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BGH - Entscheidung vom 28.06.2005

3 StR 209/05

Normen:
StPO § 397a Abs. 1

BGH, Beschluß vom 28.06.2005 - Aktenzeichen 3 StR 209/05

DRsp Nr. 2005/11438

"Verbrechen" bei Änderung des Strafgesetzes; Beistand trotz fehlender Erfolgsaussichten der eingelegten Revision

1. Bei der Beurteilung der Frage, ob das Verfahren ein "Verbrechen" zum Gegenstand hat, kommt es allein auf die materiellrechtliche Beurteilung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Beistandsbestellung an.2. Die Bestellung eines Beistandes für das Revisionsverfahren ist nicht davon abhängig, welche Erfolgsaussichten das allein vom Angeklagten eingelegte Rechtsmittel hat.

Normenkette:

StPO § 397a Abs. 1 ;

Gründe:

Der Antrag der Nebenklägerin, ihr für das Revisionsverfahren Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin M. zu gewähren, ist als Antrag auf Bestellung eines Beistandes gemäß § 397 a Abs. 1 Satz 1 StPO auszulegen. Er erweist sich in dieser Auslegung auch als begründet, da die Voraussetzungen der § 397 a Abs. 1 Satz 1, § 395 Abs. 1 Nr. 1 a StPO erfüllt sind. Zwar waren alle der Verurteilung zugrundeliegenden Straftaten zur Zeit ihrer Begehung keine Verbrechen. Indes kommt es bei der Beurteilung dieser Frage in diesem Zusammenhang allein auf die materiellrechtliche Beurteilung zum Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Beistandsbestellung an. § 2 Abs. 3 StGB gilt für diese Bewertung nicht (vgl. BGH bei Becker NStZ-RR 2003, 101).

Die beantragte Entscheidung würde sich allerdings erübrigen, wenn bereits im ersten Rechtszug eine Beistandsbestellung vorgenommen worden wäre. Denn eine Bestellung als Beistand nach § 397 a Abs. 1 StPO wirkt über die jeweilige Instanz hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens fort und erstreckt sich somit auch auf das Revisionsverfahren (BGHR StPO § 397 a Abs. 1 Beistand 2). Das zunächst zuständige Landgericht Kleve hatte der Nebenklägerin jedoch - obwohl die genannten Voraussetzungen für eine Beistandsbestellung schon damals vorlagen - mit Beschluß vom 11. Februar 2005 lediglich Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin M. für die erste Instanz bewilligt.

Der Umstand, daß lediglich der Angeklagte Revision eingelegt hat und diese auf Antrag des Generalbundesanwalts nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen worden ist, kann es nicht rechtfertigen, die Beistandsbestellung abzulehnen (aA Senge in KK 5. Aufl. § 397 a Rdn. 1 e). Anders als § 397 a Abs. 2 Satz 1 StPO hinsichtlich der Gewährung von Prozeßkostenhilfe läßt § 397 a Abs. 1 StPO hinsichtlich der Beistandsbestellung keinen Raum für die Berücksichtigung der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage.