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BGH - Entscheidung vom 10.01.2008

VII ZR 92/07

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1
BGB § 133 § 157

BGH, Beschluß vom 10.01.2008 - Aktenzeichen VII ZR 92/07

DRsp Nr. 2008/3896

Auslegung einer Urkunde

Das rechtliche Gehör im Zivilverfahren ist verletzt, wenn das Berufungsgericht in einem Rechtsstreit um die Auslegung eines Vertrages die Vernehmung derjenigen Personen, die den Vertragsparteien bei Aushandlung und Abschluss des Vertrages beratend zur Seite standen, mit ganz kurzer Argumentation ablehnt und damit zeigt, dass es den entscheidungserheblichen Gehalt dieses Verteidigungsmittels nicht wirklich zur Kenntnis genommen hat.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ; BGB § 133 § 157 ;

Gründe:

Das Berufungsgericht hat, wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht rügt, bei der von ihm vorgenommenen Auslegung der Vertragsklauseln in § 9 Nr. 3 und Nr. 5 entscheidungserhebliches Vorbringen und Beweisantritt der Beklagten in einer gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßenden Weise verkannt und in seinem wesentlichen Gehalt unberücksichtigt gelassen.

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis durch Zeugnis des Notars M., des Steuerberaters K. und des Rechtsanwalts Dr. Sch. gestellt, dass hinsichtlich der Einhaltung des Fertigstellungstermins und der hieraus resultierenden Haftung der Beklagten nach dem Verständnis der Parteien das Verschuldenserfordernis nicht entfallen und eine Garantiehaftung von der Beklagten nicht übernommen werden sollte.

Der Vernehmung derjenigen Personen, die den Vertragsparteien bei Aushandlung und Abschluss des Vertrags beratend zur Seite standen, kann eine erhebliche Bedeutung für die Ermittlung des von den Parteien gewollten Inhalts vertraglicher Regelungen zukommen. Das gilt in besonderem Maße für eine zwischen den Parteien so umstrittene und in der Sache so problematische Auslegungsfrage, wie sie hier vorliegt. Das Berufungsgericht wäre daher gehalten gewesen, die benannten Zeugen zu hören. Wenn es stattdessen den genannten Vortrag und Beweisantritt mit ganz kurzer Argumentation abgetan hat, die zeigt, dass es den entscheidungserheblichen Gehalt dieses Verteidigungsmittels nicht wirklich zur Kenntnis genommen hat, so stellt dies nicht nur einen Verfahrensfehler dar, sondern verletzt die Beklagte zugleich in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieser Verstoß, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann, führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Im neuen Berufungsverfahren wird die Beklagte Gelegenheit haben, auch im Übrigen zu den von ihr in der Nichtzulassungsbeschwerde aufgezeigten Bedenken zur Auslegung der Vertragsbestimmungen ebenso wie zur Frage des individualvertraglichen Aushandelns der Klauseln weiter vorzutragen.

Vorinstanz: KG, vom 23.04.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 10 U 41/04
Vorinstanz: LG Berlin, vom 08.01.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 31 O 363/02