Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 21.12.2005

III ZA 5/05

Normen:
ZPO § 547 Nr. 2 § 41 Nr. 1

BGH, Beschluß vom 21.12.2005 - Aktenzeichen III ZA 5/05

DRsp Nr. 2006/384

Rechtsfolgen der Mitwirkung eines ausgeschlossenen Richters

Die Mitwirkung eines ausgeschlossenen Richters führt gem. § 547 Nr. 2 ZPO nur dann zu der unwiderlegbaren Vermutung, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, wenn der Ausschließungsgrund nicht durch ein Ablehnungsgesuch ohne Erfolg geltend gemacht wurde. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn die betreffende Prozesspartei zu erkennen gegeben hat, dass sie die Mitwirkung der betroffenen Richter im Hinblick auf § 41 Nr. 1 ZPO ablehnt und wenn hierüber durch Beschluss entschieden worden ist.

Normenkette:

ZPO § 547 Nr. 2 § 41 Nr. 1 ;

Gründe:

Die beantragte Prozesskostenhilfe kann mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 ZPO ) nicht gewährt werden, obgleich das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat.

1. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ) und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Rechtsfortbildung nicht erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO ).

a) aa) Zwar sind die vom Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Anwendung von §§ 41 , 42 ZPO dargestellten Rechtsfragen grundsätzlich klärungsbedürftig. Sie sind jedoch für den vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, da das Berufungsurteil der Sache nach nicht anders hätte ergehen dürfen (dazu sogleich unter Nummer 2), so dass die Entscheidung nicht auf einem etwaigen Verstoß gegen §§ 41 , 42 ZPO in den Beschlüssen vom 3. Juni 2004 und 24. August 2004 beruht.

bb) Es besteht auch kein absoluter Revisionsgrund, bei dem gemäß § 547 ZPO die Ursächlichkeit eines Verfahrensfehlers für den Inhalt der Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird. Dies gilt selbst dann, wenn die erkennenden Richter des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München gemäß § 41 Nr. 1 ZPO ausgeschlossen gewesen wären. Die Mitwirkung eines ausgeschlossenen Richters führt nach § 547 Nr. 2 ZPO nur dann zu der unwiderlegbaren Vermutung, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, wenn der Ausschließungsgrund nicht durch ein Ablehnungsgesuch ohne Erfolg geltend gemacht wurde (§ 547 Nr. 2, 2. Halbsatz ZPO ). Dies ist hier jedoch der Fall. Der Kläger hat in seinen Stellungnahmen zu der Anzeige der betroffenen Richter nach § 48 ZPO zu erkennen gegeben, dass er deren Mitwirkung im Hinblick auf § 41 Nr. 1 ZPO ablehnt. Die Ablehnungsabsicht geht hinreichend deutlich aus dem Schriftsatz vom 11. November 2003 hervor ("Die Mitwirkung der 'mitverklagten Richter' verstößt gegen § 41 Nr. 1 ZPO ."). Aus A Nr. 20 des Beschlusses vom 3. Juni 2004 ist weiter ersichtlich, dass auch die über die Ausschließung entscheidende Besetzung des Berufungssenats den Willen des Klägers erkannt hat, die betroffenen Richter abzulehnen. Die Zuschrift des Klägers ist damit als Ablehnungsgesuch zu verstehen und auch so verstanden worden. Durch den Beschluss vom 3. Juni 2004 hat das Oberlandesgericht deshalb nicht nur über die Anzeige der betroffenen Richter nach § 48 ZPO entschieden, sondern auch ein Ablehnungsgesuch des Klägers zurückgewiesen.

b) Das Berufungsgericht sieht eine weitere grundsätzliche Rechtsfrage in dem Problem, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Prozesskostenhilfewiederholungsantrag die Verjährung gemäß § 203 Abs. 2 BGB a.F. hemmt. Es ist bereits zweifelhaft, ob diese Frage klärungsbedürftig ist, da sie nur noch auslaufendes Recht betrifft. In § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB n.F. ist nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass nur der erstmalige Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe den Lauf der Verjährungsfrist hemmt. Jedenfalls ist die Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung wegen der im Zusammenhang mit dem Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 15. November 1985 erhobenen Amtshaftungsansprüche nicht allein auf die Verjährung gestützt. Vielmehr hat es die Ablehnung des Anspruchs auch mit dem fehlenden Verschulden sowie mit weiteren von der Verjährung unabhängigen Erwägungen begründet. Diese rechtlich nicht zu beanstandenden (siehe dazu unter Nummer 2) Gründe tragen die Klageabweisung selbständig, so dass es auf die Verjährung nicht mehr ankommt.

c) Weitere Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich.

2. Die Revision hat der Sache nach keine Aussicht auf Erfolg.

a) Da ein Tatbestandsberichtigungsantrag gemäß § 320 Abs. 1 ZPO nicht gestellt wurde, ist für die Beurteilung der Rechtslage entgegen der Ansicht des Klägers der Tatbestand des Berufungsurteils maßgebend (§ 314 ZPO ).

b) Hinsichtlich der Ansprüche, die der Kläger wegen der rechtswidrigen Versagung der Aufenthaltsgenehmigung durch den Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern stellt, hat das Berufungsgericht die Klageabweisung in erster Linie auf das fehlende Verschulden gestützt. Zur Begründung hat es vor allem die Kollegialgerichtsrichtlinie herangezogen. Hiergegen ist entgegen der Ansicht des Klägers nichts zu erinnern. Insbesondere beachten die Ausführungen die Rechtsprechung des Senats. Das Berufungsgericht hat weiter zugunsten des Klägers eine Ausnahme von der Kollegialgerichtsrichtlinie im Hinblick auf den sogenannten Iranerlass vom 27. Oktober 1980, der den Verwaltungsrichtern möglicherweise nicht bekannt war, in Betracht gezogen und ein Verschulden der Verwaltungsbehörde unterstellt. Die Erwägungen, mit denen es eine Haftung wegen der Nichtbeachtung dieses Erlasses durch die Behörde gleichwohl verneint hat, sind nicht zu beanstanden. Aufgrund dieses Erlasses war von vornherein nicht die begehrte Aufenthaltserlaubnis, sondern lediglich eine Duldung zu erreichen. Darüber hinaus diente der Erlass seinem Inhalt nach der Vermeidung politischer Verfolgung ausreisepflichtiger Iraner in ihrem Heimatland, nicht jedoch der Begründung einer gesicherten (Erwerbs-)Stellung im Inland.

c) Auch gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, ein (zusätzlicher) Schaden sei durch die Abschiebeandrohung nicht eingetreten, ist nichts einzuwenden.

d) Gleiches gilt für die Erwägung, ein Schadensersatzanspruch wegen der verzögerten Einbürgerung scheide aus, da der Kläger bereits vor dem Zeitpunkt, zu dem er seiner Meinung nach hätte eingebürgert werden müssen, seine Chancen am Arbeitsmarkt bereits verloren habe.

e) Weiterhin scheitern Amtshaftungsansprüche des Klägers wegen angeblicher Pflichtverletzungen der in anderen Zivilverfahren tätig gewordenen Richter, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, an § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB , jedenfalls aber, soweit es Handlungen außerhalb des Spruchrichterprivilegs betrifft, an der in diesen Fällen erforderlichen, hier jedoch fehlenden Unvertretbarkeit (Senatsurteil vom 21. Juli 2005 - III ZR 21/05, zur Veröffentlichung bestimmt).

f) Für eine verschuldensunabhängige Haftung des Beklagten - etwa aus enteignungsgleichem Eingriff - besteht kein Anhaltspunkt.

Vorinstanz: OLG München, vom 17.03.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 2218/02
Vorinstanz: LG München I, vom 23.01.2002 - Vorinstanzaktenzeichen 9 O 20233/98