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BGH - Entscheidung vom 04.05.2005

3 StR 136/05

Normen:
StGB § 63

BGH, Beschluss vom 04.05.2005 - Aktenzeichen 3 StR 136/05

DRsp Nr. 2005/9786

Unterbringung bei erheblich vermindertem Einsichtsvermögen

Solange die Verminderung der Einsichtsfähigkeit nicht das Fehlen der Einsicht ausgelöst und dadurch zu Straftaten geführt hat, ist auch die Sicherung der Allgemeinheit durch Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht veranlasst.

Normenkette:

StGB § 63 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf eines (Handtaschen-) Raubs und eines (Laden-) Diebstahls freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten hat Erfolg.

Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten hat die sachverständig beratene Strafkammer festgestellt, daß er unter einer "paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis" leide und seine Fähigkeit, das Unrecht seiner Taten einzusehen, bei deren Begehung infolge seiner Erkrankung jedenfalls erheblich eingeschränkt, möglicherweise sogar vollständig aufgehoben gewesen sei.

Damit kann für die Frage der Unterbringung nach § 63 StGB nur von einer erheblich verminderten Einsichtsfähigkeit des Angeklagten ausgegangen werden, denn die Voraussetzungen des § 20 oder des § 21 StGB müssen für die Anordnung der Maßregel zweifelsfrei festgestellt sein; die bloße Möglichkeit, daß sie gegeben sind, genügt nicht. Bei lediglich verminderter Einsichtsfähigkeit kommt es aber darauf an, ob diese im konkreten Fall das Fehlen der Einsicht bewirkt hat oder nicht (BGHSt 21, 27, 28). Solange die Verminderung der Einsichtsfähigkeit nicht das Fehlen der Einsicht ausgelöst und dadurch zu Straftaten geführt hat, ist auch die Sicherung der Allgemeinheit durch Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht veranlaßt (BGHSt 34, 22 , 26/27; BGHR StGB § 63 Schuldunfähigkeit 3).

Das Urteil war daher aufzuheben. Der neue Tatrichter wird auch Gelegenheit haben, den erforderlichen Zusammenhang zwischen der Erkrankung des Angeklagten und den von ihm begangenen Taten in der erforderlichen Weise darzulegen. Auch insoweit genügt das aufgehobene Urteil nicht den Anforderungen: Weder der Mitteilung, daß der Angeklagte nach der Festnahme "in der Untersuchungshaft psychotisch dekompensiert" und wirres Zeug geredet habe, noch den allgemeinen, nicht tatbezogenen Feststellungen, er "erhalte über Gedankenübertragung Befehle, teilweise höre er Stimmen, die ihm sagten er solle stehlen, bzw. andere Dinge tun, manchmal hätten ihn diese Stimmen auch aufgefordert, sich zu erhängen," läßt sich entnehmen, daß die Ursache für die festgestellten Taten die Erkrankung des Angeklagten ist und es sich nicht um Beschaffungstaten handelt. Auch dies liegt jedenfalls nicht fern, denn der Angeklagte, der seit seinem 14. oder 15. Lebensjahr fast regelmäßig Cannabis raucht, konsumiert auch andere Drogen und trinkt Alkohol im Übermaß (zuletzt ca. 10 Flaschen Bier á 0,33 l täglich).