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BGH - Entscheidung vom 08.11.2006

2 StR 450/06

Normen:
StGB § 50 § 224 Abs. 2

BGH, Beschluß vom 08.11.2006 - Aktenzeichen 2 StR 450/06

DRsp Nr. 2006/29078

Prüfung des minder schweren Falls bei Vorliegen eines vertypten Milderungsgrunds

Beim Zusammentreffen allgemeiner Milderungsgründe und vertypter Milderungsgründe (hier: § 21 StGB ) ist zunächst zu prüfen, ob die allgemeinen Milderungsgründe allein zur Annahme eines minder schweren Falls führen, da die vertypten Milderungsgründe dann für eine Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB nicht verbraucht sind.

Normenkette:

StGB § 50 § 224 Abs. 2 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 12. Oktober 2006 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO , soweit es den Schuldspruch betrifft. Hingegen hat der Strafausspruch keinen Bestand.

Das Landgericht hat festgestellt, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei der Tat erheblich eingeschränkt war, und unter Berücksichtigung dieses Umstands und der sonstigen Milderungsgründe einen minder schweren Fall der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB ) bejaht, weil dies angemessener sei, als die Strafe gemäß §§ 21 , 49 Abs. 1 StGB zu mildern. Die Ausführungen lassen nicht erkennen, ob das Landgericht bedacht hat, dass beim Zusammentreffen allgemeiner Milderungsgründe und vertypter Milderungsgründe zunächst zu prüfen ist, ob die allgemeinen Milderungsgründe allein zur Annahme eines minder schweren Falls führen, da die vertypten Milderungsgründe dann für eine Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB nicht verbraucht sind (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall Gesamtwürdigung, unvollständige 11). Die hier vorliegenden allgemeinen Milderungsgründe haben durchaus Gewicht: eher geringe Verletzung des Opfers, das kein Interesse an einer Strafverfolgung des Angeklagten gezeigt und durch sein eigenes Verhalten die Tat provoziert hat, Geständnis des Angeklagten und eine von Reue getragene Entschuldigung beim Opfer. Bei dieser Sachlage vermag der Senat nicht auszuschließen, dass der Tatrichter bei richtigem Vorgehen eine dem Angeklagten günstigere Entscheidung getroffen hätte.

Im Übrigen lässt der Strafausspruch Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere teilt der Senat nicht die vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vertretene Auffassung, das Landgericht habe den Provokationen und Beleidigungen des Angeklagten durch den Geschädigten nicht das vom Gesetz gewollte Gewicht beigemessen. Das Landgericht hat diesen Umstand sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der Strafzumessung im eigentlichen Sinne gesehen.

Vorinstanz: LG Mühlhausen, vom 04.07.2006