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Keine Ausschlussfrist für Betriebskostenabrechnung bei Gewerberaum

Der Bundesgerichtshof hat bekräftigt, dass für Vermieter im Bereich der Gewerbemiete nicht die einjährige Ausschlussfrist für die Erstellung einer Nebenkostenabrechnung gilt.

Sachverhalt

Die Kläger hatten am 23.03.1998 unter anderem einen Pachtvertrag über einen Gewerberaum abgeschlossen. Nach einer Klausel im Pachtvertrag waren sie zur Zahlung der darin aufgeführten Nebenkosten nach Rechnungsstellung verpflichtet. Im Folgenden erhielten sie ab dem Zeitraum von 2002 keine Betriebskostenabrechnung mehr. Nachdem sie den Vermieter zur Rückzahlung der Kaution verklagt hatten, rechnete dieser mit einer Forderung auf Zahlung von Nebenkosten für den Zeitraum von 2005-2007 auf. Diese waren erst mit Einreichung der Klageerwiderung im Juli 2008 in Rechnung gestellt worden.

Hierzu entschied das LG Frankfurt am Main, dass der Vermieter mit den nachträglich geltend gemachten Forderungen aufrechnen durfte.

Nachdem die Mieter mit ihrer Berufung beim OLG Frankfurt am Main erfolglos waren, legten sie gegen das Urteil Revision ein. Nach ihrer Auffassung besteht kein Anspruch der Gegenseite auf die Nebenkostenzahlung, weil diese verspätet geltend gemacht worden sei. Gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB sei eine Geltendmachung deshalb ausgeschlossen. Überdies sei die Forderung verwirkt, weil sie ab dem Jahr 2002 keine Nebenkostenabrechnung mehr für den Gewerberaum erhalten haben.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Die Revision der Kläger (Mieter) blieb ohne Erfolg. Ihr Anspruch auf Kaution ist in Höhe der vom Vermieter erklärten Aufrechnung mit der Nebenkostennachforderung erloschen.

Die Parteien haben weder eine Abrechnungsperiode noch eine Abrechnungsfrist vertraglich vereinbart. Eine Frist, innerhalb derer die Abrechnung der Nebenkosten erteilt werden muss, ist für die Geschäftsraummiete nicht gesetzlich geregelt. Lediglich für die Wohnraummiete bestimmt der durch das Mietrechtsreformgesetz (BGBl. I S. 1149) eingefügte § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB, dass der Vermieter dem Mieter die Abrechnung spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach dem Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen hat.

Die Geltendmachung der Forderung aus der Nebenkostenabrechnung für die Jahre 2005 und 2007 ist entgegen der Ansicht der Kläger jedoch nicht durch die Regelung des § 556 Abs. 3 Satz 3 ausgeschlossen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Mietverträge im Bereich der Gewerbemiete. Die Regelungen für Gewerberäume gelten nach § 578 BGB wiederum für den hier vorliegenden Pachtvertrag.

Wie bereits der BGH mit Urteil vom 27.01.2010 entschieden hatte, scheidet eine analoge Anwendung des § 556 Abs. 3 Satz 3 auf gewerbliche Immobilien aus. Dies ergibt sich daraus, dass es bereits an einer planwidrigen Gesetzeslücke fehlt. Das folgt wiederum daraus, dass der Gesetzgeber durch die gezielte Auswahl der für Geschäftsraum geltenden Vorschriften in § 578 BGB deutlich aufgezeigt hat, dass die Ausschlussregelung des § 556 BGB nicht gelten soll.

Der Anspruch ist nach Ansicht des BGH auch nicht verwirkt. Es fehlt jedenfalls an Umständen, die geeignet sind, ein Vertrauen der Kläger darauf zu begründen, der Beklagte werde diese Kosten nicht mehr abrechnen. Das Verstreichenlassen eines längeren Zeitraums bis zur Geltendmachung der Forderung reicht für die Annahme eine Verwirkung nicht aus. Vielmehr muss der Vertragspartner aufgrund der Untätigkeit des Berechtigten davon ausgehen dürfen, dass der Berechtigte den Anspruch auch zukünftig nicht geltend machen wird. Nach den Feststellungen des Gerichts ist dies hier nicht der Fall. Die Tatsache, dass die Nebenkosten hier vom Verbrauch abhängen, lässt hier vielmehr den gegenteiligen Schluss zu.

Folgerungen aus der Entscheidung

Aus der Entscheidung ergibt sich, dass sich Vermieter im Bereich der Gewerbemiete mit der Nebenkostenabrechnung Zeit lassen dürfen. In diesem Fall muss allerdings sorgfältig geprüft werden, ob die Forderung verwirkt ist. Dabei spielt eine große Rolle, was die Parteien im Mietvertrag vereinbart haben. Soweit dort eine bestimmte Abrechnungsfrist niedergelegt worden ist, sollte sich der Vermieter auch daran halten. Anderenfalls kann der Mieter zumindest nach einem gewissen Zeitraum darauf vertrauen, dass der Vermieter von einer Geltendmachung absieht. In der Regel muss ein gewerblicher Mieter jedoch auch noch nach einigen Jahren damit rechnen, dass der Vermieter eine Nebenkostenabrechnung erstellt. Die hinter dieser Entscheidung stehende Intention des Gesetzgebers ist verständlich, da gewerbliche Mieter i.d.R. weniger schutzbedürftig sind als private Mieter.

Praxishinweis

Allein aus der Vereinbarung, dass der Vermieter jährlich über die Betriebskosten abzurechnen hat, ergibt sich nicht, dass er nach Versäumen dieser Frist mit der Nachforderung von Betriebskosten ausgeschlossen wäre. Eine solche Vereinbarung stellt lediglich eine Abrede über den Abrechnungszeitraum dar und keine Ausschlussfrist. Etwas anders gilt, wenn die Parteien ausdrücklich eine Ausschlusswirkung vereinbart haben.

Da der die Abrechnungsfrist und die Folgen ihrer Versäumung regelnde § 556 Abs. 3 BGB auf Gewerbemietverhältnisse keine Anwendung findet, lässt sich auch die diesbezügliche Rechtsprechung zur Korrektur von Betriebskostenabrechnungen bei Wohnraummietverhältnissen nicht übertragen. Es gelten vielmehr die allgemeinen Grundsätze. Hiernach hängt die Zulässigkeit einer nachträglichen Abrechnungskorrektur durch den Vermieter davon ab, ob der sich hieraus ergebende Saldo bereits verbindlich ist oder nicht.

BGH, Beschl. v. 17.11.2010 - XII ZR 124/09