Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 20.06.2005

II ZR 366/03

Normen:
BGB § 283 (a.F.)
ZPO § 139 Abs. 4 § 259

Fundstellen:
BB 2005, 1818
BGHReport 2005, 1272
MDR 2005, 1364
NJW-RR 2005, 1518

BGH, Urteil vom 20.06.2005 - Aktenzeichen II ZR 366/03

DRsp Nr. 2005/10746

Anforderungen an die Dokumentation eines richterlichen Hinweises; Zulässigkeit einer Schadensersatzklage wegen unterbliebener Herausgabe

»a) Ein richterlicher Hinweis, der seinem fallbezogenen Inhalt nach weder dem in Bezug genommenen Protokoll noch dem Urteil zu entnehmen ist, gilt als nicht erteilt.b) Eine Klage gemäß § 283 BGB a.F. i.V.m. § 259 ZPO ist zulässig, wenn der Beklagte seine Pflicht zur Herausgabe ernsthaft bestreitet (Bestätigung von BGH, Urt. v. 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, WM 1999, 610 ff.).«

Normenkette:

BGB § 283 (a.F.) ; ZPO § 139 Abs. 4 § 259 ;

Tatbestand:

Die Parteien haben in den Vorinstanzen über die von der Klägerin begehrte Herausgabe eines LKW und damit in Zusammenhang stehende Ersatzansprüche gestritten. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 46.016,27 EUR nebst Zinsen zu zahlen im Falle des fruchtlosen Ablaufs der der Beklagten - inzwischen rechtskräftig - gesetzten Frist zur Herausgabe des LKW (§ 283 BGB a.F.). Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage insoweit abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist im Umfang ihrer Zulassung begründet und führt unter Teilaufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Abweisung der Klage auf Schadensersatz im Falle des fruchtlosen Fristablaufs ausgeführt, diese sei bereits unzulässig, da die Klägerin die Voraussetzungen einer Klage auf künftige Leistung (§ 259 ZPO ) trotz entsprechenden Hinweises seitens des Gerichts nicht dargetan habe.

II. Die Begründung des Berufungsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Abweisung des Klageantrags zu Ziffer 3 stellt - wie die Revision zu Recht rügt - eine Überraschungsentscheidung dar (unten 1). Sie ist aber auch im übrigen rechtsfehlerhaft (unten 2).

1. Das Berufungsgericht war gemäß § 139 Abs. 2 ZPO verpflichtet, die Klägerin auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage aus § 283 BGB a.F. i.V.m. § 259 ZPO hinzuweisen (Musielak/Stadler, ZPO 4. Aufl. § 139 Rdn. 19 m.w.Nachw.). Diese Verpflichtung bestand nicht zuletzt deshalb, weil das landgerichtliche Urteil zu den Gründen der Abweisung dieses Teils der Klage keine Begründung enthält. Zwar stützt das Berufungsgericht die Klageabweisung auf die Nichtbefolgung eines der Klägerin im Termin vom 3. Juni 2003 erteilten Hinweises. Inhalt und Umfang dieses Hinweises sind jedoch weder dem Protokoll der Sitzung vom 3. Juni 2003 noch dem sonstigen Akteninhalt zu entnehmen. Der Hinweis ist seinem auf den konkreten Fall bezogenen Inhalt nach auch in dem angefochtenen Urteil nicht hinreichend dokumentiert, womit das Berufungsgericht den Anforderungen des § 139 Abs. 4 ZPO entsprochen hätte (Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 139 Rdn. 13 a; Musielak/Stadler aaO Rdn. 27). Angesichts dessen muß der Senat davon ausgehen, daß kein sachbezogener Hinweis erteilt wurde (§ 139 Abs. 4 ZPO ; Musielak/Stadler aaO Rdn. 28; Zöller/Greger aaO Rdn. 13 a, 20) und das Berufungsgericht eine Überraschungsentscheidung zu Lasten der Klägerin getroffen hat.

2. Die Klageabweisung ist darüber hinaus auch inhaltlich rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage gemäß § 259 ZPO verkannt.

Gemäß § 259 ZPO ist eine Klage auf zukünftige Leistung zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Schuldner den Anspruch ernsthaft bestreitet (Sen.Urt. v. 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 610 , 612 m.w.Nachw.). Hier hatte die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Herausgabe des LKW und damit zugleich ihre Verpflichtung zur Schadensersatzleistung gemäß § 283 BGB a.F. in erster und zweiter Instanz bestritten. Sie hat dann zwar im Berufungsverfahren die Berufung gegen ihre Verurteilung zur Herausgabe des LKW zurückgenommen. Da sie im Anschluß hieran ihrer nunmehr rechtskräftigen Herausgabeverpflichtung aber nicht nachgekommen ist, bestand die Besorgnis i.S. des § 259 ZPO fort (Senat aaO S. 612). Auch die Tatsache, daß der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zustand und sie daher zur Herausgabe nur Zug um Zug gegen Zahlung verurteilt worden ist, steht der Zulässigkeit einer Klage gemäß § 259 ZPO nicht entgegen (BGHZ 43, 28 , 31; Zöller/Greger aaO § 259 Rdn. 1 m.w.Nachw.).

III. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da noch die Feststellung erforderlich ist, ob die Klägerin den Schaden der Höhe nach richtig ermittelt hat. Darüber muß das Berufungsgericht nach weiterer Klärung des Sachverhalts entscheiden.

Vorinstanz: OLG Karlsruhe, vom 16.10.2003
Vorinstanz: LG Karlsruhe,
Fundstellen
BB 2005, 1818
BGHReport 2005, 1272
MDR 2005, 1364
NJW-RR 2005, 1518