zu der Abweichung von der Zusage förmlich erteilte Hinweis - wie die Revision zu Recht beanstandet - insoweit unvollständig, als die Kammer auch darauf abgestellt hat, dass die Beweisaufnahme Umstände ergeben habe, "die die mutmaßliche Tat des Angeklagten erheblich gravierender erscheinen lassen könnten", ohne darzutun, worin diese Umstände zu sehen sind. Das versteht sich auch nicht etwa von selbst, zumal die Schwurgerichtskammer im Eröffnungsbeschluss noch einen Hinweis auf eine mögliche Strafbarkeit wegen versuchten Mordes erteilt hatte, sie den Angeklagten aber - entsprechend der Anklage - insoweit "nur" des versuchten Totschlags für schuldig befunden hat.

Auf diesem Mangel beruht das Urteil aber nicht. Denn - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat - war die Bindungswirkung der Verfahrensabsprache für das Gericht schon deshalb entfallen, weil der Angeklagte sich nur teilgeständig eingelassen hatte und deshalb eine weiter gehende Beweisaufnahme erforderlich war.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Vorinstanz: LG Halle, vom 12.12.2005
Fundstellen
NStZ 2006, 586
StV 2006, 626
wistra 2006, 352