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BVerwG - Entscheidung vom 21.10.2022

8 B 6.22

BVerwG, Beschluss vom 21.10.2022 - Aktenzeichen 8 B 6.22

DRsp Nr. 2023/224

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. September 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

Im September 1990 meldeten die Klägerin und ihr Bruder vermögensrechtliche Ansprüche hinsichtlich des Grundstücks B.straße 21 - 23/Bo.straße 10 - 12 in B. an. Das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen lehnte den Antrag mit Bescheid vom 3. Januar 1994 ab. Den von der Klägerin und ihrem Bruder erhobenen Widerspruch wies das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen B. zurück. Die von ihnen erhobene Klage nahmen die Klägerin und ihr Bruder 1999 zurück. Im Juni 2016 beantragte die Klägerin, den Bescheid vom 3. Januar 1994 zurückzunehmen. Mit Bescheid vom 6. Dezember 2016 lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen dies ab. Die von der Klägerin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. September 2021 abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen.

Die hiergegen gerichtete, auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin hat den gerügten Aufklärungsmangel gemäß § 86 Abs. 1 VwGO nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Art und Weise bezeichnet. Dazu wäre die Darlegung erforderlich gewesen, welche Aufklärungsmaßnahmen sich dem Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung auch ohne förmlichen Beweisantrag hätten aufdrängen müssen, welches Ergebnis sie gehabt hätten und inwieweit dies zu einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung hätte führen können (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f.). Daran fehlt es hier. Die Klägerin benennt schon keine Aufklärungsmaßnahme, die das Verwaltungsgericht ihrer Ansicht nach hätte ergreifen müssen. Ihr Vorbringen beschränkt sich darauf, dem Verwaltungsgericht im Stil einer Berufungsbegründung vorzuwerfen, es habe sich mit den für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsvorschriften nicht befasst und im Übrigen das Recht fehlerhaft angewendet.

2. Die Beschwerde bezeichnet auch keinen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO . Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Freiheit der richterlichen Überzeugungsbildung ist erst dann überschritten, wenn das Gericht seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen oder sonst von objektiver Willkür geprägt sind. Diese Verstöße gegen den Überzeugungsgrundsatz können als Verfahrensmängel gerügt werden (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 19. Dezember 2018 - 8 B 12.18 - juris Rn. 23 und vom 30. Januar 2020 - 8 B 35.19 - ZOV 2020, 70 Rn. 8). Einen solchen Mangel legt die Klägerin nicht dar.

3. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt. Art. 103 Abs. 1 GG , § 108 Abs. 2 VwGO verpflichten das Gericht, das nach seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung entscheidungserhebliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Geht das Gericht auf einen nach seiner eigenen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung zentralen Punkt nicht ein, spricht dies für ein Übergehen des betreffenden Vorbringens (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2021 - 8 B 63.20 - juris Rn. 15). Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. Die Klägerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe jede Auseinandersetzung mit der Frage unterlassen, ob nicht die Überinanspruchnahme des verfahrensgegenständlichen Grundstücks unter den Voraussetzungen und Möglichkeiten der damaligen DDR-Behörden bereits seinerzeit unzulässig gewesen wäre. Im Gegensatz dazu ist das Verwaltungsgericht wegen der Nutzung der Restfläche als Lagerplatz und zur Belieferung der Kaufhalle nicht von einer Überinanspruchnahme des verfahrensgegenständlichen Grundstücks ausgegangen. Es musste die Frage daher ebenso wenig erörtern wie die weitere Frage, ob die Enteignung bejahendenfalls den Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG erfüllt hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 , § 52 Abs. 1 und 4 Nr. 3 GKG .

Vorinstanz: VG Berlin, vom 23.09.2021