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BGH - Entscheidung vom 14.03.2005

II ZR 129/03

Normen:
GmbHG § 30 § 31 § 32a § 32b

Fundstellen:
BB 2005, 908
BGHReport 2005, 979
DB 2005, 882
DStR 2005, 706
GmbHR 2004, 540
MDR 2005, 879
NZG 2005, 396
NZI 2005, 471
WM 2005, 696
ZIP 2005, 659

BGH, Urteil vom 14.03.2005 - Aktenzeichen II ZR 129/03

DRsp Nr. 2005/5194

Verbotene Rückgewähr von Einlagen durch Tilgung einer durch eine Gesellschafterbürgschaft gesicherten Kontokorrentforderung

»Tilgt der Gesellschafter eine gegen ihn bestehende Darlehensforderung der GmbH durch Überweisung auf ein im Debet geführtes Gesellschaftskonto, für das er eine eigenkapitalersetzende Bürgschaft übernommen hat, so liegt in der mit dem Zahlungsvorgang verbundenen Verminderung seiner Bürgschaftsschuld eine verbotene Einlagenrückgewähr an den Gesellschafter.«

Normenkette:

GmbHG § 30 § 31 § 32a § 32b ;

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem im Jahre 1998 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der W. Vertriebsgesellschaft mbH (nachfolgend: Gemeinschuldnerin).

Ende des Jahres 1996 bestand bei der Gemeinschuldnerin ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 434.572,06 DM, der bis zum 31. Dezember 1997 um weitere 82.000,00 DM anwuchs. Zu diesem Zeitpunkt belief sich eine Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin gegen den Beklagten, ihren Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer, auf (mindestens) 56.335,72 DM. Kurz vor Eröffnung des Konkursverfahrens überwies der Beklagte auf ein durch eine von ihm übernommene selbstschuldnerische Bürgschaft gesichertes Konto der Gemeinschuldnerin bei der N. Sparkasse B. (nachfolgend: Sparkasse) einen Betrag von 134.213,00 DM. Das Konto der Gemeinschuldnerin wurde vor und nach der Zahlung des Beklagten im Debet geführt.

Mit der Behauptung, der Darlehensanspruch der Gemeinschuldnerin bestehe fort, macht der Kläger eine - seinem Vergütungsanspruch als Konkursverwalter entsprechende - Teilforderung von 13.456,00 DM gegen den Beklagten geltend. Nach Stattgabe durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Mit seiner - von dem Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Leistende könne mit einer Zahlung mehrere Tilgungszwecke verbinden. Darum habe der Beklagte durch seine Überweisung sowohl seine Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Gemeinschuldnerin erfüllt als auch den von der Gemeinschuldnerin in Anspruch genommenen Kontokorrentkredit vermindert. Da dem Beklagten aufgrund seiner Zahlung ein Rückforderungsanspruch gegen die Gemeinschuldnerin nicht zustehe, seien die Eigenkapitalersatzregeln unanwendbar.

II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klage auf Zahlung von 6.879,94 EUR (13.456,00 DM) ist gemäß §§ 30 , 31 GmbHG (analog) begründet, weil die überschuldete Gemeinschuldnerin die Darlehenszahlung des Beklagten zur Teilrückführung des von dem Beklagten durch seine Bürgschaft gesicherten Kredits der Sparkasse verwendet hat.

1. Rückzahlungen auf einen Kredit, die eine notleidende Gesellschaft an einen Fremdgläubiger geleistet hat, sind als Einlagenrückgewähr an einen Gesellschafter zu betrachten, wenn dieser sich für den Kredit in einer Lage verbürgt hat, in der ein unmittelbar von ihm gewährtes Darlehen als Kapitalersatz zu behandeln gewesen wäre. Eine Kreditrückführung aus Mitteln des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens stellt in Höhe der Befreiung von der Bürgschaftsschuld eine Auszahlung an den bürgenden Gesellschafter im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG dar (BGHZ 81, 252, 260; Sen.Urt. v. 2. Juni 1997 - II ZR 211/95, NJW 1997, 3171 ; Sen.Urt. v. 9. Dezember 1991 - II ZR 43/91, NJW 1992, 1166 ; Sen.Urt. v. 2. April 1990 - II ZR 149/89, NJW 1990, 2260 ).

2. Es kann zugunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, daß er durch seine Zahlung auf das Konto der Gemeinschuldnerin sowohl seine Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Gemeinschuldnerin als auch den Kontokorrentkredit der Gemeinschuldnerin gegenüber der Sparkasse getilgt hat. Auch bei diesen tatsächlichen Gegebenheiten ist die Klage - wie die Revision zutreffend ausführt - begründet.

Da die Gemeinschuldnerin nach den unangegriffenen tatrichterlichen Feststellungen überschuldet war, kam der Bürgschaft des Beklagten, was das Berufungsgericht verkannt hat, eigenkapitalersetzender Charakter zu. Durch seine Überweisung auf das debitorische Konto der Gemeinschuldnerin hat der Beklagte eine Doppelzahlung bewirkt: Einmal wurde die Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin erfüllt; zum anderen hat die Gemeinschuldnerin als Folge dieses Zahlungswegs die wiedererlangten Darlehensmittel (zwangsläufig) als Eigengelder zur Rückführung des von ihr in Anspruch genommenen Kontokorrentkredits verwendet. In Höhe der Darlehensrückzahlung wurde mithin die Kontokorrentverbindlichkeit der Gemeinschuldnerin durch den Einsatz eigener Vermögenswerte verringert. Da mit der Überweisung des Beklagten von 134.213,00 DM ein Darlehensanspruch der Gemeinschuldnerin von (mindestens) 56.335,72 DM getilgt wurde, hat sie in diesem Umfang den Kontokorrentkredit aus Eigenmitteln beglichen. In dem Zahlungsvorgang ist, weil der Beklagte dadurch von seiner unter den Voraussetzungen des Eigenkapitalersatzes gestellten Bürgschaft (teilweise) befreit wurde, eine Einlagenrückgewähr zu erkennen. Mithin ist die auf Zahlung von 13.456,00 DM gerichtete Teilklage begründet.

Vorinstanz: OLG Koblenz, vom 27.03.2003
Vorinstanz: LG Koblenz,
Fundstellen
BB 2005, 908
BGHReport 2005, 979
DB 2005, 882
DStR 2005, 706
GmbHR 2004, 540
MDR 2005, 879
NZG 2005, 396
NZI 2005, 471
WM 2005, 696
ZIP 2005, 659