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BGH - Entscheidung vom 11.12.2008

4 StR 386/08

Normen:
BtMG § 29 Abs. 1
BtMG § 29 Abs. 3
BtMG § 33 Abs. 1
StGB § 73a
StGB § 73d Abs. 1
StGB § 73d Abs. 2

Fundstellen:
BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2

BGH, Urteil vom 11.12.2008 - Aktenzeichen 4 StR 386/08

DRsp Nr. 2009/433

Ausschluss der Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel vor Anwendung des § 73d Strafgesetzbuch ( StGB )

1. § 73d StGB ist gegenüber § 73 StGB subsidiär. Vor einer Anwendung des § 73d StGB muss daher das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 StGB unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden können. 2. Für die Anordnung eines Wertersatzverfalls im Sinne des § 73a S. 1 StGB ist es unerheblich, ob der bei dem Angeklagten sichergestellte Geldbetrag aus den ausgeurteilten Straftaten oder aus sonstigen rechtswidrigen Taten stammt oder aber vom Angeklagten legal erworben worden ist.

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 7. April 2008 aufgehoben, soweit die Anordnung des Verfalls von Wertersatz unterblieben ist.

2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

BtMG § 29 Abs. 1 ; BtMG § 29 Abs. 3 ; BtMG § 33 Abs. 1 ; StGB § 73a; StGB § 73d Abs. 1 ; StGB § 73d Abs. 2 ;

Gründe:

I. Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 150 Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 6. November 2008 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und wirksam (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 270 ; Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 318 Rdn. 22) auf die Nichtanordnung von Wertersatzverfall beschränkten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist begründet.

II. 1. Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte im Jahre 2003 in mindestens 150 Fällen an die anderweitig Verfolgte Katja S. jeweils mindestens 1,5 g Heroingemisch zu einem Preis von je 60.- €. Bei einer am 20. Juni 2007 durchgeführten Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten konnte in einem Mantel und in einem Kleiderschrank Bargeld in Höhe von insgesamt 5.200.- € sichergestellt werden.

2. Das Landgericht hat von einer Verfallsanordnung abgesehen. Der Verfall des in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Geldes könne nicht angeordnet werden, "weil die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Nr. 1 BtMG in Verbindung mit § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 , Abs. 3 Nr. 1 BtMG in Verbindung mit §§ 73 , 73 d Abs. 1 und 2 , 73 a Satz 1 StGB " nicht gegeben seien. Allein der Umstand, dass in der Wohnung des Angeklagten eine erhebliche Geldmenge gefunden worden sei, rechtfertige nicht die Annahme, dass dieses Geld aus Betäubungsmittelstraftaten des Angeklagten stamme. Die verfahrensgegenständlichen Straftaten seien im Jahre 2003 begangen worden. Der Angeklagte habe den Drogenhandel im Jahre 2004 aufgegeben. Ein Zusammenhang zwischen dem über drei Jahre danach vorgefundenen Bargeld und dem Erlös aus den Drogengeschäften im Jahr 2003 könne nicht festgestellt werden.

3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Sie lassen bereits besorgen, dass das Landgericht bei seiner Entscheidung das Verhältnis zwischen § 73 StGB (Verfall) und § 73 d StGB (erweiterter Verfall) nicht bedacht hat. Bei § 73 StGB muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, Gegenstand der Verurteilung sein, das heißt, das Gericht muss zur Überzeugung gelangen, dass der Täter für oder aus der/den ausgeurteilten Tat(en) etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt hat. § 73 d StGB regelt demgegenüber den Fall, dass der Täter über Vermögensgegenstände verfügt, die nach Überzeugung des Gerichts (vgl. hierzu BGHSt 40, 371 ) für oder aus anderen rechtswidrigen Taten erlangt worden sind. Die Bestimmung des § 73 d StGB ist dabei gegenüber der des § 73 StGB subsidiär (h.M.; vgl. nur W. Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 d Rn. 11; Fischer StGB 55. Aufl. § 73 d Rn. 9 jeweils m.w.N.). Vor einer Anwendung des § 73 d StGB muss daher unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden können, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 75 ; NStZ 2003, 422 , 423; NStZ-RR 2006, 138 , 139).

b) Jedenfalls hat die Strafkammer - wie die Revision zu Recht rügt - die Möglichkeit der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gemäß §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a Satz 1 StGB nicht bedacht.

Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte aus den Drogenverkäufen insgesamt 9.000 € im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt. Da davon auszugehen ist, dass die vom Angeklagten jeweils aus den Verkäufen erlangten Geldscheine sich nicht mehr in seinem Besitz befinden, ihr Verfall daher aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, kommt gemäß § 73 a Satz 1 StGB die Anordnung des Verfalls eines Geldbetrages in Betracht, der dem Wert des Erlangten entspricht (Wertersatzverfall). Ob die bei dem Angeklagten sichergestellten 5.200 € aus den ausgeurteilten Straftaten oder aus sonstigen rechtswidrigen Taten stammen oder aber vom Angeklagten legal erworben worden sind, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Das Landgericht hätte daher - vorbehaltlich einer Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB - gemäß §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a Satz 1 StGB auf den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 9.000 € erkennen müssen.

c) Das Urteil hat daher, soweit von der Anordnung des Verfalls abgesehen worden ist, keinen Bestand. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da lediglich ein Subsumtionsfehler vorliegt, der sich auf die Sachverhaltsfeststellung nicht ausgewirkt hat. Ergänzende, den bisherigen nicht widersprechende Feststellungen bleiben möglich. Der neue Tatrichter wird nunmehr zu prüfen haben, ob nach § 73 c StGB ganz oder teilweise von der Anordnung von Wertersatzverfall abzusehen ist. Insoweit verweist der Senat auf die Grundsätze im Senatsurteil vom 2. Oktober 2008 - 4 StR 153/08.

Vorinstanz: LG Halle, vom 07.04.2008
Fundstellen
BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2