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BGH - Entscheidung vom 05.07.2005

4 StR 200/05

Normen:
StGB § 78 Abs. 1
StPO § 261

BGH, Beschluß vom 05.07.2005 - Aktenzeichen 4 StR 200/05

DRsp Nr. 2005/12492

Anwendbarkeit des in-dubio-Grundsatzes auf die Verjährung

Bei Prüfung der Verjährung ist der in-dubio-Grundsatz anwendbar (hier: auf die Tatzeit).

Normenkette:

StGB § 78 Abs. 1 ; StPO § 261 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen "schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 4 Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 43 Fällen jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 17 Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt lediglich zu der aus der Beschlußformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im übrigen ist es unbegründet.

Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 11. Mai 2005 im einzelnen dargelegt hat, muß die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in den Fällen II. 1 und 2, 4 bis 18 und 31 bis 60 der Urteilsgründe entfallen, weil zugunsten des Angeklagten davon auszugehen ist, daß insoweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Darüber hinaus ist in den Fällen II. 4 bis 7, in denen die Strafkammer eine Strafbarkeit nach § 176 a Abs. 1 StGB (i.d.F. des 6. StrRG ) angenommen hat, nach den Urteilsgründen nicht auszuschließen, daß die Taten vor dem 1. April 1998 (nämlich in der Zeit vom 24. Mai 1995 bis zum 31. März 1998) begangen wurden, somit der Angeklagte nach § 176 Abs. 3 Satz 1 StGB a.F. zu bestrafen ist. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der - umfassend geständige - Angeklagte sich gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als bisher hätte verteidigen können.

Die Schuldspruchänderung läßt die festgesetzten Strafen unberührt: Der Senat schließt nach den Strafzumessungserwägungen in dem angefochtenen Urteil aus, daß das Landgericht niedrigere Strafen verhängt hätte, wenn es die Verfolgungsverjährung im Hinblick auf die Strafbarkeit nach § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB berücksichtigt hätte. Auch im Fall II. 3 der Urteilsgründe, in dem - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - die Strafe nicht aus dem Strafrahmen des § 174 Abs. 1 StGB a.F., sondern aus dem des § 174 Abs. 2 StGB a.F. zu entnehmen ist, kann die Strafe (sechs Monate Freiheitsstrafe) bestehen bleiben. Dasselbe gilt für die Fälle II. 4 bis 7 der Urteilsgründe (jeweils ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe), die im Unrechtsgehalt den Fällen II. 9 bis 18 entsprechen, bei denen die Strafkammer jeweils die gleichen Strafen aus dem Strafrahmen des § 176 Abs. 3 StGB a.F. festgesetzt hat. Auch die Gesamtstrafe kann bestehen bleiben. Sämtliche Strafen sind angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO .

Vorinstanz: LG Essen, vom 22.11.2004