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1. Bei einem Unterhaltspflichtigen, der minderjährigen Kindern zu Unterhalt verpflichtet ist, wird die Leistungsfähigkeit nicht nur durch die tatsächlich vorhandenen Mittel, sondern auch durch solche Mittel bestimmt, die bei gutem Willen durch zumutbare Erwerbstätigkeit unter Umständen im Wege eines Orts- oder Berufswechsels erzielt werden können. Wer zumutbare Anstrengungen unterlässt, muss sich so behandeln lassen, als ob er seiner unterhaltsrechtlichen Obliegenheit nachgekommen wäre. 2. Der Unterhaltspflichtige hat im Rahmen der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast für eine erfolglose Arbeitsuche im einzelnen in nachprüfbarer Weise darzulegen und im Falle des Bestreitens unter Beweis zu stellen, welche konkreten Bemühungen er unternommen hat, eine Arbeitsstelle zu finden. Vier Bewerbungen in einem Zeitraum von mehr als acht Monaten reichen allein von der Zahl her bei weitem nicht aus, um der gesteigerten Erwerbsobliegenheit im Sinne des § 1603 Abs. 2 BGB zu genügen. Notwendig sind vielmehr durchschnittlich zwanzig ernsthafte Erwerbsbemühungen im Monat. 3. Nimmt der Unterhaltspflichtige an einer vom Arbeitsamt angebotenen zweijährigen Umschulung teil (hier: zum Systemelektroniker), so ist dies unterhaltsrechtlich nicht zu beanstanden, da davon auszugehen ist, dass die Maßnahme arbeitsmarktpolitisch und individuell sinnvoll ist und bessere Beschäftigungsmöglichkeiten als die bisherige Ausbildung bieten wird. 4. Während einer Umschulungsmaßnahme richtet sich die Leistungsfähigkeit allein nach dem Unterhaltsgeld, da der Unterhaltspflichtige keine Nebentätigkeit ausüben muss, um den Erfolg der Umschulung nicht zu gefährden. 5. Den Unterhaltspflichtigen trifft jedoch schon vor Abschluss der Umschulung die Verpflichtung, sich vorbereitend mit gebotener Intensität um einen neuen Arbeitsplatz zu bemühen.

OLG Thüringen (WF 87/98) | Datum: 15.12.1998

FamRZ 1999, 1523 [...]

1. In Ehesachen ist der Wert des Streitgegenstandes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien durch das Gericht nach Ermessen zu bestimmen, § 12 Abs. 2 Satz 1 GKG. 2. Soweit nach § 12 Abs. 2 Satz 2 GKG von dem in drei Monaten erzielten Nettoeinkommen der Eheleute auszugehen ist, handelt es sich um einen Ausgangswert, der im Hinblick auf die übrigen Umstände des Einzelfalls für die abschließende Wertfestsetzung in dem gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen von 4.000 DM bis zwei Millionen DM erhöht oder herabgesetzt werden kann. 3. Das Vorhandensein von Unterhaltspflichten gegenüber Kindern wirkt sich streitwertmindernd aus, weil durch die Unterhaltsbelastung die wirtschaftliche Lage der Eheleute auf längere Zeit erheblich beeinflusst wird (hier: Abzug vom Einkommen in Höhe von 300 DM je Kind). 4. Bei der Beurteilung der Frage, ob das Scheidungsverfahren seinem Umfang und seiner Bedeutung nach unterdurchschnittlich ist, was einen Abschlag auf den Streitwert nach den Einkommensverhältnissen rechtfertigen würde, kann nur darauf abgestellt werden, ob das Verfahren vom Normaltyp einer Scheidungssache deutlich abweicht. Es kommt dabei nicht darauf an, ob es sich um eine sogenannte unstreitige Scheidung, um eine verdeckte Konventionalscheidung oder um eine streitige Scheidung handelt. 5. In der Praxis stellt die Scheidung den Normalfall dar, die sich in einem Termin erledigen lässt. Für sie ist als Regelwert das dreimonatige Nettoeinkommen zugrundezulegen. 6. Der Umstand, dass beiden Parteien Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden ist, rechtfertigt keine von den Grundsätzen des § 12 Abs. 2 Satz 2 GKG abweichende Wertfestsetzung.

OLG Thüringen (WF 225/98) | Datum: 03.12.1998

FamRZ 1999, 1678 [...]

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