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BSG - Entscheidung vom 04.07.2011

B 14 AS 20/11 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2
SGG § 160a Abs. 1 S. 1
SGG § 160a Abs. 2 S. 3

BSG, Beschluss vom 04.07.2011 - Aktenzeichen B 14 AS 20/11 B

DRsp Nr. 2011/14715

Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Bezeichnung einer Divergenz

Die Entscheidungserheblichkeit der Abweichung für die Entscheidung des BSG wird zwar von dem Beruhen der Entscheidung des LSG auf ihr nicht immer klar getrennt, ähnlich wie bei der Grundsatzrevision zwischen Klärungsfähigkeit und Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage ist jedoch bei der Rüge der Abweichung zwischen beiden Voraussetzungen zu unterscheiden: Denn ein Rechtssatz, auf dem das Urteil des LSG beruht, muss für die mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebte Revisionsentscheidung des BSG nicht entscheidungserheblich sein, wenn dieses aufgrund anderer Rechtssätze entscheiden kann. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 10. Dezember 2010 wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte hat den Klägern die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ; SGG § 160a Abs. 1 S. 1; SGG § 160a Abs. 2 S. 3;

Gründe:

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) ist unzulässig. Der Beklagte hat zur Begründung der Beschwerde entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes ( SGG ) keinen Zulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 SGG (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung [Divergenz], Verfahrensmangel) schlüssig dargelegt oder bezeichnet.

Der Beklagte stützt seine Beschwerde zuerst auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG . Das LSG habe gegen § 123 SGG verstoßen, weil es über mehr entschieden habe, als von den Klägern begehrt worden sei. Nach dem Tenor des Urteils des LSG sei der Beklagte nicht nur verpflichtet worden, bestimmte Kosten der Unterkunft zu erbringen, sondern auch insbesondere die Regelleistung, obwohl in dem Verfahren nur die Höhe der Kosten der Unterkunft umstritten gewesen sei.

Dieser gerügte Verfahrensmangel kann jedoch der Beschwerdebegründung nicht entnommen werden: Der in ihr wiedergegebene Tenor enthält die Verurteilung des Beklagten "den Klägern für den Zeitraum vom 07.09.2006 bis 28.02.2007 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 401,50 € zu gewähren". Eine Verurteilung zur Erbringung einer Regelleistung ist dem nicht zu entnehmen. Im Übrigen ist der Tenor einer Entscheidung unter Heranziehung deren Tatbestandes und deren Entscheidungsgründe auszulegen (vgl nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG , 9. Aufl 2008, § 136 RdNr 5c mwN) und deren in der Beschwerdebegründung mitgeteilte Inhalt ergibt, dass das LSG entsprechend dem Willen der Kläger und in Übereinstimmung auch mit dem Beklagten nur über die Höhe dessen Leistung an die Kläger für die Unterkunft entscheiden wollte. Daran hat auch der Beklagte nach seinen weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung keine Zweifel.

Im Weiteren rügt der Beklagte zwei Abweichungen (Divergenzen) des LSG von Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG . Der Beklagte benennt auch Rechtssätze aus Entscheidungen des BSG, denen er Rechtssätze aus dem Urteil des LSG gegenüberstellt; er zeigt auch auf, inwieweit er die von ihm behaupteten Rechtssätze des LSG und BSG für unvereinbar hält und das Urteil des LSG auf ihnen - aus seiner Sicht - beruht. Es mangelt jedoch in der Beschwerdebegründung an einer Darstellung der Entscheidungserheblichkeit dieser Rechtssätze für die Entscheidung des BSG in einem nachfolgenden Revisionsverfahren.

Die Entscheidungserheblichkeit der Abweichung für die Entscheidung des BSG wird zwar von dem Beruhen der Entscheidung des LSG auf ihr nicht immer klar getrennt (vgl zB Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 395), ähnlich wie bei der Grundsatzrevision zwischen Klärungsfähigkeit und Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage ist jedoch bei der Rüge der Abweichung zwischen beiden Voraussetzungen zu unterscheiden: Denn ein Rechtssatz, auf dem das Urteil des LSG beruht, muss für die mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebte Revisionsentscheidung des BSG nicht entscheidungserheblich sein, wenn dieses aufgrund anderer Rechtssätze entscheiden kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 54; Becker, SGb 2007, 261, 264, 270).

Zweifel daran bestehen vorliegend schon im Hinblick auf die vom Beklagten in der Beschwerdebegründung mitgeteilte Größe des örtlichen Vergleichsraums zur Bestimmung der abstrakt-angemessenen Leistungen für die Unterkunft von 22 000 Personen sowie der Anzahl von 790 Datensätzen über alle Bedarfsgemeinschaftsgrößen hinweg, die er seinen statistischen Berechnungen zugrunde gelegt habe (vgl nur BSG vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, jeweils RdNr 15 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: SG Schleswig, vom 20.08.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 9 AS 154/06
Vorinstanz: LSG Schleswig-Holstein, vom 10.12.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 3 AS 106/09