Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 27.09.2005

4 StR 361/05

Normen:
StGB § 46 Abs. 2
MRK Art. 6 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 27.09.2005 - Aktenzeichen 4 StR 361/05

DRsp Nr. 2005/18082

Rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung und Reduzierung der Einzel- und Gesamtstrafe

Im Fall einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung sind die Einzel- und die Gesamtstrafe zu ermäßigen.

Normenkette:

StGB § 46 Abs. 2 ; MRK Art. 6 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 73 Fällen, davon in 36 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und in weiteren 37 Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

1. Die Änderung des Schuldspruchs beruht - wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat - auf einem Zählfehler des Landgerichts. Nach den getroffenen Feststellungen ist es im Tatzeitraum Oktober 2000 bis Mai 2001 nicht - wie das Landgericht angenommen hat - zu 37, sondern lediglich zu 15 sexuellen Übergriffen des Angeklagten auf seine Adoptivtochter gekommen. Der Senat hat daher den Schuldspruch entsprechend abgeändert und den Angeklagten bezüglich der weiteren 22 angeklagten Missbrauchstaten freigesprochen.

2. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall der betroffenen 22 Einzelstrafen (jeweils: Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten) und zwingt weiterhin zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Der Senat hebt auch die übrigen Einzelstrafen auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, umfassend über die Rechtsfolgen, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Selbstanzeige des Angeklagten (vgl. UA 6) und seines Schuldanerkenntnisses (vgl. UA 21 oben), zu befinden. Er weist ferner darauf hin, dass bei Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nicht nur die Gesamtstrafe, sondern auch die Einzelstrafen zu ermäßigen sind (vgl. BGH NStZ 2002, 589 ; 2003, 601).

Vorinstanz: LG Saarbrücken, vom 13.12.2004