BAG, Urteil vom 22.04.2010 - Aktenzeichen 8 AZR 108/08
DRsp Nr. 2010/12423
Ordnungsgemäße Unterrichtung über Betriebsübergang [Bezeichnung des Erwerbers, Haftungsverteilung]; Beginn der einmonatigen Widerspruchsfrist; Voraussetzungen für die Annahme von Verwirkung; Ausreichende Kenntnis von Betriebsveräußerer oder Betriebserwerber von Verwirkungsumständen
1. Ein Informationsschreiben nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB muss über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs informieren. Dazu gehört u.a. der Hinweis, dass der Betriebserwerber kraft Gesetzes in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis eintritt (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ), auf die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613a Abs. 2 BGB und eine Darstellung der kündigungsrechtlichen Situation. 2. Fehlen solche Informationen, sind sie falsch oder unvollständig, so beginnt die Frist für den Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB nicht zu laufen. 3. Das Recht zum Widerspruch kann verwirkt werden. Für das dazu erforderliche "Zeitmoment" ist nicht auf eine feststehende Monatsfrist abzustellen. Die Frist für das Zeitmoment beginnt aber nicht erst mit der zutreffenden Unterrichtung des Arbeitnehmers zum Betriebsübergang und seine Folgen zu laufen. 4. Hat der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses erst mehrere Monate nach der (fehlerhaften) Unterrichtung widersprochen und hat er innerhalb dieser Zeitspanne schon selbst über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses disponiert, so kann das Recht zum Widerspruch verwirkt sein. 5. Betriebsveräußerer und Betriebserwerber werden von Gesetzes wegen gesamtschuldnerisch als Informationsverpflichtete und als Widerspruchsgegner behandelt. In der Frage der Verwirkung hat dies zur Folge, dass eine positive subjektive Kenntnis des Widerspruchsadressaten von den eingetretenen Verwirkungsumständen nicht erforderlich ist. Es genügt, wenn der andere, zB der Betriebserwerber, von diesen Umständen Kenntnis hat. (Betriebsübergang; Widerspruch; Verwirkung)
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. November 2007 - 7 Sa 1074/07 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Vorinstanz: LAG Düsseldorf, vom 14.11.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 7 Sa 1074/07
Vorinstanz: ArbG Solingen, vom 19.04.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ca 1433/06
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