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BGH - Entscheidung vom 07.09.2005

KVZ 37/04

Normen:
GWB § 74 Abs. 2 Nr. 1, 2 § 36 Abs. 2 S. 2

BGH, Beschluß vom 07.09.2005 - Aktenzeichen KVZ 37/04

DRsp Nr. 2005/18332

Zulassung der Rechtsbeschwerde in einem Kartellverfahren

Normenkette:

GWB § 74 Abs. 2 Nr. 1 , 2 § 36 Abs. 2 S. 2 ;

Gründe:

1. Die Beteiligte und Rechtsbeschwerdegegnerin zu 1 betreibt selbst sowie über eine Tochtergesellschaft zwei Lokalsender unter der Bezeichnung "Radio T.", die in den Verbreitungsgebieten "L.-F." und "L.-O." Hörfunk ausstrahlen. An der Mehrheitsgesellschafterin der Rechtsbeschwerdegegnerin zu 1 halten die Fr. Na. sowie die M. GmbH, die Beigeladene und Rechtsbeschwerdegegnerin zu 5, jeweils 45,5 % der Anteile. Die M. GmbH ist die hundertprozentige Tochter der Me., der Beigeladenen und Rechtsbeschwerdegegnerin zu 4. Die Me. verfügt - ebenso wie die "G. V." - über 44,35 % der Anteile an der Beigeladenen und Rechtsbeschwerdegegnerin zu 6, der S.. Diese betreibt den Sender "H. Radio" im Verbreitungsgebiet "L.-N. A.". In demselben Verbreitungsgebiet ist der von der Beteiligten und Rechtsbeschwerdegegnerin zu 2 betriebene Sender "Radio N. A." tätig. An diesem Sender hält die Beteiligte und Rechtsbeschwerdegegnerin zu 3 sämtliche Anteile. Sie beabsichtigt, hiervon 49 % an die Beteiligte zu 1 zu veräußern.

Während die Landesanstalt für Kommunikation die nach dem Mediengesetz von Baden-Württemberg vorgesehene Genehmigung erteilt hat, hat das Bundeskartellamt den beabsichtigten Erwerb untersagt. Auf die Beschwerde der Beteiligten und der Beigeladenen hat das Oberlandesgericht die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamts aufgehoben, weil für keines der in Betracht kommenden Unternehmen prognostiziert werden könne, dass auf dem Hörfunkwerbemarkt im Sendegebiet "L." eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des § 36 Abs. 1 GWB begründet oder verstärkt werde. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts könne die Me., die nach dem beabsichtigten Erwerb über zwischengeschaltete Gesellschaften sowohl an den Sendern "H.

Radio" als auch an "Radio N. A." beteiligt wäre, nicht hinsichtlich beider Sender als mitherrschendes Unternehmen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 GWB angesehen werden. Insoweit sei das Nebeneinander von Beteiligungsverhältnissen allein nicht ausreichend; eine gemeinsame Beherrschung sei weder vereinbart noch ergebe sie sich aus den Umständen. Entgegen der Auffassung des Bundeskartellamts ließen sich aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen auch keine Marktbeherrschungseffekte zugunsten der beteiligten Unternehmen feststellen.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Im Streitfall stellt sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 74 Abs. 2 Nr. 1 GWB ). Zudem ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde auch zur Fortbildung des Rechts geboten (§ 74 Abs. 2 Nr. 2 GWB ).

a) Grundsätzliche Bedeutung hat die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Beteiligung eines Gesellschafters eines Senders an einem weiteren Sender zu der Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung (§ 36 Abs. 1 Satz 1 GWB ) führt. Dabei wird von Bedeutung sein, welche Beweisanforderungen an die nach dieser Bestimmung zu treffende Prognoseentscheidung zu stellen sind. Da sich diese Frage - wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht geltend macht - auf dem Funk- und Fernsehmarkt, der häufig nur durch eine geringe Anzahl von Anbietern geprägt ist, in einer Reihe von Fällen stellen kann, ist diese Frage auch grundsätzlich im Sinne des § 74 Abs. 2 Nr. 1 GWB .

b) Zugleich dient die Zulassung der Rechtsbeschwerde auch der Fortbildung des Rechts (§ 74 Abs. 2 Nr. 2 GWB ). In seiner Entscheidung "Gruner + Jahr - Zeit II" hat der Bundesgerichtshof (Beschluss v. 22.9.1987 - KVR 5/86, WuW/E 2433 ff.) aus der wirtschaftlichen Erfahrung entnommene Grundsätze aufgestellt, die für die hier zu beurteilende Fallkonstellation von Bedeutung sein könnten. Inwieweit die dort für die Entstehung eines Oligopols im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB gemachten Ausführungen auch für die hier zu beurteilende Fallgestaltung maßgeblich sind, betrifft eine Frage, deren höchstrichterliche Klärung einer Fortentwicklung der Rechtsprechung zu den Untersagungsvoraussetzungen bei der Fusionskontrolle dient.

Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 06.10.2004